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Lyra: Roman

Lyra: Roman

Titel: Lyra: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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namens Zacatecas folgten.
    Und so wanderte Don Diego umher und suchte seine Isabclla.
    An einem verlassenen Ort namens La Campana, traf er schließlich auf eine Zigeunerin, die ihm eine Gitarre schenkte. Er würde seine Braut finden, wenn er in jeder Stadt, durch die er käme, ein Lied spielen würde. Denn dies sei eine magische Gitarre, eine, die Menschen nicht nur zum Tanzen, sondern auch zum Reden bringen konnte. Die Menschen, die der Melodie, die ein Mariachi auf dieser Gitarre spielte, lauschten, gaben ihre Geheimnisse preis, wenn er die richtigen Fragen stellte.
    Don Diego nahm die Gitarre und zog mit ihr los. Wenn er Menschen traf, so fragte er sie nach der schönen Isabella. Die Menschen fürchteten die Banditen des Zacatecas wie den Tod, doch wenn sie den Klang der Gitarre hörten, dann wurden ihre Zungen lose. Don Diego folgte der Spur. Nach wochenlanger Suche stieß er auf das Lager der Banditen in Otaez. Er trat mutig vor ihren Anführer und verlangte seine Braut zu sehen. Zu seiner Verwunderung rief Zacatecas sie sofort herbei, ohne Schwierigkeiten zu machen. Doch dann, als Don Diego seiner Isabella gegenüberstand, wandte sie sich voller Abscheu von ihm ab.
    Denn die Gitarre hatte ihm jedes Mal, wenn er auf ihren Saiten gespielt hatte, ein Stück seiner Jugend und ein Stück seiner Schönheit und ein Stück seiner Seele geraubt. Isabella erblickte nicht mehr das Gesicht ihres hübschen Don Diego, nein, sie sah einen hässlichen alten Mann mit faltigem Gesicht und gebeugtem Gang, der die knochige Hand nach ihr ausstreckte und ihr ein Lächeln schenkte, das voll fauliger Zähne war. Nicht einmal seine Stimme erkannte sie wieder, denn auch die Stimme hatte sich durch den Gesang verändert.
    Zacatecas trat auf ihn zu. Wenn Isabella aus freien Stücken mit ihm gehen wolle, so solle sie dies tun. Mitleid lebte in den dunklen Augen des gefürchteten Banditen.
    Don Diego verzweifelte. Denn Isabella erkannte ihn ganz und gar nicht mehr.
    Zacatecas schüttelte traurig den Kopf. Don Diego, so offenbarte er ihm, sei dem Zauber der Musik erlegen, aber er habe nicht verstanden, wovon sie sang. Es sei der uralte Fluch des Mariachi, dem er so bereitwillig gefolgt sei.
    Stille legte sich über das Lager der Banditen.
    Don Diego zertrümmerte die Gitarre, die er all die Monate mit sich getragen hatte. Dann zog er den Revolver und schoss Isabella in die Brust. Doch bevor er sich selbst das Leben nehmen konnte, packten die Banditen ihn und knüpften ihn am nächsten Baum auf.
    So endete die Geschichte, die Helen Darcy ihrem Sohn erzählte, als dieser acht Jahre alt war.
    Und nach all den Jahren reichte allein die Erwähnung jener Erzählung aus, um die Geschichte wieder mit Leben zu füllen.
    Ja, Danny kannte die Geschichte nur zu gut. Er begann die ersten Takte von All Along the Watchtower zu spielen, um seiner Mutter in einer Art verzweifeltem Duell gegenüberzutreten, doch lösten sich die Wände des Salons auf, und durch staubige Dämmerung erblickte Danny eine fremde Stadt. Weiß getünchte Häuser säumten eine sandige Straße, an deren Rändern Fackeln brannten.
    Danny wusste, dass dies alles etwas war, was seine Mutter für ihn erschuf, um ihn zu strafen. Die Finger wurden ihm lahm. Alt und faltig sahen sie mit einem Mal aus, und sie schmerzten, als würde ein Feuer unter der Haut lodern.
    Die Einwohner der kleinen Stadt starrten ihn an, als sei er eine Monstrosität. Mit jedem Schritt, den er ging, verwandelte er sich weiter in etwas, was kein Mcnsch mehr war.
    Ein Pulk von Menschen bildete sich um ihn herum. Danny, der ahnte, was sie vorhatten, versuchte zu fliehen.
    Ein Steckbrief wehte ihm um die Füße, und er bemerkte, dass jeder der Anwesenden einen solchen Steckbrief in der Hand hielt. Er zeigte sein Gesicht.
    Danny begann zu laufen. Der Mob kam ihm hinterher. Mit Fackeln jagten sie ihn. Er wusste, was sie mit ihm tun würden. Danny hatte Angst. Jemand packte ihn, wie in einem bösen Traum. Er stürzte, hustete, weil er Sand schluckte. Hände wie Klauen kamen über ihn, von überallher. Er spürte eine klebrige Hitze auf seiner Haut. Fürchterlich heiß brannte der Teer, aber Danny war zu kraftlos, um sich zu wehren. Sie traten ihn mit schweren Stiefeln und schlugen mit Stöcken auf ihn ein. Sie stopften ihm Dreck in den Mund, und er keuchte und spuckte. Der Mob war außer sich wie ein hungriges Tier, und Danny war nur ein Spielball der wütenden Menge, und alle Augenpaare waren die seiner Mutter.
    Stiefel

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