M A S H 02 - in der Heimat
flüsterte er und hielt mir die Hand hin.
Ich schüttelte sie, sagte »Wiedersehen, Elch« und wandte mich zum Gehen. Dann drehte ich mich um und setzte mich nochmals zu ihm.
»Mach’s gut, Elch. Bevor du gehst, sollte ich dir bestimmt noch sagen, wieviel du mir immer bedeutet hast. Aber das weißt du ja, also brauche ich keine lange Reden zu halten.«
Sein Arm, der längst nicht mehr breit und kräftig war, schlang sich um meine Schulter und drückte sie.
»Geh nach Hause, Hawk«, sagten seine stummen Lippen.
Gegen Ende meiner Heimfahrt senkte sich eine gewisse Ruhe über mich. Wir hatten uns tapfer geschlagen. Der Elch war zufrieden. Er würde sein Weihnachtsfest genießen. Ich wollte dasselbe tun.
Nachdem alle Geschenke ausgepackt waren, gingen Mary und die Kinder zur Kirche. Sie forderte mich nicht auf mitzukommen, aber als sie fort waren, folgte ich ihnen nach. Ich setzte mich in die letzte Reihe zu meiner Familie. Die erstaunten Blicke der Gläubigen erinnerten mich, daß ich nicht mehr in der Kirche gewesen war, seit Elch Lord Martha Hobbs geheiratet hatte. Drei Reihen vor uns saß Martha Lord mit ihren fünf Kindern.
Am nächsten Tag um drei Uhr früh läutete das Telefon neben meinem Bett.
»Dr. Pierce?«
»Ja.«
»Mr. Lord ist soeben verschieden.«
»Danke für die Nachricht.«
Ich kleidete mich an und sah aus dem Fenster. Draußen war Flut. Ich fuhr zum Haus meiner Eltern und hämmerte gegen die Tür.
Der Große Benjy öffnete mir.
»Der Elch?« fragte er.
»Ja. Fährst du mich zur Insel?«
Es hatte minus zehn Grad. Die Nacht war klar. Am Himmel stand der Vollmond. Das Hummerboot knirschte durch die Eisdecke an der Anlegestelle, und in wenigen Minuten hatten wir die Indianerinsel erreicht.
Martha und die Kinder hatten unseren Motor gehört und kamen uns zum Landesteg entgegen.
»Jonas ist vor einer Stunde gestorben, Martha.«
Sie antwortete nicht sofort. Dann sagte sie: »Danke, Hawkeye. Ich danke dir für alles. Kommt doch rein und trinkt eine Tasse Kaffee.«
»Ich mag keinen Kaffee«, brummte mein Alter. »Was können wir für dich tun, Martha? Du brauchst es nur zu sagen.«
»Im Augenblick ist für alles gesorgt, Benjy«, versicherte sie ihm. »In den nächsten Tagen werden wir wohl ein bißchen Hilfe nötig haben, aber ich sage es dir, wenn es soweit ist.«
»Danke, Hawkeye«, sagte der Sohn des Elch.
Der Große Benjy und ich stiegen wieder ins Boot. Es war völlig windstill, und die Bucht schimmerte im Mondlicht. Nur unser Motor zerriß die Stille, als Benjy das Boot ins offene Meer steuerte.
»Wohin fährst du?« fragte ich.
»Nirgends hin.«
Nach etwa einer halben Meile stellte er den Motor ab und entkorkte eine Flasche Old Bantam Whisky. Wir ließen uns treiben. Weiter unten im Süden erkannte ich die Wrackinsel. Wir sprachen kein Wort, tranken nur ab und zu einen Schluck und rauchten.
Dann war mir, als hörte ich etwas. Der Große Benjy spitzte die Ohren, also hatte er es auch gehört. Er sah ganz verstört aus.
Ich kletterte aus der Kajüte. Mein Blick folgte einem Mondstrahl, der von unserem Boot direkt zur Indianerinsel lief. Am Ende des Lichtschaftes standen Martha und ihre Kinder auf den Klippen vor dem Haus. Sie sangen die Lieblingshymne des Elch:
Brüder, kommt zum Flusse,
zum wunderschönen Flusse,
wo alle Heiligen sind.
Leise, langsam und voll Ehrfurcht sagte der Große Benjy Pierce: »Laß gut sein, Boy. Das Lied des Elch erklingt noch immer über dem Meer.«
9
Vier Monate vor Eröffnung der Klinik und der Fertigstellung des neuen Allgemeinen Krankenhaus von Spruce Harbor traf Trapper John Mclntyre ein. Er hatte der Großstadt endgültig Lebewohl gesagt und wollte sich ganz der Planung und Ausstattung der Herzstation widmen.
Drei Tage nach seiner Ankunft kündigte Lucinda Flott ihre Stelle als Sekretärin bei Dr. Pierce an.
»Trapper scheint ein tolles Tempo vorzulegen«, sagte Hawkeye mit erzwungener Munterkeit.
»Ich mag ihn sehr und will bei ihm sein und mit ihm arbeiten und es mir gut gehen lassen.«
»Vaya con Dios , Kleine. Hat Trapper schon eine Bleibe?«
»Ach ja«, zwitscherte Lucinda. »Wir werden auf der Diebesinsel zelten.«
»Das muß im Sommer sehr amüsant sein«, sagte Hawkeye.
»Nicht nur im Sommer. Trapper will einen Ofen aufstellen, wie er ihn in Korea gehabt hat und einen Holzboden legen und eine Kochmöglichkeit schaffen und einen Eisschrank und noch verschiedene Hilfsmittel, und wir wollen das ganze Jahr über dort
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