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Macabros 014: Knochensaat

Macabros 014: Knochensaat

Titel: Macabros 014: Knochensaat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Shocker
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in den Kämpfen arg
zugerichtet. Tausende von Flüchtlingen waren unterwegs.
    James Owens Zeilen beschworen eine ferne Zeit herauf, als Mayas,
Inkas, Azteken und Tolteken in wahnwitzigen Raubzügen sich
gegeneinander ausplünderten und ausrotteten.
    Die Namen fremder, längst vergessener Städte und Orte
tauchten auf, Namen von Königen wurden genannt, die umkamen oder
flüchteten. Grausam genau schilderte James Owen die Blutorgien,
die den Siegen folgten, als käme es ihm darauf an, keine
Einzelheit zu vergessen und peinlichst genau Buch zu führen, um
das hier Notierte an anderer Stelle auswerten zu können.
    Wörtlich gab er eine ganze Stelle aus der Erzählung des
Sterbenden wieder, mit dem er zusammengetroffen war und der ihm aus
einem unerfindlichen Grund die phantastisch anmutende Geschichte
anvertraut hatte.
    »… im dreizehnten Jahrhundert nach Christi tauchen die
sieben Stämme der Azteken in Mexiko auf. Es wird
geplündert, gekämpft, gebrandschatzt. Ein junger König
namens Ucuampochtli besetzt die Stadt Cholpec. Tausende von
Kriegsgegnern werden hingeschlachtet. Die Priester waschen die Stufen
der Tempel mit dem noch dampfenden Blut der Geopferten, deren Herzen
mit schnellen Schnitten aus der Brust geholt werden. Die Sieger
toben, der blutrote Schein der Siegesfeuer flackert auf dem
Marktplatz von Cholpec. Die verblutenden Krieger auf den Altarstufen
werden einfach hinuntergestoßen und Berge von Leichen
türmen sich in den Straßen und auf den Plätzen. In
Schalen wird das Blut der Opfer gereicht, und es wird mit Wasser und
Agavenschnaps gemischt.
    Ucuampochtli, der junge neue König ist siegestrunken und
merkt nicht, daß sich in der Priesterschaft eine
Verschwörergruppe gebildet hat, die den eroberten Schatz des
Haupttempels für sich gewinnen will.
    In den Kammern lagert zentnerweise das Gold. Ucuampochtli
läßt sich eine Rüstung aus Gold schmieden, einen
Helm. Wenn er diese Kleidung trägt, ist er unfähig, sich zu
bewegen. Die Rüstung drückt ihn zu Boden. Selbst die
Federn, die sein Haupt schmücken, läßt er aus Gold
anfertigen und mit wertvollen Emaillefarben gestalten, so daß
es aussieht, als trüge er einen wirklichen Federschmuck.
Ucuampochtli nennt sich von nun an der Goldene König von
Cholpec. Er ist der reichste, der mächtigste. Sein
ausschweifendes Leben ruft nun endgültig die Priester auf den
Plan, die ihn vernichten wollen. Ucuampochtli muß sterben. Das
ist ihr Plan. Einer, der ihnen hörig ist, soll den Thron des
Goldenen Königs einnehmen. Aber Ucuampochtli deckt die
Verschwörung auf und nimmt blutige Rache. Er selbst ist
goldgierig, aber auch die Priester waren es. Ihnen billigt er es
nicht zu. Er verflucht sie und läßt sie von seinen
Getreuen in der Goldkammer mit goldenen Marterwerkzeugen auf einem
goldenen Tisch hinrichten. Einer der Priester verwünscht
Ucuampochtli. Er verbannt ihn dazu, für alle Zeiten in den
goldenen Kammern zu spuken, gekleidet in seine goldene Rüstung,
und für die Zukunft prophezeit er, daß jeder, dem es
gelänge, in den Tempel einzudringen, dasselbe Schicksal zu
ertragen hätte wie die Priester. Und noch mehr! Das Fleisch
würde von den Knochen derer fallen, die die Tempelstätte
betreten. Wem die Flucht gelänge, der sei trotzdem verloren. Er
wird die Knochensaat weiter tragen in alle Winde und davon
künden, welch schrecklich Laster die Gier nach dem Gold
sei…«
    So lautete es über drei engbeschriebene Seiten hinweg.
    An einer Stelle weiter hinten bemerkte er, daß die Stadt
Cholpec der Vergessenheit anheimgefallen wäre. Der Dschungel
hatte die Stätte überwuchert. Der Tempel lag unter der
üppigen Pflanzenschicht und damit das kostbare Gold, das in der
Zeit nach dem rätselhaften Verschwinden von König
Ucuampochtli, der später nur noch der Goldene Gott genannt
wurde, seine Anziehungskraft verlor. Die Spanier hörten davon.
Eine von Cortez abgesprengte Gruppe sollte – wenn man den
Hinweisen James Owens glauben schenken konnte – den versteckten
Tempel gefunden haben. Das sei 1519 der Fall gewesen. Nie wieder
hatte man etwas von den Verschollenen gehört.
    »Sie fielen den goldenen Messern der rachedürstenden
Priester und des verfluchten Gottkönigs zum Opfer«, schrieb
James Owen an anderer Stelle.
    Eine Legende?
    »Nein«, dieses Wort – groß und mehrfach
unterstrichen – stach in seine Augen, als er die nächste
Seite umblätterte. »Wahrheit, jedes Wort beruht auf
Wahrheit! Ich habe den Pfad zum Dschungeltempel gefunden.

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