Lykos (German Edition)
Straub und Damm erwartete sie bereits. Sein Gesichtsausdruck war alles andere als begeistert und er bat die beiden Kriminalbeamten sofort in sein Büro, dessen Tür er hinter ihnen verschloss. Sein dünnes Haar wischte er ständig nach hinten und dicke Schweißperlen glänzten über seiner Oberlippe. Straub kannte diesen Zustand von Reinhard Breuer nur zu genau. Er war offensichtlich sehr nervös und stand unter Druck.
Schwerfällig ließ sich der Hauptkommissar in seinen Sessel fallen und blickte seine beiden Untergebenen mit einer Mischung aus Besorgnis und Kritik an. „Mann, was ist denn da bloß losgewesen?“, begann er und schüttelte seinen Kopf. „Ihr glaubt nicht, was ich heute schon für Einläufe erhalten habe. Das Innenministerium – des Bundes, nicht des Landes – hat hier angerufen und uns zur absoluten Verschwiegenheit über eure Reise verdonnert. Weshalb meine Beamten Urlaubsfahrten unternehmen würden, anstatt hier zu ermitteln, durfte ich mir vorwerfen lassen. Und das diese Reporterin auch noch dabei war, scheint der größte Aufhänger für die Herrschaften im Ministerium zu sein. Wenn diese Buchwald auch nur ein Wort darüber schreibt, sind wir hier alle im Arsch, Leute. Also, was ist da losgewesen?“
„Das würden wir ehrlich gesagt auch gern wissen“, antwortete Straub und bemerkte, wie sich die Augenbrauen seines Vorgesetzten noch etwas mehr zusammenzogen. Das war für ihn das Zeichen, es nicht zu weit zu treiben und so berichtete er von den Ereignissen auf dem mallorcinischen Hof. Er beschrieb das wilde Durcheinander im Haus und berichtete auch von seinen Beobachtungen, die er während der Schüsse auf den Täter gemacht hatte.
„Komm mir jetzt nicht mit irgendwelchen Vermutungen, Peter“, warf Breuer wütend ein und winkte ab. „Ihr ward offenbar im entscheidenden Moment nicht vor Ort und konntet deshalb nicht sehen, was der Täter angestellt hat. So wie mir die ganze Sache beschrieben wurde, handelt es sich um einen totalen Irren, der ...“
„Der zufälligerweise einen Bruder hier in Salzgitter hat, oder was?“, unterbrach Straub seinen Vorgesetzten nun ebenfalls wütend. „Komm, Reiner, hör auf. Ich glaube nicht an die Story von dem Verrückten. Wir beide hier waren dabei und haben gesehen, was der in einem Haus voller Polizisten angerichtet hat. Und ich habe gesehen, wie gestandene Männer voller Panik ihre gesamten Magazine leergeballert haben. Ich weiß nicht, auf was die da geschossen haben, aber ein Mensch war das nicht – nicht in dem Augenblick!“
Breuer starrte den Oberkommissar mit offenem Mund an und war für einen Moment sprachlos. Doch dann fing er sich wieder und erhob sich aus seinem Sessel. „Was willst du denn damit sagen? Dass es ein Monster war, oder was? Dass sich ein Mensch in einen ... Werwolf verwandelt hat und alte Frauen auf einsamen Höfen angreift wie bei Rotkäppchen? Hat dich dieser ..., dieser sogenannte Experte, dieser Leuschenberger jetzt schon mit seinem Wolfsgefasel angesteckt, oder wie sehe ich das?“
„Sein Kollege, den du offenbar intellektuell bevorzugst, hat einen Nervenzusammenbruch erlitten, weil er den Täter gesehen hat“, warf Straub nun wieder vollkommen ruhig ein und zeichnete dabei mit dem Zeigefinger eine Acht auf den Tisch, als wäre er überhaupt nicht ganz bei der Sache.
„Was denkst du bei der ganzen Sache, Angela?“, fragte Breuer die junge Kollegin, womit er der Erwiderung von Straub ein wenig auswich.
„Ich vertraue auf den Instinkt von Peter. Ich weiß auch nicht, was oder wer das auf der Insel gewesen ist. Aber er hat genauso getötet, wie unser Täter hier und er hatte offensichtlich übermenschliche Kräfte. Wir können nicht mehr nur mit normalen Mitteln an diesen Fall herangehen“, antwortete Angela Damm.
„Ach, ihr beide habt doch auch immer noch die gleiche Meinung. Was frage ich dich überhaupt?“, brummte Breuer unwirsch und machte eine wegwerfende Handbewegung. Sein Ton war jedoch ruhiger geworden und er setzte sich wieder. „Was wollt ihr jetzt tun? Bücher über okkulte Verwandlungen von Menschen lesen, Silberkugeln kaufen?“, fragte er halb scherzend, halb ernst.
„Eine Verbindung suchen“, antwortete Straub knapp.
„Zwischen Mallorca und hier?“, stellte Breuer fest.
„Genau. Vergessen wir die Obdachlosen mal für eine Zeit. Ich will die Namen aller Leute aus Salzgitter und näherer Umgebung, die in diesem Jahr auf der Insel waren. Damit fangen wir an. Wenn es sein muss, nehmen
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