Lyra: Roman
gekommen war. »Und überall sonst hin geht es in die andere Richtung.«
»Ich muss nach Linie Swan «, sagte (Danny.
»Oh, Little Swan ist hier überall.«
»Es soll eine Straße geben.« Er kramte schnell nach dem zerknüllten Zettel, der irgendwo in seiner Hosentasche steckte, entfaltete ihn, las den Namen: »Antilla Road.« Er sah den Alten hoffnungsvoll an. »Haben Sie eine Ahnung, wo das ist?«
Der Blick des alten Mannes verfinsterte sich augenblicklich. »Antilla Road?« »Ja.«
»Du solltest da nicht hingehen, Junge.« Die zahnlose Stimme klang besorgt. Danny verkniff sich ein Schmunzeln. »Ich suche jemanden, der dort wohnt.« »Da lebt niemand.«
»Doch«, widersprach Danny ihm. »Ich bin mir sicher.« Für einen Augenblick beschlich ihn die Angst, dass Kramer ihn belogen haben könnte.
»Es geschehen seltsame Dinge in dieser Gegend«, warnte ihn der alte Mann.
»Können Sie mir sagen, wo ich diese Straße finde?« Mehr verlangte er doch gar nicht.
»Du solltest da nicht hingehen, Junge. Ehrlich.«
Okay.
»Was für Dinge meinen Sie denn?«
»Na, Dinge, die seltsam sind«, knurrte der Alte unheilschwanger. »Ich habe eine Verabredung.«
Der alte Mann beförderte eine neue Zigarette aus seiner Latzhose hervor. »Es ist nicht gut, dahin zu gehen.« Er zündete die Zigarette an und nahm einen tiefen Zug. »Ich helf dir nicht, dich ins Unglück zu stürzen.«
»Heißt das, Sie sagen mir nicht, wie ich den Weg finden kann?« Das war doch verrückt.
»Du musst den Weg allein finden.«
Danny starrte ihn an.
»Und wenn du Sachen siehst, dann tritt aufs Gas und verschwinde. Glaube nichts, auch wenn du es siehst.«
Hört sich nach Sherazade an, dachte Danny nur.
»In Hibbing gibt's 'n schönes Diner«, versuchte es der Alte erneut.
Doch Danny hatte das Interesse an dem Gespräch verloren.
Er ging zum Pick-up zurück.
Der alte Farmer sah ihm nur traurig hinterher.
Danny startete den Motor und fuhr los. Zum Abschied winkte er dem Alten nochmal zu, und dann rollte der Pick-up auch schon in die Richtung, die überallhin führte.
»Dinge, die seltsam sind«, hatte der Alte gesagt.
Danny kannte sich aus mit Dingen, die seltsam waren, vielleicht hätte er ihm das einfach sagen sollen? Während er die Route 53 zurückfuhr, dachte er an den Tag, an dem für ihn als Jungen High Noon gewesen war. Unausweichlich.
Er erinnerte sich, als sei es gestern gewesen...
Im Alter von vierzehn Jahren hatte er eines ruhigen Tages aufrecht und mit wild abgewetzten Cowboystiefeln und dem sperrigen Gitarrenkoffer samt Gibson den eleganten Salon von Ravenscraig betreten und mitten in der Mittagszeit, zu der Helen Darcy gewöhnlich zu ruhen pflegte, laut und deutlich und aggressiv wummernd Get Rhythm gespielt.
Danny hatte zu der Zeit schon eine tiefe Stimme, und er nuschelte und brummte die Worte, wie sein Vorbild es getan hatte. Es dauerte keine zwei Minuten, und Helen Darcy kam in den Raum gestürmt, außer sich vor Zorn.
»Das ist meine Gitarre«, verkündete Danny trotzig. Er hielt die Gibson wie eine Waffe.
»Du wirst auf diesem Ding nicht spielen.« Helen Darcy sah äußerst gereizt aus.
»Und wenn doch?« Er hatte keine Probleme damit, beim Reden weiterzuspielen.
»Daniel Darcy!«
Er spielte zwei Takte und sah seiner Mutter dabei fest in die Augen.
»Du kennst die Geschichte vom Mariachi«, sagte sie.
Danny dachte nur Fuckl, doch es geschah so schnell, dass er nichts anderes tun konnte, als sich fallen zu lassen. Er hatte gehofft, mit seiner Musik auf ihre Geschichte reagieren zu können. Was immer er aber zu tun vermochte, es reichte noch nicht an das Können seiner Mutter heran. Er hätte das wissen sollen, aber Geduld hatte noch nie wirklich zu seinen Tugenden gezählt.
Ob er die Geschichte kannte? Natürlich kannte er die Geschichte des rastlosen Mariachi. Sie war eine der Geschichten, die seine Mutter seinem Bruder und ihm schon viele Male erzählt hatte.
»Fuck!«, sagte er so laut, dass Helen Darcy es auch hörte.
Langsam, drängend kroch ihre Stimme aus seiner Erinnerung hervor.
Die Geschichte des rastlosen Mariachi.
Sie handelte von einem jungen Mann namens Don Diego, der in Mexiko auf der Suche nach seiner Geliebten war. Denn einst war Don Diego ein reicher Grundbesitzer gewesen. Doch dann wurde in der Hochzeitsnacht seine Braut Isabclla von einer Bande berüchtigter Banditen entführt. Niemand wusste, wohin man sie verschleppt hatte. Alle fürchteten sich vor den Banditen, die einem Mann
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