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Lyra: Roman

Lyra: Roman

Titel: Lyra: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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sauber, aber er wusste, dass es ein saubereres nicht geben würde, das gab es nie. Der Barkeeper versuchte höflich zu sein.
    Sie sind nicht von hier.
    Nein.
    Sie sehen durstig aus.
    Er leerte sein Bier.
    Von wo kommen Sie?
    Er deutete nach Osten, nach Süden, nach Westen und Norden.
    Wohin geht's?
    Überallhin.
    Auf der Durchreise?
    Ja. Es war an der Zeit, eine Frage zu stellen. Also stellte er die Frage, die er immer stellte. Allen, denen er begegnete. Die Frage nach der Lyra.
    Der Barkeeper beugte sich zu ihm herüber.
    Hatten Sie einen Traum?, fragte er.
    Der Fremde ohne Namen, der Danny Darcy war, lächelte. Haben wir den nicht alle?
    Allgemeines Nicken, die Stimmung lockerte sich.
    Ich meine einen ganz bestimmten Traum.
    Und schon begann der Barkeeper zu erzählen. Und der Fremde ohne Namen hörte zu.
    In den Sümpfen, da gibt es ein Haus. Man nennt es L Histoire. Ja, so heißt es.
    Der Fremde ohne Namen fragte nicht nach, weil Geschichten wie diese sich meist von allein erzählten.
    Chisum war der mächtigste Mann im Barataria-Sumpf. Seine Plantagen reichten bis hinauf nach Wetland. Er hatte eine Frau, die wunderschön war. Eines Tages gebar sie ihm eine Tochter. Sie nannten sie Jenny. Am Tag der Taufe kamen die Menschen von nah und fern zum Haus. Sie brachten Geschenke mit, überall an den Bäumen wehten bunte Bänder im Wind, und gelbe Vögel sangen ihre Lieder.
    Die Stimmung war ausgelassen, bis eine Voodoo-Priesterin auftauchte. Eine Pythonschlange wand sich ihr um die Schulter. Sie bat Chisum, gnädig zu sein an diesem wunderbaren Tag, der ihm so vieles Gutes brachte, und sie bat ihn, die Skia ven gehen zu lassen.
    Doch Chisum lachte nur und ließ die Hunde auf sie los. Bevor die Voodoo-Priesterin verschwand, sprach sie einen Fluch aus. Einen Voodoo-Fluch! Wie das Land, so sollte auch das Neugeborene zu leben aufhören, wie dem Land, so sollte auch dem Mädchen das Unglück widerfahren, wenn es zur Frau erblühte. Erst der Klang eines ganz bestimmten Liedes sollte sie wieder zum Leben erwecken. Gesungen von einem Helden, der sein Leben für sie hinzugeben bereit
    Dann wurde die Priesterin, so sagt man, eins mit der Pythonschlange.
    Sie wurde nie mehr gesehen.
    Der Barkeeper hielt inrie. Alle lauschten ihm. Der Fremde ohne Namen schwieg.
    Die Jahre vergingen. An ihrem fünfzehnten Geburtstag fuhr Jenny mit dem Boot hinaus in den Bayou. Sie war allein, obwohl ihr Vater ihr verboten hatte, allein in die Sümpfe zu gehen. Dort, wo später die Telegrafenmasten in den Himmel wuchsen, wurde sie von einer Baumwollspinne gebissen. Als sie L 'Histoire erreichte, war es zu spät.
    Sie starb?, fragte der Fremde ohne Namen.
    Nein, das tat sie nicht.
    Alle im Saloon wirkten bedrückt.
    Jenny fiel in einen tiefen Schlaf. Alle, die in L 'Histoire lebten, taten das. Die gesamte Plantage. Nur die Sklaven nicht. Sie gingen fort und waren von nun an frei. Doch alle anderen schlossen die Augen und erwachten nie wieder.
    So erzählt man es sich.
    Eine Dornenhecke wuchs aus dem Boden und schloss L 'Histoire ein. So ist es noch heute.
    Was habe ich damit zu schaffen ?, wollte der Fremde ohne Namen wissen. Es gab immer eine Art von Erlösung in Geschichten wie dieser. Ja, immer.
    Sie sind hier, weil Sie den Traum hatten. Alle, die herkamen, hatten diesen Traum.
    In den Jahren, in denen die Welt verrückt wurde und Schönheit und Wohlstand zu Staub zerfielen, kamen oft Männer wie Sie hierher. Sie kamen aus dem Osten und ritten westwärts. Sie kamen aus dem Süden und ritten nordwärts. Sie hatten einen Traum gehabt. Von einem Instrument, das sie spielten. Sie alle waren auf der Suche nach der Lyra und glaubten, dass sie die Schöne mit der Lyra erwecken könnten. Sie waren Fremde ohne Namen.
    Der Fremde ohne Namen nickte. Wie ich.
    Ja, wie du.
    Nennen Sie mich Alias, sagte Danny Darcy, der Fremde ohne Namen, der sich jetzt endlich einen Namen gegeben hatte, einen, der so gut war wie Hunderte andere. Er trank sein Bier aus. Wie komme ich nach L 'Histoire? Der Barkeeper erklärte es ihm.
    Danny nickte nur.
    Verließ den Saloon, in dem das Schweigen explodierte, sobald er ins Sonnenlicht getreten war.
    Er band Pferd und Maulesel los, sattelte auf. Er verließ die Stadt namens Riddle und tat, weswegen er hergekommen
    Suchen wir L 'Histoire. Finden wir die Lyra.
    Er konnte womöglich sehen, was all die anderen nicht gesehen hatten. In L Histoire musste es Hinweise auf die Lyra geben. Er würde sie finden, irgendwann. Und die Schöne

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