Lynettes Erwachen
nicht … Das ist nicht meine Welt.“
„Woher willst du das wissen?“
„Justine, nun aber wirklich, ich und gefügig. Kannst du dir das vorstellen?“
„Ja, kann ich. Du musst begreifen, dass der Sex nichts mit dem Alltag zu tun hat. Es würde dir guttun, die Verantwortung abzugeben und dich fallen zu lassen. Ich glaube, das wäre sehr entspannend für dich.“
„Was du da redest. Ich muss jetzt Schluss machen. Mein Gesicht verlangt nach Farbe. Ich ruf dich morgen an.“
„Ich bitte darum. Viel Spaß, meine Süße. Und Lynette …“
„Ja?“
„Denk nicht so viel. Genieß den Abend.“
„Ich werde es versuchen. Bis morgen.“
Sie hatte kaum aufgelegt, da klingelte es an der Tür. Über die Gegensprechanlage rief sie Elias zu: „Ich komme gleich runter. Noch zehn Minuten.“
Da klopfte es an der Tür. Mit einer einzelnen schwarzen Calla stand er vor ihr und grinste: „Hi, meine Schöne.“
„Hi“, stammelte Lynette. „Ich bin noch nicht fertig. Mist! Ich bin völlig konfus. Fünf Minuten. Bitte warte.“
„Darf ich so lange reinkommen?“
„Ähhh? Ja, klar, komm rein. Ich bin gleich so weit.“
Kopflos verschwand Lynette im Bad. Krampfhaft schluckend sah Elias ihr hinterher. Ihr Hintern sah in dieser Jeans verflucht sexy aus. Er würde seine ganze Selbstbeherrschung brauchen, um ihr heute Nacht nicht auf die Pelle zu rücken. Und diese Korsage und der Streifen zarte Haut … Mannomann!
Um sich abzulenken, sah er sich im Wohnzimmer um. Überraschenderweise war die Wohnung sehr gemütlich und wohnlich eingerichtet. Er hatte strenge Formen erwartet und weiße Farbe, dem war nicht so. Trotz der modernen Penthousewohnung hatte Lynette Fachwerk imitieren lassen. Die Wände waren zum Teil aus rotem Backstein und mit cremefarbener Tapete bespannt, die Übergänge nicht gerade, sondern so, wie es der Putz hergab. Größere Flächen waren den Ziegeln überlassen. Am Fenster stand ein großer Ledersessel, der schon bessere Tage gesehen hatte. Das Leder war abgewetzt, zerkratzt und teilweise dünn. Ein Liebhaberstück, das er hier nicht vermutet hätte. Um den Sessel herum lagen unzählige Bücher, Gesetzestexte, Urteile, zwei Krimis und ein Liebesroman. Elias wollte gerade darin blättern, als sie aus dem Bad kam.
„So, ich bin so weit.“ Ihre Wangen begannen bezaubernd zu glühen, als sie sah, was er in Händen hielt. „Das habe ich von einer Freundin bekommen. Hab es noch gar nicht gelesen.“
Elias sah das Buch genauer an. Die Seiten waren abgegriffen, der Buchrücken zerknickt. Dieses Buch war mehr als einmal gelesen worden. Er warf einen Blick auf den Titel und versuchte, sich die Überraschung nicht anmerken zu lassen. Es war ein erotischer Liebesroman. Hatte sie dieses Buch schon besessen, bevor sie ihm begegnet war?
„Du siehst umwerfend aus. Es wird mich viel Kraft kosten, meine Finger stillzuhalten.“
Am liebsten hätte er sie auf der Stelle auf den Boden geworfen und genommen. Die Gier musste deutlich in seinen Augen stehen. Elias gab sich nicht die Mühe, diese zu verbergen. Sollte sie doch sehen, wie begehrenswert sie war.
Für einen Moment begegnete sie seinem Blick. Wenig später griff sie nach einem dunkelblauen Blazer und ging zur Tür.
„Wir sollten jetzt besser gehen.“
„Ungern, doch dein Wunsch ist mir Befehl.“
„Warst du je in einem Pub?“
„Wenn ich ehrlich bin, nein. Ich trinke nicht häufig Alkohol. Was soll ich also in einem Pub? Außerdem geht es mir da zu derb zu. Ich mag Betrunkene nicht.“
„In welche Spelunken hast du denn reingeschaut? Die Zeiten sind längst vorbei, in denen sich ausschließlich Betrunkene und Raufbolde in Pubs rumgetrieben haben.“
Elias nannte dem Taxifahrer eine Adresse und lehnte sich zurück. Ihr entging nicht, dass er näher rückte. Lynettes Herz begann wie wild zu schlagen.
„Was hast du noch nicht getan?“
„Ich weiß nicht, was du meinst. Wird das wieder ein Verhör?“
Ihre Stimme klang lange nicht so bissig, wie es die Frage hätte sein sollen. Sie war viel zu beunruhigt, um sich auf den Tonfall konzentrieren zu können.
„Ich meine ganz normale Sachen – Bowling, Tennisspielen, ins Theater gehen, eine Ausstellung besuchen, Wandern, Segeln. Hmmm, was gibt es noch?“ Elias klopfte überlegend mit dem Zeigefinger an sein Kinn. Lynette musste schmunzeln.
„Ja, ich war in Ausstellungen und im Theater, vorzugsweise im Ballett. Gesegelt bin ich als Kind mit meinem Vater. Ansonsten habe ich halt
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