M A S H 02 - in der Heimat
Harbor herrschte die Meinung vor, Flocki Moore könne vermutlich auch auf dem Wasser wandeln. Alle anderen Ärzte hatten nur deshalb Patienten, weil niemand, nicht mal Fiocki, sich um alle kümmern konnte. Etwa bis zu ihrem vierzehnten Lebensjahr sprachen die Einwohner von Spruce Harbor Dr. Moore als Dr. Flocki an. Ab der Pubertät nannten sie ihn nur mehr Flocki. In jedem Geschäft, in jeder Garage, wo immer er sich zeigte, hieß es: »Heia, Flocki! Wie geht’s denn immer, Flocki?« Er hätte davon leben können, bei einem Rundgang durch die Stadt nur alle jene Kinder zu fotografieren, bei denen er Geburtshelfer gewesen war. »Dr. Moore« hieß er nur in der Sprechanlage des Krankenhauses. Die Telefonistin Smyrna Boggs rief aus: »Dr. Moore, bitte zum Telefon«. Antwortete er aber nicht sofort und hielt Smyrna den Anruf für dringend, brüllte sie einfach: »Flocki, bitte rasch zum Apparat!«
Obwohl manche seiner Kollegen auch abends und an Samstagen ordinierten (eine fürchterliche Gewohnheit, die sich bis heute in manchen ländlichen Gegenden hält), verbrachte Dr. Moore nur vier Nachmittage in seinem Sprechzimmer. Wieso Flocki dann mehr Kranke verarztete als jeder andere Doktor von Spruce Harbor?
Ganz einfach. Flocki ordinierte überall. Das ging manchen Leuten auf die Nerven, besonders den Golfern, die sich dagegen sträubten, daß Flocki seine Sprechstunden auf dem Golfplatz abhielt. An einem durchschnittlichen Tag fertigte Flocki einen Patienten pro Hole ab. Er berechnete dasselbe Honorar wie in der Sprechstunde, weil er behauptete, die ärztliche Tätigkeit lenke ihn vom Golf ab, dadurch gingen einige Schläge daneben und schmälerten seinen Gewinn. Seine Gegenspieler, die ihn dauernd zu besiegen versuchten, beschwerten sich allerdings, daß sie sich wegen der Patienten schlechter konzentrieren könnten als Flocki.
Flocki Moore war einer der wenigen ernstzunehmenden Golfer, in dessen Golftasche und Wagen Zungenspachteln, eine Taschenlampe, ein Ohrenspiegel, ein Augenspiegel, ein Hörrohr, Pennicillinampullen, eine Reihe von Antibiotika zum Einnehmen, sterile Handschuhe, Material für Wundnähte, ein Mastdarmspiegel, ein Vaginalspiegel plus jener Utensilien steckte, die für gynäkologische Abstriche nötig waren. Das sechste Hole in Spruce Harbor war allgemein als Flockis Ordination bekannt. Dort gab es einen geschützten, stillen gedeckten Regenunterstand ohne Seitenwände, dafür aber mit einer breiten Bank, die Flocki als Untersuchungstisch benützte. Hier führte er die genauesten Golfplatzuntersuchungen durch. Er untersuchte entzündete Bäuche, blutende Hämorrhoiden, und zwischendurch schob er auch die eine oder andere gynäkologische Untersuchung ein. Die einheimischen Golfer wahrten den nötigen Respektabstand zu dieser Ordination, doch wenn sich die Sommerplagen auf dem Golfplatz tummelten, kam es zu peinlichen Situationen. Eine männliche Sommerplage überraschte Flocki bei einer Mastdarmspiegelung. Er hat nie wieder in Spruce Harbor Golf gespielt. Eine andere Sommerplage, eine mütterliche Vierzigerin, ließ sich einen Monat nicht mehr auf dem Platz blicken, nachdem Flocki sie zu Hilfsdiensten bei einer Unterleibsuntersuchung an einer jungen Dame beordert hatte, bei der er eine Entzündung vermutete.
Alle beklagten sich bitter über Flocki Moore, aber kaum war einer krank, wollte er keinen anderen Arzt als Dr. Moore und ließ sich von ihm behandeln, wo immer es sich schickte. Deshalb warteten bei Flockis Eintreffen zumeist schon fünf bis sechs Patienten im Klubhaus. Sie murrten zwar, wenn sie ihm ihre Krankheiten schildern mußten, während er seine Pluspunkte addierte, aber sie fügten sich. Wenn Flocki sich entschloß, eine Patientin in der Damengarderobe zu untersuchen, beschwerten sich die Damen, aber meist wurde jene, die am lautesten protestiert hatte, eine Woche später ebenfalls dort untersucht.
»Wie komme ich dazu, Ihnen hierher nachzulaufen, Flocki«, wehklagten alle Golferinnen.
»Gehen Sie zu einem anderen. Sie brauchen mir überhaupt nicht nachzulaufen. Ich lege keinen Wert darauf«, war Flockis Antwort.
Der Golfplatz war nicht Flockis einzige Außenstelle. Wenn Flocki in Chesuncook fischte, kamen ihm die Kranken im Boot nach. Ging Flocki auf Kaninchenjagd, so fand er bei seiner Rückkehr wartende Patienten neben seinem Kombi oder Lieferwagen vor. Flocki betrieb zwar Sport, aber er war immer im Dienst.
Flocki beobachtete Hawkeye Pierce sehr genau. Da er alles wußte, war er
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