Macabros 014: Knochensaat
Möbeln
und Teppichen eingerichtet war.
Wenn Björn diesen Teil des Hauses aufsuchte, dann bedeutete
das, das er über den magischen Spiegel zu den
Geister-Höhlen wollte.
Tausende von Meilen wurden im Bruchteil eines Atemzuges
überwunden. Die Grenzen zwischen Raum und Zeit wurden durch
diesen Spiegel verwischt. Einst war er für ganz andere Zwecke
benutzt worden.
Durch ein außergewöhnliches Geschehen jedoch hatte er
dieses Exemplar für sich nutzbar gemacht.
Sein Aufenthalt hier unten war heute jedoch nicht dazu gedacht,
nach Marlos zu gehen. Dort liefen die Dinge nach Plan. Er hatte den
Auftrag dort Unterkünfte zu errichten. Es ging nur langsam vor
sich. Rani Mahay, der Koloß aus Bhutan, erstellte einfache
Häuser, in denen sich bei den dort herrschenden klimatischen
Bedingungen bequem leben ließ.
Die momentan anfallenden Arbeiten konnten sie noch allein
bewerkstelligen. Aber es würde die Zeit kommen, da brauchte er
Ingenieure und Techniker, welche Kraftwerke und Anlagen schufen, um
den Weg zu ebnen für diejenigen, die mal hier leben sollten.
Marlos sollte eine bewohnte Welt werden. Hier war jeder, der durch
Dämonen bedrängt wurde, frei. Er, Hellmark, war der Herr
von Marlos, ohne irgendwelche Herrscherpflichten im
herkömmlichen Sinn auszuüben.
Doch das alles lag noch in weiter Ferne und erforderte im Moment
keine Entscheidung.
Wichtig allein war in diesem Augenblick die Sache mit der
rätselhaften Krankheit und das Geheimnis um den Ort, an dem
James Owen gewesen war.
Ehe Hellmark sich ausführlich mit den Tagebucheintragungen
befaßte, rief er in jenem Hospital in Southampton an, in das er
Phil Anderson eingeliefert hatte und in dessen Isolierstation die
Aigens mit Schrecken ihrem weiteren, unentrinnbaren Schicksal
entgegensahen.
Hellmark erkundigte sich nach dem Befinden Phil Andersons. Die
Operation lief noch, man konnte nichts sagen. Er verlangte, mit Dr.
Hiller verbunden zu werden. Dr. Hiller war jener Arzt, der die Aigens
persönlich betreute und die fremde Krankheit mit all ihren
Risiken erforschte.
Hellmark sprach die Erfahrungen, die er im Haus der Owens als
Macabros gemacht hatte, als Vermutungen aus. Er sprach freiweg von
den zu Skeletten werdenden Personen und mußte sich
zunächst erst mal einen scharfen Protest des Arztes gefallen
lassen, der nicht begreifen wollte, wie jemand etwas über die
Sache mit der Knochensaat wußte, obwohl strengstes
Stillschweigen gewahrt wurde.
Hiller nahm das Ganze als einen Scherz hin, so jedenfalls tat er.
Er gab sich sehr selbstsicher, obwohl er es mit einem Mal mit der
Angst zu tun bekam.
»Ich habe alle drei gesehen«, beharrte Björn auf
seinem Standpunkt. »Aber Sie können sicher sein, daß
von mir niemand etwas erfährt. Was ich Ihnen mitteilen
möchte, geschieht in Ihrem eigenen Interesse. Die
Wahrscheinlichkeit, daß es bei dem Haut- und Fleischverlust
plötzlich zu schweren psychischen Störungen kommt, ist sehr
groß, Doc. Diese psychischen Störungen führen zu
Aggressionen. Davor möchte ich Sie warnen. Als Facharzt für
infektiöse Erkrankungen brauche ich Sie nicht extra darauf
hinzuweisen, daß größte Sauberkeit und Hygiene von
allergrößter Bedeutung ist. Das versteht sich sicher
für Sie von selbst. Aber ich möchte Ihnen Hinweise auf das
geben, was Sie beim augenblicklichen Stand der Dinge gar nicht wissen
können.«
»Und woher wissen Sie es?«
»Darüber kann ich nicht sprechen, Doc, noch nicht!«
Björn überzeugte.
Nachdenklich legte Hiller auf. Er wußte nicht, daß er
ein Ferngespräch in die Schweiz geführt hatte.
Nachdenklich traf er seine Entscheidungen.
Die Familie wurde getrennt in drei verschiedenen Räumen
untergebracht, und alle Gegenstände wurden entfernt, die man in
irgendeiner Form als Waffe benutzen konnte.
*
Es war gut, daß Carminia nicht im Haus war. Da konnte er
sich manche Erklärungen sparen. Björn Hellmark las Zeile
für Zeile.
Das Tagebuch enthielt Enthüllungen, die beachtlich waren.
Besonders wichtig erschienen ihm die Ausführungen, die James
Owen über den sagenhaften, verfluchten Schatz gemacht hatte. Es
gab ausreichend detaillierte Angaben, die einen Archäologen in
Erstaunen versetzt hätten.
Was Owen erfahren hatte, ging zurück in die Vorzeit, als das
Rasseln der Schildkrötenpanzer und das Kriegsgeschrei der Massen
durch die Urwälder Yukatans hallten. Machthungrige
Stadtkönige zerfleischten sich im Kampf um die Vorherrschaft.
Städte wie Chichen Itza und Uxmal wurden
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