Macabros 005: Die Schreckensgöttin
ich mir, du könntest sie
kennenlernen.«
»Ich werde mich darum bemühen. Bei meinem nächsten
Abstecher nach New York mache ich einen Besuch im Verlag und dann
werde ich dir mitteilen, wie sie aussieht.«
Carminia Brado murmelte irgend etwas vor sich hin, streckte ihm
dann die Zunge heraus und verschwand in der Küche.
Sie merkte nicht, wie Hellmark ihr nachkam. Er stand
plötzlich hinter ihr, riß sie herum, und sie kam nicht
einmal mehr dazu, überrascht aufzuschreien. Sein Mund
preßte sich auf ihre Lippen.
Hellmark verließ kurz darauf das Haus und fuhr mit seinem
Lamborghini in die Stadt zum nächsten internationalen
Zeitschriftenkiosk. Dort bekam er die Times, die das Geschehen vom
gestrigen Tage in einem ausführlichen Bericht brachte.
Björn versuchte nach seiner Rückkehr in sein Haus
telefonischen Kontakt mit dem Kensington Hotel in London zu bekommen.
Er kam nicht durch. Immer mehr Fragen drängten sich ihm auf.
War die Angelegenheit wichtig für ihn oder war es unsinnig,
sich um sie zu kümmern?
»Ich würde mich an das letztere halten«, meinte da
die Stimme Al Nafuurs in ihm.
»Was weißt du darüber?« hakte Björn
sofort lautlos nach, während er auf der Bank am Swimmingpool
saß und die Sonnenstrahlen auf seinem Gesicht spürte.
»Nichts. Aber deine Überlegungen sind richtig. Du denkst
über gewisse Dinge schon anders. Du fühlst dich nicht als
Außenstehender, du denkst nicht einfach, daß dich dies
oder jenes eigentlich gar nichts angeht. Wo etwas geschieht, das
nicht mit rechten Dingen zugeht, mußt du hellhörig werden.
Wer dieser Mister L. war, kann ich dir sagen. Er lebt in London und
heißt Edgar Laughton.«
Aus, mehr kam nicht, obwohl Björn Hellmark in sich
lauschte.
So erging es ihm oft.
Wie ein Spuk war Al Nafuur plötzlich da. Und er teilte etwas
mit, warf ihm einen Brocken hin. Aber damit hatte es sich auch schon.
Ganz selten gab er eine nähere Erklärung ab.
Der Magier aus Xantilon, der seinen eigenen Worten nach ein
Unsterblicher war, wußte mehr, als er zugab. Dieser Eindruck
verstärkte sich in Björn immer mehr.
Mister L. – Edgar Laughton.
Nichts in Hellmarks Leben geschah mehr zufällig. Alle Dinge
hatten ihre Bedeutung.
Er gab sich einen Ruck.
»Kleines Reisegepäck, Schoko«, rief er in das Haus,
noch ehe er die Schwelle von der Terrasse zum Haus überschritten
hatte.
»Du willst nach New York?« fragte sie zurück.
»So schnell?«
»Ich fliege nach London.«
»Aber weshalb?«
»Um etwas herauszufinden. Ich hab’ das Gefühl, wenn
ich mich nicht darum kümmere, wird etwas anderes geschehen, was
mich aufrütteln wird.«
»Das verstehe ich nicht, Björn.«
»Ich auch nicht, Schoko. Es gibt vieles, das ich nicht
verstehe, und doch beschäftige ich mich damit. Sobald ich in
London bin, rufe ich dich an.«
Sie seufzte. »Und was fang’ ich mit dem Tag
an?«
»Gestern ist ein Zirkus nach Genf gekommen. Einer der
besonderen Art. Ein indischer Zirkus, der besonders wegen seiner
ungewöhnlichen Artisten beachtens- und sehenswert sein soll. Ein
Zirkus dieser Art war noch niemals in Europa. Vielleicht besorgst du
dir für die heutige Abendvorstellung eine Karte?«
»Keine schlechte Idee«, nickte sie. »Obwohl das
kein Ersatz ist. Du wärst mir lieber.«
Vierzig Minuten später war die Privatmaschine Hellmarks
aufgetankt und zum Start freigegeben.
Die zweistrahlige Düsenmaschine mit der Aufschrift
»Feuervogel« stieg wie ein dunkler Pfeil schnell in den
blauen Himmel, schrumpfte schnell zu einem winzigen Punkt und
verschwand am Firmament.
Björn Hellmark war auf dem Wege nach London.
Es zog ihn wie ein Magnet dorthin.
*
Carminia Brado aß an diesem Mittag nur wenig. Sie schlug
sich ein Ei in die Pfanne und aß dazu eine Scheibe
Weißbrot.
Gegen zwei Uhr blätterte sie die Zeitung durch und fand auf
Anhieb die großformatige Reklame des indischen Zirkus.
Es gab eine Sondertelefonnummer, unter der man Karten bestellen
konnte.
Die Brasilianerin bestellte einen Logenplatz. Dann machte sie sich
zurecht, um einen Bummel durch die Stadt zu machen.
Sie war auf dem Weg zur Garage, wo im Sonnenlicht der weiße
300 SEL leuchtete.
Sie fuhr auf die Straße hinaus und stellte den Wagen am
Straßenrand ab. Dann stieg sie noch einmal aus, um die Garage
abzuschließen. Wenn niemand zu Hause war, mußte alles
rundum abgesichert sein.
Normalerweise funktionierte das Tor automatisch. Doch die
elektronische Anlage war defekt. Eine Firma war beauftragt,
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