Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Lyonesse 2 - Die grüne Perle

Titel: Lyonesse 2 - Die grüne Perle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
Vom Netzwerk:
dem Heck saß, den Blick mürrisch zur Seite gewandt.
    Glyneth fühlte sich von einer Flut verwirrender Emotionen überschwemmt, und jede von ihnen, so spürte sie, konnte ihr Herzeleid bringen. Trotz der Salben und Pulver, mit denen sie seine Wunde behandelt hatte, war Kul nicht mehr der alte; vielleicht, dachte Glyneth, hatte er zuviel Blut verloren, denn seine Haut hatte jetzt eine kränkliche Blässe angenommen, und seine Bewegungen hatten einen Teil ihrer einstigen Geschmeidigkeit und Frische eingebüßt. Sie seufzte, als sie an ihre Rückkehr zur Erde dachte. So rasch schon war Tanjecterly die Realität geworden, und die Erde das Phantasieland hinter den Wolken.
    Meile um Meile flog unter den wirbelnden Beinen des Wole dahin, und jetzt führte der Weg über die Ebenen der Lilien. In der Ferne tauchten eine niedrige Hügelkette und eine Stadt aus grauen Häusern auf, sowie – etwas weiter nördlich – eine niedrige, flache Kuppel aus schimmerndem silbergrauen Metall.
    Vishbume kam nach vorn zur Pergola. Er sagte zu Glyneth: »Meine Teure, ich werde den Almanach benötigen, um die große Achse finden zu können.«
    Glyneth zog den Schlüssel aus seinem Futteral und reichte Vishbume den Almanach; der las den Text aufmerksam und studierte sodann eine kleine Landkarte, die nähere Einzelheiten der Umgebung zeigte.
    »Aha!« rief Vishbume aus. »Lenkt den Wole an die Seite der Kuppel; dort müßte eine Plattform zu sehen sein, aus der ein eiserner Pfahl ragt.«
    Glyneth deutete nach vorn. »Da! Ich sehe die Plattform! Und ich sehe den Pfahl!«
    »Dann vorwärts geschwind! Der schwarze Mond hat schon den rosafarbenen Stern erreicht, und hier ist die Zeit knapp! Weder Rast noch Pause sind uns gewährt.«
    In rasendem Galopp flog der Wole dahin und kam wenig später mit einem Ruck neben der Kuppel zum Stehen. »Das ist ein alter Tempel«, erklärte Vishbume, »der jetzt wohl verlassen sein dürfte. Hinauf zur Plattform! Glyneth, den Schlüssel!«
    »Noch nicht«, sagte Glyneth. »Und überhaupt – so oder so werde ich es sein, die den Schlüssel benutzen wird.«
    Vishbume gab ein gereiztes Gackern von sich. »So hatte ich das aber nicht geplant!«
    »Was auch immer du geplant hast – du wirst das Tor erst dann passieren, wenn Kul und ich heil und wohlbehalten auf der anderen Seite angekommen sind.«
    »Bah!« schnaubte Vishbume entrüstet. »Dann hinauf auf die Plattform, und halt! ... Glyneth, steig vom Wole herunter! Kul, runter mit dir! Zum Pfahl!«
    Glyneth ging zu der kleinen Treppe, die zu der Plattform hinaufführte. Kul kletterte müde von dem Wole herunter und folgte ihr. Da zog Vishbume plötzlich seine Flöte aus der Tasche und blies einen schrillen, mißtönenden Triller. Der Wole stieß ein wütendes Gebrüll aus und stürmte mit gesenktem Kopf auf Kul los. Kul versuchte, sich mit einem Sprung in Sicherheit zu bringen, aber seine Beine waren müde geworden. Der Wole nahm ihn auf die Hörner und schleuderte ihn in hohem Bogen durch die Luft.
    Glyneth rannte schreiend zu der leblos daliegenden Gestalt. Sie starrte Vishbume mit haßerfülltem Blick an. »Abermals hast du uns hintergangen und betrogen!«
    »Nicht mehr, als du mich! Schau mich an! Ich bin Vishbume! Mit süßen Koseworten umschmeichelst du diese Kreatur, die halb Tier ist und nur zur Hälfte Mensch; das ist wider die Natur! Doch mich, den stolzen und edlen Vishbume, verschmähst und verhöhnst du!«
    Glyneth ignorierte sein Gezeter. »Kul lebt noch! Hilf mir, ihm aufzuhelfen!«
    »Nie und nimmer! Bist du von Sinnen? Er lebt noch, sagst du? Soll ich den Wole rufen, daß er ihn zertrampelt?«
    Glyneth starrte ihn entsetzt an. »Nein!«
    »Sag mir: wer ist Dhruns Mutter? Sag es mir!«
    Kul flüsterte: »Sag ihm kein Wort!«
    »Nein«, erwiderte Glyneth. »Ich werde es ihm sagen; was kann das jetzt noch ausmachen? Suldrun war Dhruns Mutter und Aillas ist sein Vater.«
    »Wie kann das möglich sein, wo Dhrun doch jetzt zwölf Jahre alt ist?«
    »Ein Jahr im Elfenhügel ist wie zehn Lebensjahre anderswo.«
    Vishbume krähte vor Vergnügen. »Das ist das Wissen, nach welchem ich so lange gefahndet habe!« Blitzschnell entriß er Glyneth den Schlüssel und sprang zurück, als tanze er nach einer rasenden Musik, die nur er allein hörte. Er vollführte einen schwungvollen Schlenker. »Wahrlich, Glyneth, was für eine kleine Närrin du doch bist! Wenn du mir dies schon eher gesagt hättest, dann hättest du uns beiden viel Not und Mühe und Verdruß

Weitere Kostenlose Bücher