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Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse

Titel: Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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»Arme Suldrun. Wie konnten sie dir das antun?«
    »Das Leben war nicht gut zu mir. Nun ist es vorüber.«
    »Suldrun, komm zurück zu mir!«
    Die bleiche Gestalt bewegte sich und schien zu lächeln. »Nein. Ich bin kalt und feucht. Fürchtest du dich nicht?«
    »Ich werde mich nie wieder fürchten. Nimm meine Hände, ich werde dich wärmen.«
    Wieder floß Bewegung durch die Gestalt. »Ich bin Suldrun, und bin doch nicht Suldrun. Ich bin erfüllt von einer Kälte, die alle deine Wärme niemals schmelzen könnte ... Ich bin müde, ich muß gehen.«
    »Suldrun! Ich flehe dich an, bleib bei mir!«
    »Lieber Aillas, du würdest meine Anwesenheit kaum als angenehm empfinden.«
    »Wer verriet uns? Der Priester?«
    »Ja, er war es. Aillas, finde Dhrun, unseren kleinen Jungen! Gib ihm Liebe und Geborgenheit. Sag, daß du es tun wirst!«
    »Ich werde es tun, nach allen Kräften.«
    »Geliebter Aillas, ich muß nun fort.«
    Aillas war wieder allein. Das Herz war ihm so voll, daß er nicht einmal mehr weinen konnte. Der Garten lag einsam und verlassen. Der Mond stieg in den Himmel. Schließlich riß sich Aillas aus seiner Erstarrung. Er grub unter den Wurzeln des Lindenbaums und zog Persilian, den Spiegel, und den Beutel mit den Münzen aus Suldruns Gemach hervor.
    Er verbrachte den Rest der Nacht im Gras unter den Olivenbäumen. Im Morgengrauen kletterte er über die Felsen und verbarg sich in den Büschen neben der Straße.
    Eine Gruppe von Bettlern und Pilgern näherte sich von Kercelot, das ein Stück weiter östlich an der Küste gelegen war. Aillas schloß sich ihnen an und gelangte alsbald in die Stadt Lyonesse. Eine Entdeckung fürchtete er nicht im geringsten. Wer würde ahnen, daß dieser abgehärmte, graugesichtige arme Teufel in Wirklichkeit Prinz Aillas von Troicinet war?
    Wo der Sfer Arct auf den Chale stieß, stand eine Reihe von Gasthöfen. Im Gasthaus zu den Vier Malven mietete sich Aillas ein, und da sein Magen sich inzwischen mit unüberhörbarem Knurren meldete, nahm er eine Mahlzeit aus Kohlsuppe, Brot und Wein ein. Er aß langsam und vorsichtig, um sich mit der ungewohnten Kost nicht den geschrumpften Magen zu verderben. Das Essen und der Wein machten ihn müde. Er ging in seine Schlafkammer, schüttelte sich sein Strohbett auf und schlief bis in den späten Nachmittag.
    Als er erwachte und sein Blick auf die ungewohnten Wände fiel, fuhr er erschrocken zusammen. Er ließ sich, am ganzen Leibe zitternd, zurücksinken, und es dauerte eine Weile, bis sein rasender Puls sich wieder beruhigt hatte ... Eine Weile saß er aufrecht auf seinem Strohbett, noch immer schweißgebadet. Wie hatte er in jenem tiefen dunklen Verlies unter der Erde seinen Verstand beisammenhalten können? Jetzt brandete die Wirklichkeit mit all den wichtigen, drängenden Angelegenheiten, die er zu erledigen hatte, wieder auf ihn ein. Er brauchte Zeit, um nachzudenken, um zu planen, um sein Gleichgewicht wiederherzustellen.
    Er stand auf und ging hinunter auf die Terrasse vor dem Gasthof. Ein Laubengang aus Reben und Kletterrosen schirmte Bänke und Tische gegen die heiße Nachmittagssonne ab.
    Aillas setzte sich auf eine Bank neben der Straße, und ein Kellner brachte ihm Bier und gebratene Haferküchlein. Er fühlte sich hin und her gerissen zwischen zwei drängenden Gefühlen, die ihn in einander entgegengesetzte Richtungen zogen: ein fast unerträgliches Heimweh nach Watershade und der sehnliche, durch die ihm auferlegte Verantwortung noch verstärkte, Wunsch, seinen Sohn zu finden.
    Ein Barbier an der Hafenfront rasierte ihn und schnitt ihm das Haar. Aillas kaufte sich an einem Stand Kleider, wusch sich in einem öffentlichen Badehaus, zog sich seine neuen Kleider an und fühlte sich erheblich besser. Nun würde man ihn für einen Seemann oder den Lehrburschen eines Handelsmannes halten.
    Er kehrte zu dem Laubengang vor den Vier Malven zurück, in dem inzwischen reger Betrieb herrschte. Aillas bestellte sich einen Krug Bier und versuchte, Gesprächsfetzen von den Nebentischen aufzufangen. Ein alter Mann mit einem platten, roten Gesicht, seidig glänzendem weißem Haar und sanften blauen Augen setzte sich ihm gegenüber an den Tisch. Er grüßte Aillas freundlich, bestellte Bier und Fischklopse und verwickelte Aillas sofort in ein Gespräch. Aillas, der wußte, daß er auf der Hut sein mußte vor Casmirs allgegenwärtigen Spitzeln, schlüpfte in die Rolle des harmlosen Einfaltspinsels. Der Name des alten Mannes war, wie er dem Gruß

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