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Lyra: Roman

Lyra: Roman

Titel: Lyra: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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ein richtiger Fremder ohne Namen ließ er den Revolver zurück ins Holster gleiten. »Wie hat sie überhaupt hier auftauchen können?«
    »Du hast sie noch immer im Kopf«, sagte Calypso. »Weil deine Frau mit der Lüge kämpft. Erst wenn die Lüge fort ist, wird auch deine Mutter fort sein.«
    Er wusste, dass sie Recht hatte. Solange sie in der Lüge gefangen waren, hatte Helen Darcy ihn - sie beide - noch in der Hand. Er beschleunigte seine Schritte.
    »Lass uns gehen.«
    Calypso hatte nichts dagegen.
    Er trat einen Schritt vor und...
    ... die Mondmoore zerflossen zu einer Wohnung, klein und schäbig. Es war kalt, und es roch nach abgestandenem Zigarettenrauch. Auf dem Boden häuften sich Zeitungen und Müll.
    Danny fühlte sich rastlos und unruhig, wie damals, als er Ravenscraig verlassen hatte und nach Paris und Prag gegangen war. Er musste fort hier. Das war das einzige Gefühl, das ihn vereinnahmte.
    Calypso stand neben ihm und schaute sich um.
    »Deine Wohnung?«
    »Nein.«
    Eine Frau betrat die Küche, seine Frau. Sie war jünger, aber er erkannte sie wieder, keine Frage. Sie sah ein wenig wie Sunny aus, nur anders. Ihre Augen waren anders.
    Es war Amber Sutcliffe.
    Sie warf ihm einen missbilligenden Blick zu, den er erwiderte. Er spürte, dass dies der Blick war, den sie einander gewöhnlich zuwarfen. Alles, was ihre Beziehung ausmachte, lag in diesem Blick.
    Die Wohnung war klein. Zu klein für zwei Personen.
    Irgendwo schrie ein Kind.
    Zu klein für drei Personen.
    »Komm!« Calypso führte ihn einen Raum weiter.
    Ein Kinderbett stand dort. Das Baby, das darin lag, streckte die Arme aus, als es Danny sah. Es gluckste und strampelte mit den Füßen. Es roch nach Vanille.
    »Das ist Sunny«, flüsterte er.
    Calypso beugte sich über das Bettchen und lächelte.
    »Was ist das hier?«
    Danny betrachtete seine Hände.
    Er ging zu einem Spiegel.
    »Das bin nicht ich«, stellte er besorgt fest.
    Er war unrasiert, und die Augen, in die er blickte, waren rastlos und ohne Wärme. Unruhig schauten sie sich um. Eine Tür schlug zu. Amber war gegangen.
    »Ihr Vater hat die Familie verlassen, als sie noch ein Baby war.« Er ging in der Wohnung auf und ab. Sie war eng und wurde immer enger.
    Amber war kurz auf dem Dachboden, der allen Mietparteien gehörte, um die Wäsche aufzuhängen. Gedanken schössen ihm durch den Kopf, die nicht seine waren.
    Schreib ihr einen Zettel und dann verschwinde. Du weißt, dass Joe dich bis nach Chicago mitnehmen kann. Von da aus geht's überallhin. Die Welt gehört dir, Junge. Was willst du mit dieser Frau, die nur jammert, und dem Mädchen, das nur schreit. Sie werden einen anderen Kerl finden, der sich um sie kümmert.
    Er seufzte.
    Also mach dir keine Gedanken. Geh einfach. Warte nicht ab, bis sie die beschissene Wäsche aufgehängt hat. Zieh deine Jacke an und verschwinde, Solange du Zeit hast.
    Danny rieb sich die Augen.
    Er ging zu dem Baby zurück.
    Never been so easy or so slow.
    »Du wirst mal so verdammt hübsch sein«, sagte er leise. »Und du wirst den Männern den Kopf verdrehen.« Calypso beobachtete ihn, sagte aber nichts.
    »Am Ende wirst du einen üblen Tunichtgut aus Schottland heiraten.« Er musste lachen. »Einen Musiker.« Ihr Leben flammte vor ihm auf, und er fragte sich, was er tun sollte.
    Er dachte an Jenny, die bald geboren werden würde. Dann würde ein Baby im Leuchtturm wohnen. Hatte es so was schon gegeben? Nicht oben in Duluth, wo sie das Ufer nur Küste nannten.
    Wow.
    Vergiss es.
    Da war sie wieder, die Stimme, die nicht ihm gehörte.
    Geh durch die Tür. Suzanna braucht dich nicht. Sie wird dich vergessen, so klein ist sie. Sie ist wunderschön, dachte Danny.
    Scheiß drauf, ließ die Stimme nicht locker. Sie weiß nicht mal, wer du bist. Die Kleine hielt erneut die Arme hoch.
    Danny hielt die Hand ins Kinderbettchen, streckte den Zeigefinger aus, die Kleine ergriff ihn sofort.
    »Ganz schön fester Händedruck«, bemerkte er.
    Calypso sah besorgt aus. »Wir sollten jetzt weiter«, schlug sie vor.
    »Was soll ich tun?«
    »Du bist Danny Darcy, nicht der Vater dieses Kindes.«
    »Ja«, stammelte er, »ich weiß.«
    Er ging einen Schritt zurück, blieb stehen.
    Nein, er konnte das nicht tun.
    Hau schon ab, Mann. Du wirst alt werden in dieser Scheißwohnung, und das war's dann, /lus der Traum. Die Highschool ist nicht alles gewesen, da wartet ein Leben auf dich.
    Er betrachtete ein Foto von Amber.
    Andere Weiber, lockte ihn die Stimme.
    »Du musst gehen«,

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