Lyonesse 2 - Die grüne Perle
des Endes, welche auf Rädern dahinfährt.«
Der Fischer lächelte belustigt und ein wenig verächtlich. »Das ist heidnischer Aberglaube. Ich bin nicht von Natur aus ein Proselyt, aber glaubt mir, eine vereinigte Weisheit regiert den Trikosmos, welche aus den Wurzeln der Gründungseiche Kahaurok sikkert und die Sterne am Himmel formt.«
»Das ist der Glaube der Druiden«, erwiderte Aillas. »Man könnte annehmen, daß Euer Denken auf der Doktrin der Druiden fußt.«
»Es gibt nur eine Wahrheit.«
»Vielleicht werde ich mich eines Tages eingehender mit dieser Frage befassen«, sagte Aillas. »Im Moment gilt mein Interesse jedoch jenem Gasthof dort, so es denn ein solcher ist.«
»Das Haus, das Ihr dort seht, ist
Kernuuns Geweihsprosse
, und ich bin Dildahl, der Inhaber dieses Hauses, welches ich als Hospiz für die Erz-Druiden führe, die auf ihren Wanderungen zu den heiligen Stätten hier einkehren. Aber auch anderen Wanderern biete ich mein Haus zur Einkehr, so sie bereit sind, meine Preise zu zahlen.«
»Und wie sind Eure Preise? Sind sie hoch oder eher mäßig? Es ist gut, wenn man solche Dinge vorher weiß.«
»Alles in allem sind meine Preise angemessen. Sie sind, wie allgemein üblich, von Posten zu Posten verschieden. So berechne ich für die Übernachtung von euch zweien in einer privaten Kammer, ausgestattet mit sauberen Strohbetten und Krügen mit frischem Wasser, zwei Kupferpfennige. Ein Abendessen, bestehend aus Linsen und Brot, dazu ein Frühstück aus Hafergrütze kosten Euch einen weiteren Kupferpfennig. Andere Gerichte verlangen höhere Preise. So serviere ich zum Beispiel eine ausgezeichnete Wachtel am Spieß für zwei Kupferpfennige à vier Stück. Eine ordentliche Portion Hirschkeule mit Gerste, Korinthen, Äpfeln und Nüssen kostet einen ähnlichen Preis. Fisch indessen wird je nach Jahreszeit und Vorrat berechnet.«
»Ich habe gehört, einige Eurer Preise seien unerschwinglich hoch«, sagte Aillas. »Aber ich muß bekennen, die Preise, die Ihr genannt habt, sind nicht unangemessen.«
»Das muß ich ganz Eurem eigenen Urteilsvermögen überlassen. In der Vergangenheit bin ich oft von Schwindlern geprellt worden, also habe ich gelernt, mich vor der Armut zu schützen.« Dildahl hob seinen Fischkorb auf. »Werde ich Euch also in der
Geweihsprosse
erwarten können?«
»Ich muß erst den Inhalt meines Geldbeutels prüfen«, erwiderte Aillas. »Ich bin keineswegs ein wohlhabender Erz-Druide, für den eine Handvoll Kupferpfennige nicht mehr ist denn eine gleiche Anzahl Bucheckern.«
Dildahl taxierte die Pferde. »Aber Ihr reitet kräftige und wertvolle Pferde.«
»Ah, aber diese Pferde sind das einzige von Wert, was ich besitze.«
Dildahl zuckte die Achseln und entschwand.
IV
Als Aillas seine diversen Geschäfte entlang des Seeufers erledigt hatte, war es bereits später Nachmittag. Jeglicher Wind hatte sich gelegt; der See lag glatt wie ein Spiegel.
Nach einem prüfenden Blick zum Himmel, auf den See und auf die Landschaft sagte Aillas zu Tatzel: »Es scheint, daß wir uns der Gastlichkeit des unersättlichen Dildahl anvertrauen müssen. Möglicherweise werden wir uns Zurückhaltung auferlegen müssen, da ich keinen großen Vorrat an Münzen bei mir trage. Wie steht es mit dir?«
»Ich habe nichts.«
»Mit einem gewissen Maß an Vorsicht müßten wir einigermaßen mit dem Geld hinkommen, wenngleich irgend etwas an Dildahl ist, das mein Mißtrauen erregt.«
Wenig später fanden sich die beiden im Schankraum von
Kernuuns Geweihsprosse
ein. Dildahl, der jetzt eine weiße Schürze und eine weiße Mütze trug, die seine langen schwarzen Locken zu einem gewissen Grade verdeckte, schien erfreut, sie zu sehen. »Eine Zeitlang dachte ich schon, Ihr hättet Euch zum Weiterreiten entschlossen.«
»Wir erledigten ein paar Dinge, und dann entsannen wir uns der Erquickungen der
Geweihsprosse
. Und so seht Ihr uns denn nun wieder.«
»Gut so! Ich kann Euch eine Zimmerflucht anbieten, die gewöhnlich von dem erhabensten aller Druiden bewohnt wird – mit Bädern und warmem Wasser und Seife aus Olivenöl, sollte Euch der Sinn nach einem gewissen Maß an Luxus stehen ...«
»Gleichfalls zum Preis von zwei Kupferpfennigen? Wenn das so ist, dann ...« »Der Preis liegt natürlich um ein beträchtliches höher«, belehrte ihn Dildahl.
Aillas faßte in seine Tasche und klimperte mit den wenigen Münzen, die er dort fand. »Wir müssen unsere Wünsche unseren bescheidenen Mitteln anpassen. Ich
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