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Lyonesse 3 - Madouc

Titel: Lyonesse 3 - Madouc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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mochte, dessen hohe Meinung von ihr Lady Desdea für so notwendig erachtete. Vielleicht hatte er sich schon vorgestellt, ohne daß sie es bemerkt hatte. Möglich, dachte Madouc. Wenn ja, dann hatte sie es gewiß versäumt, Prinz Bittern zu bestricken oder seine Bewunderung zu gewinnen.
    An der Wand standen drei Jünglinge, allesamt augenscheinlich von hohem Stand, vertieft in ein Gespräch mit einem Herrn von faszinierendem Äußeren, wenn auch – so man feinen Anzeichen trauen konnte – nicht von gehobenem Rang. Er war groß und mager, und sein langes, drolliges Gesicht war von kurzen staubfarbenen Locken umrahmt. Seine hellgrauen Augen sprühten vor Lebendigkeit; sein Mund war breit und stets leicht zusammengepreßt, als suche er eine innere Belustigung zu verhehlen. Seine Kleider waren, gemessen an dem feierlichen Anlaß, nachgerade schlicht; trotz seines offenkundigen Mangels an formalem Rang war sein Betragen ohne jede Spur von Ehrerbietung vor der edlen Gesellschaft, in welcher er sich befand. Madouc beobachtete ihn mit Wohlgefallen. Er und die drei Jünglinge waren offenbar eben erst eingetroffen; sie trugen immer noch die Kleider, in denen sie gereist waren. Die drei konnten ihrem Alter nach die Prinzen sein, von denen Lady Desdea gesprochen hatte. Einer war hager, schmalschultrig und ungelenk, mit strähnigem gelben Haar, einem langen bleichen Kinn und einer lang herunterhängenden, jammervollen Nase. Konnte das Prinz Bittern sein? Just in dem Moment wandte er sich um und warf einen etwas verstohlenen Blick auf Madouc, die sogleich eine Grimasse zog, darüber verärgert, daß sie dabei ertappt worden war, wie sie in seine Richtung schaute.
    Der Andrang vor dem königlichen Podest ließ nach; die drei Jünglinge rührten sich und kamen nach vorn, um der königlichen Familie ihre Aufwartung zu machen. Sir Mungo kündigte den ersten der drei an, und Madoucs Pessimismus wurde bestätigt. In pompösem Tonfall deklamierte Sir Mungo: »Wir sind geehrt von der Anwesenheit des galanten Prinz Bittern von Pomperol!«
    Prinz Bittern, plump um Vertraulichkeit bemüht, begrüßte Prinz Cassander mit einem matten Lächeln und einer spaßigen Geste. Prinz Cassander zog die Brauen hoch, nickte höflich und erkundigte sich, wie die Reise des Prinzen von Pomperol nach Sarris verlaufen sei. »Höchst erfreulich!« erklärte Prinz Bittern. »Fürwahr höchst erfreulich! Chalmes und ich hatten unerwartete Weggefährten: ausgezeichnete Burschen beidesamt!«
    »Ich bemerkte schon, daß ihr in Gesellschaft gekommen seid.«
    »Ja, ganz recht! Wir hatten eine vergnügliche Reise!«
    »Ich bin sicher, du wirst dich auch weiterhin vergnügen.«
    »Das werde ich ganz gewiß! Die Gastlichkeit Eures Hauses ist berühmt!«
    »Es freut mich, das zu hören.«
    Bittern ging nun weiter zu König Casmir, während Cassander seine Aufmerksamkeit Prinz Chalmes von Montferrone zuwandte.
    Prinz Bittern wurde sowohl von König Casmir als auch von Königin Sollace freundlich begrüßt. Sodann wandte er sich mit kaum verhohlener Neugier Madouc zu. Einen Moment lang stand er stocksteif da, unschlüssig, welchen Ton er bei ihr anschlagen sollte.
    Madouc musterte ihn ausdruckslos. Schließlich vollführte Prinz Bittern eine Verbeugung, halbherzige Galanterie mit einer Spur von eitler Herablassung verbindend. Da Madouc nur halb so alt war wie er und gerade an der Schwelle der Pubertät stand, schien ihm plump vertrauliche Witzigkeit genau das Richtige.
    Madouc war weder angetan noch beeindruckt von Prinz Bitterns gekünstelter Gespreiztheit und zeigte sich unempfänglich für seine lahmen Späße. Er verneigte sich noch einmal und entfernte sich hastig.
    An seine Stelle trat nun Prinz Chalmes von Montferrone: ein stämmiger Jüngling von untersetzter Statur, mit glattem, rußschwarzem Haar und groben Zügen, die von Pickeln und Leberflecken entstellt waren. Nach Madoucs Dafürhalten war Prinz Chalmes nur unerheblich einnehmender als Prinz Bittern.
    Madouc wandte den Blick auf den dritten der Gruppe, der jetzt Königin Sollace seinen Respekt zollte. In ihrer Konzentration auf die Prinzen Bittern und Chalmes hatte Madouc Sir Mungos Vorstellungsworte versäumt; gleichwohl hatte sie das Gefühl, diesen Jüngling von irgendwoher zu kennen. Seine Statur war durchschnittlich; er wirkte locker und quick, eher sehnig denn muskulös. Seine Schultern waren breit, schmal seine Hüften. Sein goldbraunes Haupthaar war über der Stirn und den Ohren kurz gestutzt; seine

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