Lyon - A.M.O.R. 01
tat ihm weh. Wahrschei n lich, sie wusste nicht, was in ihm vorging. Es war egal. Bedeutungslos für den Moment, denn sie fühlte sich besser, sobald er sie hielt. Und er hielt sie.
Emanuel legte sie auf seinem Doppelbett nieder, warf sich auf die andere Seite, sodass sie mitwippte, und stützte den Kopf in die Hand. Adina atmete innerlich auf. Hauptsache, er blieb, ließ sie nicht allein. Sie zog mit einem Fi n ger die Linien einer Tätowierung bis zu seinem Hals nach, meinte, den Puls zu hören, verspürte das rhythmische Pochen seines Blutes unter den Fingerku p pen, den Druck über ihrem menschlichen Herzen und den in ihrem Oberki e fer. Ihre Wandlung und die damit einhergehende empfindsame Wahrnehmung verursachten ihr furchtbare Angst, schnürten ihr die Kehle zu, die Gedanken ab. Ihr Leben, vorbei, so beschissen endgültig. Sie durfte Emanuel nie, nie wiedersehen. Sie würde ihn beißen oder töten oder … Gedanken wirbelten in ihrem Kopf durcheinander wie dicke Flocken in einem Schneesturm, Bilder und Vorstellungen schlugen wie ein Meteoritenhagel ein und hinterließen Verwüstung wie nach einem verheerenden Erdbeben.
Adina strich sich mit zittrigen Fingern ein paar Haare aus der Stirn, spürte die feinen Tropfen auf ihrer Haut. Ihr Blick hing an ihm, an seinem Hals. Verwandelte sie sich jetzt? Sie schluckte, wurde sich bewusst, dass sie nach mehr gierte als nur nach seiner Nähe. Konnte sie Emanuel schaden? Es war falsch gewesen, wegzulaufen. Ihr Verhalten in den vergangenen Tagen ließ sich unmöglich entschuldigen. Angst – Begierde – Nähe – Abstand. Nicht einmal sie verstand sich. Sie verhielt sich wie ein gleichgültiger, herzloser, stoischer, vampirischer Eisblock, der auf den Gefühlen anderer herumtrampelte. Sie sol l te aufhören, Lyon zu kritisieren, wenn sie sich genauso benahm. Sie sollte langsam den Kopf aus dem Sand ziehen und Verantwortung überne h men.
Adina löste den Blick von seinem Hals. Der Druck flaute spürbar ab, verflog wie die Vision des zweiten Herzens in der Praxis.
Emanuel wischte ihr zärtlich mit dem Daumen die Schläfe entlang. „Meine Kleine, was ist mit dir? Hast du Fieber? So kenne ich dich nicht. Du warst nie verzagt, warst immer fröhlich.“
Sie schloss die Augen, sagte nichts, auch wenn sie ihm in Gedanken alles haarklein erklärte, sich entschuldigte und sich ihre Furcht von der Seele lud. Das Bett wackelte, er stand auf.
„Nein, nein. Nicht, nicht gehen!“ Sie riss ihn am Handgelenk herunter.
Er fiel fast auf sie, stützte sich gerade noch mit den Händen ab. Seine Brust berührte ihre. Das mystische Fieber stimulierte ihre Reflexe, erhöhte ihre Kraft, manipulierte ihre Vernunft. Sie umschlang ihn mit den Beinen, presste ihren Mund auf seine Halsschlagader, keuchte, als ihre Zunge sie niederdrückte und das Pulsieren ihre Gelüste anheizte.
Er stöhnte rau auf, missverstand, was sie tat.
Adina wandelte zwischen Gut und Böse, als wüsste ihr Geist nicht, ob der Mensch oder der Vampir ihr Verhalten steuerte. Sie sehnte sich nach einem klaren Verstand, versuchte verzweifelt, die Kontrolle wieder an sich zu reißen. Suchte nach einem Ausweg und sei es nur eine Ekstase, die sie ihre Zukunft im Rausch vergessen ließ und damit ungeschehen machte.
Ihr Unterbewusstsein erfüllte ihr den Wunsch, suggerierte ihr das Schwinden ihrer Zukunft als Vampir. Der Verlust von Lyon traf sie wie ein Baseballschl ä ger auf den Kopf, schwemmte ihre Zweifel mit einer monströsen Druckwelle davon, versenkte Skepsis und Unsicherheit in einem Meer aus Liebe und Z u versicht.
Als finge Lyons Herz erst jetzt an zu schlagen, hämmerte es ihm laut und deu t lich bis in die Ohren. Gott sei Dank, Adina lebte. Er sauste durch weitere Fl u re des Souterrains, durchdrang die Außenmauer und nahm in einem von e i nem hohen Bretterzaun umgebenen Hinterhof mit Garagen seine wahre G e stalt an.
Ja, sie war hier. Sein Körper reagierte, er wollte sie, brauchte sie, doch sein Verstand mahnte zur Vorsicht. Jemand hatte Adinas amorphen Schatten au s geschaltet. Äußerste Wachsamkeit war geboten. Außerdem musste er sehr feinfühlig auf sie zugehen. Schließlich hatte sie unmissverständlich klar g e macht, er sollte sich aus ihrem Leben heraushalten. Er durfte nicht riskieren, sie gleich wieder zu verlieren, weil er sich benahm wie die Axt im Walde. Sie musste ihn begleiten, bevor es zu spät war.
Ein Kribbeln trieb seine Sehnsucht in ungeahnte Höhen, als er Adinas r a
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