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Lyonesse 2 - Die grüne Perle

Titel: Lyonesse 2 - Die grüne Perle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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Sir Tristano ließ die Wurst fallen. »Da ist sie: meine gute Wurst, die mir gehört und niemandem sonst! Aus Versehen habe ich sie fallenlassen. Aber wer die Wurst nimmt – und das, was sie enthält –, der ist ein Dieb!«
    Ein magerer gelber Köter hetzte herzu und verschlang die Wurst mit einem Bissen. »So soll es sein«, stellte Sir Tristano fest. »Dies war deine Tat allein; ich habe damit nichts zu schaffen.«
    Er kehrte ins Wirtshaus zurück und trank Bier, während er über die Folgerichtigkeit seines Handelns nachdachte. Es schien Hand und Fuß zu haben. Und dennoch – Unfug. Der Hund hatte eine diebische Absicht willentlich in die Tat umgesetzt. Nun mußte dem Hund das Problem zufallen, sich der Perle zu entledigen. Und dennoch ...
    Je länger Sir Tristano grübelte, desto schwächer erschien ihm die Überlegung, die seine Tat geleitet hatte. Ein überzeugendes Argument konnte immerhin darin bestehen, daß der Hund die Wurst als Geschenk angesehen hatte. In diesem Fall mußte dieÜbergabe der Perle als plumpe List auf seiten Sir Tristanos betrachtet werden, nicht etwa als absichtlicher Diebstahl.
    Als er an die früheren Versuche dachte, sich der Perle zu entledigen, sah sich Sir Tristano von wachsendem Unbehagen erfüllt, und allmählich fragte er sich, auf welche Weise die Perle wohl diesmal zu ihm zurückkehren werde.
    Tumult auf der Straße erregte seine Aufmerksamkeit; er hörte ein schreckliches Geheul, schwankend zwischen schrill und heiser, und der Magen zog sich ihm zu einem Knoten zusammen. »Ein toller Hund!« ertönte es von der Straße. »Ein toller Hund!«
    Sir Tristano warf hastig ein paar Münzen auf den Tisch und stürzte hinaus zu seinem Pferd, um das Dorf Timbaugh in aller Hast zu verlassen. Er sah den gelben Hund, etwa hundert Schritt weit entfernt, wie er mit schäumenden Lefzen hin und her sprang und brüllend seine Meinung von der Welt zum Ausdruck brachte. Das Tier sprang einen Bauernburschen an, der neben seinem Heuwagen einhertrottete. Der Junge sprang auf das Heu hinauf, packte eine Forke und stieß damit nach dem Hals der Bestie, um ihn zu durchbohren. Der Hund fiel rücklings herunter und schüttelte sich heftig, als wäre er naß; dann sprang er davon, die Forke hinter sich her schleifend.
    Ein alter Mann, der eben das Strohdach seiner Hütte ausbesserte, lief ins Haus und kam mit einem Langbogen wieder heraus. Er legte einen Pfeil auf die Sehne, spannte den Bogen und schoß. Der Pfeil fuhr dem Hund in die Brust und durchbohrte ihn glatt, so daß die Spitze zur einen, die Federn zur anderen Seite herausragten. Aber er kümmerte sich nicht darum.
    Der Hund starrte mit funkelnden Augen die Straße herauf und gewahrte Sir Tristano; in ihm erkannte er den Ursprung seiner ganzen Not. Er näherte sich, zunächst mit gespenstischer Zielstrebigkeit, den Kopf gesenkt, eine Pfote vorsichtig vor die andere setzend, doch dann ging er taumelnd und stöhnend zum Angriff über.
    Sir Tristano sprang auf sein Pferd und galoppierte die Straße hinunter; der Hund war ihm dicht auf den Fersen, bellend und tief und kehlig knurrend. Die Mistforke fiel ihm vom Hals, er holte das Pferd ein und sprang an dessen Flanken herauf. Sir Tristano hob sein Schwert in die Höhe, beugte sich hinunter und ließ es niedersausen, um dem Hund den Schädel zu spalten. Der Hund überschlug sich und landete im Graben. Zitternd blieb er liegen und beobachtete Sir Tristano mit glasigen gelben Augen. Dann kroch er langsam aus dem Graben herauf; Zoll um Zoll schob er sich auf dem Bauch voran.
    Sir Tristano beobachtete ihn wie gebannt, das Schwert gezückt.
    Drei Schritt weit vor Sir Tristano wurde der Hund von Krämpfen geschüttelt; er erbrach sich auf die Straße, fiel zurück und lag still. In der Lache, die aus seinem Magen hervorgequollen war, lag glitzernd die grüne Perle.
    Sir Tristano überdachte die Situation mit ungeheurem Abscheu. Schließlich stieg er ab, trat zu einem Dickicht, schnitt einen Zweig ab und spaltete ihn am Ende. Mit der gleichen Technik wie zuvor erfaßte er die Perle und hob sie auf.
    In geringer Entfernung überspannte eine Brücke in einem einzigen Bogen einen kleinen Fluß. Sir Tristano führte sein Pferd am Zügel und hielt die Perle so weit weg vom Körper, wie der Zweig es gestattete; so begab er sich zu der Brücke und band sein Pferd an einen Busch. Dann kletterte er die Böschung hinunter zu dem Wasserlauf, wusch die Perle sorgfältig, säuberte dann sein Schwert und wischte es an

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