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Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse

Titel: Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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Zeiten sind vorbei. Entscheidet Euch! Vertragt Euch mit Euresgleichen, und gebt diesem Lande Frieden, oder Ihr werdet als Abtrünniger gebrandmarkt! Eure Burg wird gestürmt und niedergebrannt. Ihr selbst – solltet Ihr überleben
    – werdet den Rest Eures Lebens als Leibeigener dienen, zusammen mit Euren Söhnen und Töchtern. Macht gemeinsame Sache mit uns, Ihr könnt nur gewinnen.«
    Der so Angesprochene mochte daraufhin vielleicht versuchen, eine Bedenkzeit herauszuschlagen, oder aber erklären, er kümmere sich nur um seine eigene kleine Domäne und habe kein Interesse am Lande als Ganzem. Oder, wenn er von Natur aus zur Vorsicht neigte, mochte er vielleicht geltend machen, dies gehe ihm alles zu schnell, er müsse erst abwarten, wie die anderen sich verhielten. In jedem dieser Fälle pflegte der Abgesandte zu erwidern: »Trefft Eure Wahl alljetzt! Entweder seid Ihr mit uns, in Recht und Gesetz, oder Ihr seid gegen uns und somit Gesetzloser! Einen Mittelweg gibt es nicht!« Am Ende beugte sich fast der gesamte Landadel den Forderungen, und sei es nur aus Haß auf Faude Carfilhiot. Sie legten ihre alten Rüstungen an, sammelten ihre Truppen und ritten mit wehendem Banner hinaus aus ihren alten Burgen, um sich auf dem Feld bei Burg Cleddstein zu versammeln.
    In seinem Arbeitszimmer saß Faude Carfilhiot brütend über den Figuren seiner Landkarte. Was mochte ein solches Konklave zu bedeuten haben? Gewiß nichts, was ihm zum Vorteil gereichte. Er rief seine Hauptleute und sandte sie hinunter ins Tal, sein Heer zu mobilisieren.
     
    Zwei Stunden vor dem Morgengrauen legte sich der Wind, und die See wurde ruhig. Nun, da Ys nicht mehr weit war, wurden die Segel aufgegeit, und die Ruderer beugten die Rücken über die Riemen. Die Landspitze von Istaia und der Tempel der Atlante schoben ihre Silhouetten über den morgengrauen Himmel. Die Schiffe glitten durch zinnernes Wasser, dicht vorüber an den Stufen des Tempels, die bis zum Meer hinunterführten, und weiter in die breite Seemündung des Evander. Wenig später liefen sie knirschend auf den Strand. Als alle Truppen an Land gegangen waren, dockten die Schiffe im Hafen von Ys an und löschten ihre Fracht.
    Von den Terrassen ihrer Gärten aus beobachteten die Faktoren von Ys die Landung mit kaum mehr als lauem Interesse, und das Stadtvolk ging wie gewohnt seinen Geschäften nach, so als wären feindliche Übergriffe von See her ein ganz alltägliches Ereignis.
    An der Balustrade ihres Palastes stehend, beobachtete Melancthe die Ankunft der Schiffe. Gleich darauf wandte sie sich um und schlüpfte in das Halbdunkel ihres Palastes.
    Sir Glide von Fairsted und ein Begleiter schwangen sich auf ihre Pferde und sprengten das Tal hinauf, durch Felder und Gärten, die steil aufragenden Hänge der Berge zur Linken und zur Rechten. Durch ein Dutzend Dörfer und Weiler ritten die zwei Männer, und niemand schenkte ihnen mehr als flüchtige Beachtung.
    Die Berge zu beiden Seiten rückten immer näher zusammen, bis das Tal schließlich unter dem flachen Gipfel jener Erhebung endete, die Tac Tor genannt wurde, dicht neben Tintzin Fyral. Ein fauliger Geruch stieg den beiden Reitern in die Nase, dessen Quelle sie gleich darauf entdeckten: sechs Pfähle, fünfzig Fuß hoch, auf deren Spitzen ebenso viele Leichen staken.
    Nachdem die beiden Reiter die Pfähle passiert hatten, überquerte der Weg eine Wiese, die weitere Belege für Carfilhiots Strenge gegenüber seinen Feinden enthüllte: ein zwanzig Fuß hohes Gerüst mit einem Querbalken, an welchem vier Männer mit schweren Gewichten an den Füßen hingen. Neben jedem stand eine Meßlatte, auf Zollmaß gekerbt.
    Ein Schilderhaus bewachte den Weg. Zwei Soldaten im Schwarz und Purpur von Tintzin Fyral kamen herausmarschiert und kreuzten die Hellebarden. Ein Hauptmann folgte ihnen. Er sprach zu Sir Glide: »Herr, zu welchem Behufe nähert Ihr Euch Tintzin Fyral?«
    »Wir sind Abgesandte im Dienste von König Aillas«, antwortete Sir Glide. »Wir ersuchen um eine Unterredung mit Sir Faude Carfilhiot, und wir erbitten die Sicherheit seines Schutzes, während und nach dieser Unterredung, auf daß gewährleistet sei, daß wir uns in voller Freiheit äußern können.«
    Der Hauptmann vollführte einen etwas nachlässigen Salut.
    »Meine Herren, ich werde eure Botschaft sofort weiterleiten.« Er stieg auf ein Pferd und ritt einen durch die Felswand gehauenen Pfad hinauf. Die beiden Soldaten versperrten weiterhin den Zugang mit gekreuzten

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