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M A S H 02 - in der Heimat

M A S H 02 - in der Heimat

Titel: M A S H 02 - in der Heimat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Hooker
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Sprechen fiel ihm schwer. Er legte mir seinen mächtigen Arm um die Schultern, rang nach Luft und krächzte: »Kränk dich nicht, Hawkeye.«
    Ich entfernte mich hastig und hilflos. Der Elch tröstete mich. Er wußte bestimmt, daß es mit ihm aus war. Er war bereit, sich von mir tranchieren zu lassen, wenn er damit ein bißchen Zeit gewann, seine Kinder heranwachsen zu sehen, und weil sonst auch alle unglücklich wären, wenn er sich einfach kampflos hinlegen und sterben würde.
    Die Tage vor der Operation bewiesen deutlich, was für eine wichtige Rolle Jonas Lord in meiner Gegend spielte. Zwar besaß er weder Geld noch Reichtümer, dafür aber hatte er Freunde. Meistens zeigten die Leute für die Operation eines anderen nur krankhafte Neugier. Insgeheim erhofften sie das Schlimmste. Aber diesmal war es nicht so. Die wenigsten stellten Fragen. Sie lächelten und winkten. Das Losungswort schien »Viel Glück am Montag« zu heißen.
    Am Sonntag spielte ich Golf und ging anschließend zu einem Picknick am Strand, ohne mich gut dabei zu unterhalten. Ich war nervös wie vor einem Footballspiel. Am Abend las ich weitere Artikel über Luftröhrenkrebs und ging früh zu Bett.
    Für gewöhnlich frühstücke ich in Winks Imbißstube in Port Waldo. Unter den Frühaufstehern finde ich fast immer Leute, mit denen ich als Kind die Schulbank gedrückt habe. Im allgemeinen herrscht beim Frühstück ein fröhlicher Ton, man neckt sich, wettet über den Ausgang von Ballspielen und so weiter.
    Als ich vor Elchs Operation Winks Lokal betrat, sagte keiner mehr als »Guten Morgen«. Einige nickten und lächelten mir zu. Ich aß Schinken mit Ei und überflog den Sportteil der Zeitung. Die Kellnerin war meine Cousine Eunice Pierce. Der Kontakt zwischen uns war nie besonders eng gewesen, andererseits aber sind wir uns auch nicht so fremd, daß sie mich »Doktor« nennt. Diesmal aber sagte sie, als ich zahlte: »Alles Gute für heute, Doktor«. Auf dem Weg zur Tür hielt mich eine bekannte Stimme auf. »Heia, Hawkeye.«
    Es war ein alter, guter Freund. »Wir beten heute alle für dich und den Elch«, sagte er und wandte sich schnell wieder seinem Kaffee zu.
    Während der Fahrt nach Spruce Harbor überlegte ich. Die Lage war ungewöhnlich. Die Leute hofften für den Patienten, aber auch für den Arzt. Ich konnte es brauchen. Verschiedene Gedanken gingen mir durch den Kopf. Ich erinnerte mich, wie der Elch und mein alter Herr mich beim Football mit Zurufen angefeuert hatten. Ich erinnerte mich an jenes einzige Mal, wo der Elch den Staat Maine verlassen hatte. Er und der Große Benjy fuhren mit einer Ladung Hummer nach New York, um meiner Promotion beizuwohnen.
    Auf halbem Weg nach Spruce Harbor wollte ich den Wagen schon nach Kanada lenken, aber ich tat es nicht. Ich beruhigte mich. Die Nervosität verflog, und mein Gehirn arbeitete wieder klar.
    Es war ein anstrengender Vormittag. Gleich zu Beginn der Operation bemerkten wir, daß die Krebswucherungen größer waren, als wir gedacht hatten.
    »Nichts zu machen. Hawkeye. Nähen wir ihn wieder zu«, riet Joe Berry.
    »Nein. Heute gebe ich nicht auf. Ich werde die Metastasen entfernen. Lieber soll er mir unter dem Messer sterben, als daß ich ihn zurück ins Bett schicke, damit er langsam erstickt. Zumindest möchte ich das nicht.«
    Endlich waren wir fertig. Wir hatten den größten Teil der Luftröhre und den Kehlkopf entfernt und die rechte Halsseite total ausgeschnitten. Blutdruck und Puls des Elchs waren nicht abgerutscht. Er hatte zwei Liter Blut erhalten. Es waren keine sichtbaren oder greifbaren krebskranken Gewebeteile zurückgeblieben.
    Nach fünfstündiger Schwerarbeit kam ich erschöpft und euphorisch aus dem Operationssaal. Ich war schon zu lange in dem Beruf, um mich für einen Wundertäter zu halten und wußte genau, daß das Übel irgendwo wieder zum Vorschein kommen mußte. Aber alle heiligen Zeiten einmal geschieht ein Wunder, und ich begann, gegen alle Vernunft, zu hoffen. Vielleicht war der Elch die Ausnahme von der Regel. Zumindest aber war er nun wieder imstande zu atmen und würde noch ein Weilchen länger leben. Eine Gnadenfrist war immer noch besser als nichts.
    Am Abend erwachte der Elch aus der Narkose. Er sah mich an. Sofort erschien wieder das breite, verflucht dumme Lächeln auf seinem Gesicht. »Wir haben’s geschafft, Elch«, sagte ich. »In zwei Wochen darfst du nach Hause.« Seine Augen lachten mich an.
    Ich sprach mit Martha und dem jungen Jonas. Wir hätten

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