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Lyonesse 3 - Madouc

Titel: Lyonesse 3 - Madouc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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In der Schankstube fand er einen unauffälligen Tisch an der Wand und nahm an ihm Platz.
    Einen nach dem andern musterte er die Insassen des Raumes. In der Hauptsache schien es sich um Einheimische zu handeln: Handelsmänner, Handwerker, ein paar Bauern aus der Umgebung, einige Matrosen der im Hafen liegenden Schiffen. Yssei sah er keine; die hielten sich fern vom Gedränge der Stadtleute.
    Ein Mann, der allein ein paar Tische von ihm entfernt saß, erregte seine Aufmerksamkeit. Er war von stämmigem Körperbau, aber nur mittlerer Statur. Seine Kleider waren alltäglich: ein Bauernkittel aus grobem grauen Stoff, weite Hosen, Halbstiefel mit spitz zulaufenden, aufwärts gekrümmten Kappen und dreiwinkligen Knöchellaschen. Auf dem Kopf trug er einen schmalkrempigen schwarzen Hut mit einer hohen, nach hinten abfallenden Spitze. Sein Gesicht war sanft und ruhig, beseelt nur von den funkelnden und ständig hin und her huschenden kleinen schwarzen Knopfaugen. Auf dem Tisch vor ihm stand ein voller Krug Bier, den er nicht angerührt hatte. Seine Körperhaltung war steif und sonderbar: seine Brust schien sich weder zu heben noch zu senken. Anhand dieses und anderer Zeichen erkannte Shimrod, daß hier Zagzig saß, der Shybalt von Xabiste, unzulänglich als Erdbewohner vermummt. Shimrod fiel auf, daß Zagzig es aus Nachlässigkeit versäumt hatte, sich des mittleren Paars seiner Mottenbeine zu entledigen, welche sich von Zeit zu Zeit unter dem grauen Stoff seines Kittels regten. Auch seinen Nakken hatte er nur nachlässig und unzureichend mit menschlicher Haut verhüllt: Shimrod sah deutlich den metallischen Schimmer eines Insektenpanzers.
    Shimrod entschied, daß, wie noch stets, die einfachste aller zu Gebote stehenden Wahlmöglichkeiten die beste sei: er würde warten und Zagzig im Auge behalten und schauen, was geschah.
    Als Fonsel, der Schankgehilfe, mit einem vollbeladenen Tablett an Zagzig vorbeiging, stieß er aus Zufall mit dem Ellenbogen gegen des Shybalts Hut, so daß dieser herunter und auf den Tisch fiel. Dabei kam nicht nur Zagzigs braune Haarmatte zum Vorschein, sondern auch ein Paar federähnlicher Fühler, die Zagzig zu entfernen vergessen hatte. Fonsel starrte den Shybalt mit weit offenem Mund an, während Zagzig wütend den Hut packte und ihn wieder auf seinen Kopf stülpte. Er raunzte den Burschen barsch an; Fonsel schnitt eine Grimasse, nickte hastig mit dem Kopf und hastete erschreckt davon, mit einem kurzen, bestürzten Blick über die Schulter. Zagzig schaute hastig hierhin und dorthin, um festzustellen, ob irgend jemand den Zwischenfall bemerkt hatte. Shimrod wandte hurtig den Blick ab und tat so, als betrachteer interessiert ein Regal mit alten blauen Tellern, das neben ihm an der Wand hing. Zagzig entspannte sich und lehnte sich in seinen Stuhl zurück.
    Zehn Minuten vergingen. Die Tür schwang auf; im Rahmen stand ein hochgewachsener Mann in schwarzen Kleidern. Er war hager, breitschultrig, straff und geschmeidig in seinen Bewegungen; seine Gesichtsfarbe war bläßlich, sein schwarzes Haar war über der Stirn gerade gestutzt und im Nacken zu einem Strang gerafft. Shimrod studierte den Neuankömmling mit Interesse; hier, dachte er, war ein Mann von flinker und rücksichtsloser Intelligenz. Eine Narbe, die sich quer über seine hagere Wange zog, unterstrich den Ausdruck von Bedrohlichkeit, den sein ohnedies schon grimmiges Gesicht vermittelte. Die Farbe seines Haars, sein bleiches Gesicht und sein hochmütiges Auftreten ließen Shimrod vermuten, daß der Neuankömmling ein Ska 9 von Skaghane oder aus dem Ska-Vorland war.
    Der Ska schaute sich im Raum um. Er blickte erst zu Shimrod, dann zu Zagzig, dann sah er sich erneut im Raum um, bevor er schließlich einen Tisch wählte und Platz nahm. Fonsel kam im Laufschritt, um sich nach seinen Wünschen zu erkundigen, und brachte ihm Bier, Sardinen und Brot.
    Der Ska aß und trank ohne Hast; als er fertig war, lehnte er sich zurück und taxierte abermals erst Shimrod, dann Zagzig. Sodann legte er eine Kugel aus dunkelgrünem Serpentin von einem Zoll Durchmesser, die an einer Kette aus feinen Eisengliedern befestigt war, vor sich auf den Tisch. Shimrod hatte derlei Kugeln schon einmal gesehen; die Ska-Patrizier trugen sie als Kennzeichen ihrer Kaste.
    Beim Anblick des Talismans erhob sich Zagzig von seinem Tisch und schlenderte zu dem des Ska.
    Shimrod winkte Fonsel zu sich. Shimrod sagte leise: »Dreh dich nicht um, Bursche, aber sag mir den Namen jenes

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