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Lyonesse 3 - Madouc

Titel: Lyonesse 3 - Madouc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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Faden verdreschen. Niemand bietet mir die Stirn und kommt ungeschoren davon.« Er machte einen langsamen Schritt um den Tisch herum, Madouc mit starrem Blick fixierend, als versuche er, sie durch die schiere Kraft seines königlichen Willens zum Stehenbleiben zu zwingen.
    Madouc aber entwich abermals und sprach mit bebender Stimme: »Ich beschwöre Euch, so etwas nicht zu tun, Eure Hoheit! Ihr werdet bemerken, daß ich bisher darauf verzichtet habe, meine Elfenmagie bei Euch anzuwenden, da dies unhöflich wäre. Ich beherrsche nicht nur den ›Sissel‹ und den ›Zinkelzeh-Kobolz‹, sondern auch ...« Madouc rang um einen Einfall, der auch sogleich kam »... einen gar lästigen Zauber, genannt ›Kribbelkrabbel‹, anzuwenden nur wider Personen, die mich bedrohen!«
    »Ach?« fragte Casmir sanft. »Erzähl mir von diesem Zauber!« Indem er sprach, machte er verstohlen einen Schritt um den Tisch.
    Wachsam huschte Madouc zur Seite, den alten Abstand sogleich wiederherstellend. »Wenn ich genötigt bin, mich eines schlimmen Schuftes zu erwehren, schwärmen Insekten aus allen Richtungen auf ihn hernieder! Bei Tag und bei Nacht kommen sie, von oben und von unten, vom Himmel und aus dem Erdboden!«
    »Das ist eine entmutigende Vorstellung.«
    »Fürwahr, Eure Hoheit! Bitte schleicht nicht weiter um den Tisch herum, da Ihr mich erschreckt und ich womöglich aus schierem Versehen den ›Kribbelkrabbel‹ herausschwatze!«
    »Tatsächlich? Erzähle mir mehr von diesem wundersamen Zauber.«
    »Zuerst kommen die Fliegen! Sie krabbeln durch den goldenen Bart des schlimmen Schurken und auch durch sein Haar; sie wimmeln in seinen reichen Gewändern, bis er sich vor schierem Jucken und Kribbeln die Haut zerkratzt!«
    »Lästig fürwahr! Steh still und erzähl mir mehr!« König Casmir machte einen jähen Ausfallschritt; Madouc sprang um den Tisch herum und sprach in verzweifelter Hast: »Wenn er schläft, kriechen große Spinnen über sein Gesicht! Kornwürmer graben sich in seine Haut und fallen ihm aus der Nase! Er findet Käfer in seiner Suppe und Schaben in seinem Haferbrei! Schmeißfliegen krabbeln in seinen Mund und legen Eier in seinen Ohren; wenn er nach draußen geht, wird er belagert von Schnaken und Motten und Grashüpfern; Wespen und Bienen stechen ihn blindlings und wahllos!«
    König Casmir starrte sie mit finsterem Blick an. »Und du beherrschst diesen schrecklichen Zauber?«
    »O ja, gewiß! Aber es kommt noch schlimmer! Sollte der schlimme Schurke zu Boden fallen, wird er sofort von einem Heer von Ameisen bedeckt! Natürlich würde ich diesen Zauber nur benutzen, um mich zu schützen!«
    »Natürlich!« König Casmir lächelte ein dünnes hartes Lächeln. »Aber beherrschst du wahrhaftig einen Zauber von solcher Macht? Ich bezweifle das.«
    »Ganz offen gesagt, ich habe eine oder zwei der Silben vergessen«, erwiderte Madouc tapfer. »Aber meine Mutter weiß sie bestimmt ohne weiteres herzusagen. Ich kann sie in Bedrängnis sofort rufen, und sie wird meine Feinde in Kröten, Maulwürfe oder Salamander verzaubern, ganz wie ich will, und dies müßt Ihr mir glauben, da es die Wahrheit ist!«
    König Casmir starrte Madouc lange an. Dann machte er eine abrupte Geste, die ein Dutzend Gefühlsregungen kundtat. »Geh! Entferne dich aus meinem Blick.«
    Madouc vollführte einen zierlichen kleinen Knicks. »Ich danke Eurer Majestät für seine freundliche Nachsicht.« Sie schlüpfte behutsam an Casmir vorbei; dann, mit einem verstohlenen Blick zurück über die Schulter, rannte sie hurtig aus dem Raum.
     

6
    König Casmir ging mit langsamen, schweren Schritten die Säulenhalle entlang, die Treppe hinauf und – nach einem kurzen Innehalten – den Gang hinunter zum Salon der Königin. Der Lakai, der dort strammstand, stieß die Tür weit auf; König Casmir marschierte in den Raum. Als er sah, daß Königin Sollace in ernster Unterredung mit Vater Umphred vertieft war, blieb er stehen und starrte düster auf die beiden hinab. Königin und Priester fuhren herum und verstummten allsofort. Vater Umphred verneigte sich lächelnd. Casmir ignorierte den Gruß. Er marschierte quer durch den Raum zum Fenster, wo er innehielt und mit mürrischem Blick hinausschaute.
    Nach einer gehörigen Anstandsfrist nahmen Königin Sollace und Vater Umphred ihre Unterhaltung wieder auf: zunächst in gedämpftem Ton, um König Casmir nicht in seinem Nachsinnen zu stören; dann, als er weder achtzugeben noch zu hören schien, wieder in ihrer

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