Lynettes Erwachen
dich erst auf diesen Belliniwahnsinn gebracht. Ich kann dir sagen, warum es dich erwischt hat und nicht mich.“
„Warum?“ Das interessierte Lynette jetzt wirklich.
„Weil ich nach fünf Ehejahren nicht halb so viel Sex ausstrahle wie du in dieser sündigen Jeans.“
„Wenn mir der Kopf nicht auseinanderplatzen würde, könnte ich über diese Äußerung lachen. Diese Jeans ziehe ich auf keinen Fall noch mal an, und im Übrigen spinnst du. Keine meiner Freundinnen ist so sexy wie du.“
„Deine anderen Freundinnen sind Männer.“
Lynette wurde schwindlig, als sie sich vor Lachen krümmte.
„Was hast du heute noch vor?“, fragte Justine, als sie wieder am Esstisch saßen und sich an den Kaffeebechern festhielten.
„Vielleicht gehe ich zum Sport. Seit einem halben Jahr war ich nicht mehr im Center.“
„Und, gehst du heute Abend in den Club?“
„Ich weiß es nicht. Ist das normal, dass man jemand so sehr vermisst, dass es wehtut?“
„Erinnerst du dich nicht mehr daran?“
„Da war ich vierzehn, und er war mein Vater. Das jetzt fühlt sich viel schlimmer an.“
„Geh zu ihm. Er hat gesagt, du sollst kommen.“
„Ja, aber er muss arbeiten. Soll ich wie eine Klette an ihm hängen? Das ist kindisch. Ich werde mich mit Taschentuch-DVDs eindecken und zu Hause bleiben.“
„Das musst du selbst wissen. Ich würde sagen, es spricht nichts dagegen, zu ihm zu gehen und ihm zu sagen, dass du ihn vermisst hast.“
Hilflos sah Lynette die Freundin an. „Ich beneide dich, dass du das alles hinter dir hast.“
„Da irrst du dich. Ich freu mich wahnsinnig auf Mittwoch, wenn William zurückkommt.“
„Seid ihr immer noch so glücklich wie am Anfang?“
„Meistens! Es gibt in jeder Beziehung mal Probleme, sonst wäre es kaum auszuhalten.“
Lynette schwieg eine Weile und stocherte in dem Müsli vor ihrer Nase herum.
„Vorgestern haben wir uns die Villa angesehen. Weißt du, was mir Angst gemacht hat?“
„Ich kann es mir denken.“
„Dieses Haus ist unglaublich, als hätte es eine eigene Seele. Es fühlte sich an, als hieße es mich willkommen. Ich habe mich so wohl gefühlt, als würde ich eines Tages dort wohnen.“
„Wer weiß?“
„Werde ich das überleben, Justine?“
„Sei nicht albern. Genieße die Zeit mit ihm. Ich glaube, ihm liegt eine Menge an dir. Du machst dir vollkommen unnötig Sorgen.“
„Du meinst, er mag mich ein bisschen?“, fragte Lynette hoffnungsvoll.
„Auf jeden Fall! Denk nicht so viel. Vertraue deinen Instinkten. Bei deinen Klienten machst du nichts anderes.“
„Da investiere ich nur den Verstand, nicht mein Herz. Das ist ungefährlich.“
Justine seufzte gequält, als sie aufstand. „Ich geh nie wieder mit dir tanzen. Mir tut alles weh. Ruf mich an. Solltest du Geld ausgeben wollen, stehe ich jederzeit zur Verfügung.“
Sie umarmten einander innig.
„Ich freue mich, dass es dir so gut geht, Süße. Grüble nicht so viel.“
„Ich werde es versuchen. Bis dann.“
Seit einer Stunde hockte Lynette in dem kleinen Mini vor dem Club und rang mit sich. Sie vermisste Elias, doch wollte ihm nicht das Gefühl geben, ihm hinterherzulaufen.
In der vergangenen Stunde waren vier Männer und drei Frauen aus dem Club gekommen. Alle hatten normal ausgesehen.
Normal! Was hatte sie denn erwartet? Dass diese Menschen in Lack und Leder und Knebel im Mund durch die Gegend liefen?
Der Blick auf die Uhr im Armaturenbrett sagte ihr, dass es fast vier Uhr war. Bald würde die Dämmerung hereinbrechen. Morgendliche Kälte kroch in den Wagen. Seufzend kuschelte sie sich in den Mantel. Was tat sie hier eigentlich? Die alte Lynette würde die Nase rümpfen und sie schwach schimpfen, die Neue sehnte sich nach einer Umarmung.
Endlich gab sie sich einen Ruck, stieg aus und ging in den Club. Die Tür stand offen, es war kein Türsteher zu sehen. Sollte sie Elias im Büro suchen oder zuerst in die Bar gehen? Waren überhaupt noch Gäste da?
Ein glockenhelles Lachen erregte ihre Aufmerksamkeit. Es kam aus der Bar. Entweder du gehst jetzt da rein oder du fährst wieder nach Hause. Entscheide dich endlich! So verzagt kannte sich Lynette nicht. Von sich selbst genervt öffnete sie die beiden Türen und trat in die Bar. Elias saß an der Theke, blätterte durch Papiere und hielt eine Wasserflasche fest. Er sah müde aus.
„Sag mal, haben wir keinen Wodka mehr?“, fragte eine Frauenstimme. Lynette konnte jedoch niemanden sehen.
„Im Lager sind noch drei Kisten“,
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