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Lyonesse 2 - Die grüne Perle

Titel: Lyonesse 2 - Die grüne Perle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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brachte ihn sofort zum Schweigen. »Weder Kul noch ich haben Lust, unsere kostbare Zeit mit närrischem Geschwätz zu vergeuden.« Sie holte den Ranzen und legte ihn auf den Tisch. »Sag mir lieber – und ich erinnere dich einmal mehr an Kuls Ansichten in bezug auf faule Ausflüchte –, wie ich Feuermilben durch dieses Rohr blasen kann.«
    »Das vermagst du nicht«, antwortete Vishbume lächelnd und klopfte mit den Fingern auf der Tischplatte im Takt zu einer Weise, die ihm durch den Kopf ging.
    »Und wie würdest du es machen?«
    »Zunächst einmal würde ich die Feuermilben brauchen. Sind welche im Ranzen?«
    Glyneth schaute ihn verblüfft an. »Das weiß ich nicht.« Sie holte eine Flasche heraus. »Was ist in diesem Fläschchen?«
    »Das ist Hippolitos Geist-Sensibilisator. Ein Tropfen regt den Geist an und hilft einem, einen beneidenswerten Ruf als Meister der Fröhlichkeit und des Witzes zu erlangen. Zwei Tropfen steigern die ästhetischen Begabungen zu einem so exquisiten Grade, daß die solchermaßen stimulierte Person die Muster von Spinnennetzen in Liederzyklen und epische Sagen übersetzen kann.«
    »Und was bewirken drei Tropfen?«
    »Das hat noch kein menschliches Wesen versucht. Vielleicht wünscht Kul eine solche erhabene und ästhetische Erfahrung zu machen; für ein Wesen wie Kul empfehle ich vier oder sogar fünf Tropfen.«
    »Kul ist kein Ästhet«, sagte Glyneth. »Dies sind deine Heilsalben und Balsame, und dies ist dein Haarwasser ... Was befindet sich in dieser grünen Flasche?«
    Vishbume sagte mit einem gezierten, vielsagenden Lächeln: »Das, liebe Glyneth, ist eine Tinktur der erotischen Veredelung. Sie bringt keusche Jungfern zum Schmelzen, die zuvor jeder Verlockung widerstanden haben, und erweckt in ihnen wunderbare und süße Regungen. Nimmt hingegen ein Herr sie ein, selbst einer im vorgerückten Alter, so verleiht sie seiner schwindenden Lust neuen Schwung und stärkt und belebt den, der, aus welchen Gründen auch immer, eine wachsende – sagen wir: Zerstreutheit bei sich bemerkt.«
    »Ich bezweifle, daß wir dieses abscheuliche Tonikum benötigen werden«, sagte Glyneth kalt. Sie zog weitere Gegenstände aus dem Ranzen hervor. »Hier sind deine Insekten-Kolben; hier ist das Rohr, und hier ist der Spiegel. Tuch, Brot, Käse, Wein; Fidel und Bogen; Flöte. Drähte. Wozu sind die gut?«
    »Sie sind von Nutzen, wenn man eine Kluft überwinden will, oder wenn man steinerne Wälle durchbrechen will. Die magischen Formeln, die sie aktivieren, sind hochkompliziert.«
    »Und die Feuermilben?«
    Vishbume machte eine lässige Geste. »Die Frage ist unerheblich.«
    Glyneth schrie: »Kul! Nein! Töte ihn nicht!«
    Kul ließ sich langsam wieder auf seinen Stuhl sinken. Vishbume kauerte traurig in der Ecke. Einer plötzlichen Eingebung folgend, zeigte Glyneth auf eine Reihe von Zierknöpfen, die an Vishbumes Ärmeln entlanglief. »Die Knöpfe! Vishbume, sind das die Feuermilben? ... Ganz ruhig, Kul, ganz ruhig! Reiß ihm die Knöpfe ab.«
    »Ich habe noch eine bessere Idee. Vishbume soll ein paar von ihnen essen.«
    Vishbume schaute entsetzt auf. »Niemals!«
    »Dann gib sie her!«
    »Das wage ich nicht!« schrie Vishbume. »Sind sie erst abgerissen, dann müssen sie sofort durch das Rohr geblasen werden.«
    Kul schnitt kurzerhand die Streifen, auf denen die Milben saßen, aus Vishbumes bauschigen Ärmeln heraus, so daß von da an, wenn Vishbume ging oder die Arme bewegte, seine knochigen weißen Ellenbogen aus den Spalten hervorlugten.
    Glyneth wickelte die Stoffstreifen um das Rohr. »So! Und nun sei so gut und erkläre uns, wie man dieses Blasrohr benützt.«
    »Reiße den Knopf vom Stoff ab und lege ihn so in das Rohr, daß die Spitze von dir weg zeigt, und blase sodann auf die Person, die du zu diskommodieren wünschst.«
    »Welche Tricks und Schliche verbirgst du sonst noch vor uns?«
    »Keine! Keine mehr! Ihr habt mich vollständig ausgeplündert! Ich bin hilflos!«
    Glyneth packte die Sachen wieder in den Ranzen. »Ich hoffe, du sprichst die Wahrheit.«
    Wie schon zuvor, schliefen die drei auch diesmal der Reihe nach. Vishbume protestierte lauthals dagegen, draußen schlafen zu müssen. »Jederzeit können die Wölfe wiederkommen und mir im Schlaf das Blut aus dem Leibe saugen!« Schließlich gestattete man ihm, in der Speisekammer zu schlafen.
    Zu gehöriger Zeit setzten sie ihre Reise fort. Wieder flog der Wole in rasender Fahrt über die Steppe dahin: eine wellenförmige Savanne,

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