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Lyra: Roman

Lyra: Roman

Titel: Lyra: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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sagte Calypso, »das ist die Prüfung.«
    Er schüttelte den Kopf. »Vielleicht liegt es an mir, mich richtig zu entscheiden.« Er konnte dieses Kind nicht alleinlassen, nein. Es war falsch, ach, so was von falsch. »Du bist nicht ihr Vater.« Calypso fasste ihn am Arm. »Das da ist nicht Jenny.« Er blinzelte. Jenny.
    Ja, er musste zu Jenny.
    Verdammt.
    Er warf dem Baby einen letzten Blick zu. »Du wirst glücklich sein«, sagte er. »Irgendwann.«
    Und dachte: Du wirst ein höllisches Temperament haben. Du wirst mit Sachen um dich werfen, wenn du wütend bist, und andauernd den Schlüssel vergessen; du wirst deinen Geldbeutel suchen und nie wissen, wie viel Uhr es ist, weil du es hasst, eine Uhr am Handgelenk zu tragen. Du wirst gern lachen und Geige spielen; du wirst Zettel an Schwarzen Brettern lesen und deinen Weg gehen; du wirst im Sommer ohne Schuhe herumlaufen, weil du es nicht magst, wenn deine Füße gefangen sind. Ja, kleine Sunny, du wirst deinen Weg gehen.
    »Bis nach Louisiana«, flüsterte er.
    Und das brachte ihn zurück.
    Schweren Herzens verließ er den Raum, die Wohnung. Er öffnete die Tür und stand in einem Treppenhaus, das schäbig war und laut. Er ging hinein, lief die Treppe hinunter.
    Like a complete unknown.
    Er wusste, er würde nie mehr zurückkommen.
    Like a rolling stone.
    Als er nach draußen auf die Straße ging, da betrat er...
    ... eine Kneipe.
    Er war ein alter Mann und allein.
    AH the tired horses in (he sun,
    How m I supposed to gel any ridin' done?
    Er schüttete das sechste Budweiser in sich hinein, hustete, zündete eine Zigarette an. Damals, daran konnte er sich noch gut erinnern, war er ein Musiker gewesen. Er hatte in einer Band gespielt, einer Band namens Dylan's Dogs. Sie hatten einige Alben aufgenommen und waren erfolgreich gewesen. Er hatte eine Frau und eine Tochter.
    Things have changed.
    Die Frau hatte sich scheiden lassen, als die Tochter das College begonnen hatte. Und als Jenny das College beendet hatte, da hatte sich Suzanna, seine Exfrau, von ihrem nächsten Mann, seinem Nachfolger, scheiden lassen.
    Die Jahre waren vergangen.
    Blood on your saddle.
    Er war älter geworden.
    Nichts war ihm geschenkt worden.
    Die Tochter, die aussah wie seine Exfrau, sprach nicht mehr mit ihm, weil sie sich gestritten hatten. Keinen Satz mehr konnten sie miteinander reden, ohne sich die Köpfe einzuschlagen.
    Du bisi am Ende, hörte er eine Stimme wispern, du hast es dir mit allen verscherzt. Du warst nie da, wenn deine Tochter dich gehraucht hat, du hast deine Frau alleingelassen, wenn du dich mit den Flittchen nach den Konzerten vergnügt hast. Weißt du noch, das war die Zeit, als Jenny klein war. Du bist auf deine Art und Weise abgehauen. Ja, die feine englische Art. Wir trennen uns nicht, wir lassen uns nicht scheiden, ich mach nur mit den Weibern rum, den Groupies, die 's mit jedem machen, der berühmt ist.
    Er schloss die Augen.
    Sie haben immer nur den Erfolg gefickt, niemals dich. Das weißt du jetzt.
    Was war das? Würde er so enden?
    Sunny hat sich von dir getrennt, und du hattest nie den Schneid, um sie zu kämpfen.
    Er betrachtete die Bierflasche in seiner Hand.
    Jetzt säufst du und jammerst und hast das meiste Mitleid mit dir selbst. Hey, darüber solltest du einen Song schreiben. Den würde vielleicht nochmal jemand hören wollen.
    Du bist ein jämmerlicher...
    Er nahm die Bierflasche und warf sie gegen die Wand. Dann stand er auf und verließ die Kneipe.
    Er trat hinaus in eine Wüste, die leer war.
    Dragon clouds so high above.
    Calypso stand bei ihm.
    »Bist du jetzt mutig?«, fragte sie.
    Er wusste nicht genau, was sie meinte.
    »Was haben Sie gesehen?«, wollte er von ihr wissen.
    »Schlimme Dinge.«
    »Aber... wir waren doch zusammen.« Hätte er diese Dinge denn nicht auch alle sehen müssen?
    »Ja, ich war bei dir«, sagte Calypso, »aber was ich gesehen habe, waren andere Dinge. Jeder muss seine eigenen Prüfungen ablegen, so funktioniert das nun einmal.« Sie erwähnte ein Waisenhaus und Ströme von Blut, ihre Flucht in den Dschungel und ein Grab, dessen Grabstein zu klein und ganz unbeschriftet war. »Aber das ist nicht wichtig«, sagte Er blinzelte ins gleißende Sonnenlicht.
    »Was«, fragte er, »ist denn dann wichtig?«
    Sie stupste ihn an. »Dass ein Mann tut, was ein Mann tun muss.«
    Er nickte.
    Eine Tür schälte sich aus dem Sand heraus. You 're gonna make me wonder what I 'm doin'. »Aber wir haben die Lyra nicht gefunden.« »Sie wird

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