Lynettes Erwachen
Rücken.
„Soll ich dir beweisen, wie schnell du kommen kannst?“
„Mm!“, knurrte sie ungehalten und hätte beinahe den Kaffee durch die Küche gespuckt. „Sei mir nicht böse, aber ich hab jetzt den Kopf nicht frei. Um neun Uhr wollte ich bei Ben sein.“
„Schade“, murrte Elias.
„Da ist noch was“, sagte Lynette und trank schnell einen Schluck Kaffee. „In vier Wochen hat Frank eine Vernissage. Hast du Lust und Zeit, mich zu begleiten?“
„Unter einer Bedingung.“
„Machst du jemals etwas ohne Gegenleistung?“ Ihrer Stimme fehlte die Schärfe, da sie lachen musste. Im Grunde gefiel ihr dieses Spiel.
„Du ziehst ein umwerfendes Kleid an.“
„Darüber sprechen wir noch.“
Flüchtig küsste sie ihn auf die Wange und wollte zur Tür. Elias hielt sie am Arm fest.
„Zwei Dinge: Mit so einem Abschied lasse ich dich nicht gehen.“
Bestimmend und innig küsste er sie. Als er sich von ihr löste, schwankte sie ihm entgegen und war atemlos. Triumphierend lächelte er.
„Und zweitens: Ich muss die nächsten zwei Tage in den Club. Ryan hat frei. Kommst du mich besuchen?“
„Ich weiß nicht. Der Club ist mir nicht geheuer.“
„Überlege es dir. Du weißt, wo du mich findest.“
Der Gedanke, ihn zwei Tage nicht zu sehen, ließ sie tatsächlich darüber nachdenken.
„Sag mal, wie siehst du denn aus?“ Skeptisch hob Ben eine Augenbraue. Einen Augenblick später fiel ihm der Unterkiefer runter. „Du hast nicht zu Hause geschlafen? Du warst bei deinem Elias?“
„Ja, war ich, und jetzt krieg dich wieder ein. Ist das so eine Sensation?“
„Für dich schon, Süße. Außerdem bist du zu spät.“
„Ja, ja. Ich bin heute der Depp vom Dienst. Ist ja gut.“
„Warum bist du denn so gereizt?“
Das wusste sie selbst nicht. Je weiter sie sich von Elias’ Apartment entfernte, desto schlechter war ihre Laune geworden. Kurzerhand schaltete sie um und begab sich auf sicheres Terrain.
„Hast du die aktuellen Fälle rausgesucht? Ich würde mir gern einen Überblick verschaffen.“
Ben lehnte sich zurück und musterte sie von oben bis unten. „Wann hattest du das letzte Mal Urlaub?“
„Habt ihr euch alle gegen mich verschworen? Ich brauche keinen Urlaub.“
„Du siehst müde aus.“
„Daran ist E…“ Mit feuerrotem Kopf hielt sie inne.
Ben prustete. „Tut mir leid, aber dein Gesicht ist zu köstlich. Er hält dich also die ganze Nacht auf Trab?“
„Oh Ben, bitte. Ich werde dir kein Sterbenswörtchen erzählen, also versuch es gar nicht erst.“
„Spielverderberin!“
„Als hätte ich je über so was gesprochen.“ Sofort hob sie abwehrend die Hand. „Sag es ja nicht. Ich hau dir sonst eine runter.“ Ihre Augen funkelten in einer Mischung aus Wut und Belustigung.
Ben drehte sich mit dem Stuhl um und versuchte, das Lachen zu verbergen.
„Ich habe vier Fälle für dich rausgesucht. Beginnen alle im nächsten Monat. Du kannst dir also Zeit lassen. Hier ist noch ein Möbelkatalog. Such dir was Schönes aus.“
„Was ist denn mit dem Schreibtisch nicht in Ordnung?“ Lynette deutete auf den zweiten Tisch im Büro.
„Du glaubst nicht im Ernst, dass ich Tag für Tag so dicht mit dir zusammenhocken will? Falls du das vergessen hast – ich kenne dich. Den ganzen Tag brabbelst du Gesetzestexte vor dich hin und spielst die Plädoyers durch.“ Ben stand mittlerweile an einer Tür, die er schwungvoll öffnete. „Bitte sehr, dein Büro.“
Der Raum war hell und groß, jedoch leer.
„Eigentlich müsste ich dir wegen der Standpauke böse sein“, sagte Lynette gespielt ernst. „Das Büro ist schön.“
„Hat all die Jahre auf dich gewartet.“
„Kindskopf!“
„Nein, im Ernst. Bis vor zwei Tagen war hier ein Lagerraum.“
„Und wie lange werden die Möbel brauchen?“
„Ich werde dafür sorgen, dass sie erst in drei Wochen da sind. Du machst Urlaub! Wer weiß, wann das wieder möglich ist.“
Lynette hielt die Akten fest an sich gepresst. Die Aussicht, derartig viel Freizeit zu haben, ängstigte sie. Zu viel Zeit, um nachzudenken, zu grübeln und sich Gedanken um die Zukunft zu machen.
„Ihr seid alle blöd! Die Akten nehme ich mit.“
„Die hast du sowieso in zwei Tagen durchgearbeitet. Wer ist eigentlich alle?“
„Justine und Elias. Urlaub wird überbewertet.“
„Nur von Menschen, die nichts mit sich anzufangen wissen. Fahr ans Meer oder nach Paris, nimm Elias mit.“
„Er hat ein neues Bauprojekt. Elias könnte jetzt nicht weg.“
Sie
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