Lyonesse 3 - Madouc
kurz darauf schloß sich der Rest der Gruppe dem Spiel an. Travec verfolgte das Geschehen mit düsterer Aufmerksamkeit, gespannt darauf, wie die Situation ausgehen würde. Die Riege war, da führerlos, schwankend und labil; jeder war eifersüchtig um seinen Ruf besorgt. Nach einigen Minuten rief Izmael, der Hunne, zu Travec hinüber: »Warum machst du nicht mit bei unserem Spiel? Die Daker sind doch berüchtigt für ihre unstillbare Spielleidenschaft!«
»Das ist wohl wahr – zu meinem Bedauern«, antwortete Travec. »Aber ich wollte nicht uneingeladen mittun.«
»Dann betrachte dich hiermit als eingeladen. Meine Herrn, dies ist Travec, der Daker, der hier in ähnlichen Geschäften weilt wie wir. Travec, du siehst hier Este, den Süßen, der behauptet, der letzte echte Römer zu sein. Seine Waffe ist ein Bogen, welcher so klein und zerbrechlich ist, daß man glauben könnte, er sei nicht mehr als ein Spielzeug, und seine Pfeile sind kaum mehr als Splitter; trotzdem kann er sie mit großer Schnelligkeit davonschleudem und einem Mann auf eine Entfernung von fünfzig Schritt das Auge ausschießen, ohne von seinem Stuhl aufzustehen. Das hier ist Galgus; er ist Dauter und versteht wie kein anderer mit dem Messer umzugehen. Dort drüben sitzt Kegan von Godelia; er bevorzugt gar seltsame Waffen, darunter auch die Stahlrute. Ich selbst bin ein armes, verirrtes Täubchen; ich überstehe die Grausamkeiten des Lebens nur durch das Mitleid und die Nachsicht meiner Mitmenschen.«
»Ihr seid eine bemerkenswerte Gruppe«, sagte Travec. »Es ist mir eine Ehre, mit euch zu verkehren. Weiß irgendeiner von euch nähere Einzelheiten über unsere Mission?«
Galgus sagte: »Ich ahne einiges, da Casmir dahintersteckt. Doch genug geredet; lasset uns würfeln. Travec, kennst du dieses Spiel?«
»Nicht ganz, aber ich werde es rasch genug erlernen.«
»Und wie steht es bei dir mit Geld?«
»Das ist kein Problem! Ich trage zehn Goldstücke bei mir, die mir von König Casmir gezahlt wurden.«
»Das sollte genügen! Nun denn; ich werde nun die Würfel rollen. Jeder muß einen Einsatz machen, und dann rufe ich meine Zahl oder ›gerade‹ oder ›ungerade‹, und so geht das Spiel.«
Travec spielte eine Weile und erzielte bescheidenen Gewinn. Dann fing Galgus an, gezinkte Würfel zu benützen, die er mit großem Geschick gegen die guten austauschte, wenn er mit Würfeln an der Reihe war, und Travec verlor alsbald seine zehn Goldstükke. »Ich tue nicht mehr mit«, sprach Travec. »Sonst finde ich mich am Ende noch ohne Pferd wieder.«
Die Sonne war längst hinter den Bergen verschwunden. Als der Himmel sich zu verdunkeln begann, trug der Wirt das Abendbrot auf, bestehend aus Linsen und Brot. Just als die fünf Männer ihre Mahlzeit beendet hatten, traf ein Neuankömmling auf einem feinen schwarzen Pferd am Gasthof ein. Er saß ab, band sein Pferd fest und trat in den Gasthof: ein dunkelhaariger Mann von mittlerer Statur, mit langen, sehnigen Armen und Beinen und einem harten, grausamen Gesicht. Er sprach zum Wirt: »Versorg mein Pferd, und bring mir das Beste, was Scheuern und Keller zu bieten haben, da ich einen langen und beschwerlichen Ritt hinter mir habe.« Er wandte sich um und musterte die fünf Männer; dann trat er an ihren Tisch. »Ich bin Cory von Falonges; ich bin hier auf Geheiß einer bedeutenden Person, von der ihr wißt. Mein Auftrag ist, euch bei einem wichtigen Unternehmen anzuführen. Ich erwartete vier Männer; ich finde fünf vor.«
»Ich bin Travec, der Daker. König Casmir schickte mich, eure Truppe zu ergänzen, zusammen mit einem Beutel von zehn Goldstücken, die eigentlich als Entlohnung für die anderen vier Männer vorgesehen waren. Nun habe ich jedoch heute nachmittag beim Würfelspiel mitgetan; zu meinem Bedauern verlor ich dabei alle zehn Goldstücke, so daß die Männer nun leer ausgehen müssen.«
»Was!« schrie Izmael bestürzt. »Du hast mit meinem Geld gespielt?«
Cory von Falonges sah Travec verwundert an. »Wie erklärst du dieses dein Verhalten?«
Travec zuckte die Achseln. »Ich wurde gedrängt, an dem Spiel teilzunehmen, und Casmirs Geld war nun einmal zur Hand. Ich bin schließlich ein Daker und nehme daher alle Herausforderungen an.«
Este blickte vorwurfsvoll auf Galgus. »Das Geld, das du gewonnen hast, ist rechtens mein!«
»Nicht unbedingt!« schrie Galgus. »Deine Einwendung gründet sich auf eine Hypothese. Auch darf ich dich dies fragen: hätte Travec gewonnen, würdest du mir
Weitere Kostenlose Bücher