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Macabros 023: Gefangen im Totenmaar

Macabros 023: Gefangen im Totenmaar

Titel: Macabros 023: Gefangen im Totenmaar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Shocker
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irgendwann mal
oder in naher Vergangenheit wie er in die gleiche Lage geraten?
    Unter all den starren Gestalten, die lebten und doch nicht lebten,
suchte er vergebens nach Björn Hellmark. Der war nicht
darunter.
    Er wollte die Augen schließen. Das ging nicht. Da
konzentrierte er sich so, wie es eben ging.
    Er hatte gelernt, den Willen wilder Raubkatzen zu bezwingen. Noch
nie hatte er versucht, seinen Willen anderen Menschen aufzuzwingen.
Aber Not machte erfinderisch. Vielleicht lag darin seine Chance.
    Diese Menschen waren antriebslos. Das war er nicht. Er konnte
denken. Das war alles. Das war schon viel.
    Er konzentrierte sich auf den Geist der jungen Frau, nach der er
hätte greifen können, wäre es ihm gelungen, seinen Arm
nach ihr auszustrecken.
    Er war kein Telepath und konnte keine anderen Gedanken lesen. Es
war die Kraft reinen Geistes und reinen Willens, die er aufbringen
mußte.
    Er wußte nichts über die Person neben sich, diese
junge, schlanke Frau. Bei ihr handelte es sich um niemand anders als
um Marina Sermath.
    Rani nahm sie von der Seite her wahr und sah den ganzen linken
Arm, konzentrierte sich zunächst jedoch nur auf einen einzigen
Finger. Er wollte die Probe aufs Exempel machen und sehen, inwieweit
er dazu imstande war, einen freien menschlichen Geist unter Kontrolle
zu bringen.
    Sie sind ganz frei, ganz entspannt, dachte er intensiv und
schaltete alle anderen Einflüsse aus. Sie konzentrieren sich wie
ich auf ihre linke Hand. Sie sehen Ihre Finger… nur sie…
sie sind ganz ruhig, Ihr Herz schlägt ruhig, Sie lassen sich
durch nichts sonst ablenken… sehen Sie Ihren Zeigefinger an, nur
ihn…
    Zwei Sekunden lang war er nicht bei der Sache. Rani dachte an
Pepe. Der vierzehnjährige Junge hätte jetzt hiersein
müssen. Die parapsychischen Fähigkeiten des kleinen
Stiefsohnes von Björn Hellmark hätten sich jetzt vielleicht
ausgezahlt. Pepe konnte einiges in Bewegung bringen, was starr und
fest war. Dieses geheimnisvolle, wie aus Lichtstrahlen gewobene Netz
hätte er möglicherweise mit einem einzigen Gedanken
gesprengt.
    Aber sie konnten nicht immer zusammen sein, die Umstände
waren meistens dagegen. Gemeinsam waren sie fast unschlagbar. Und
hier glaubte Mahay auch zu erkennen, daß er und Hellmark
absichtlich voneinander getrennt worden waren. Aber hier irrte der
Koloß von Bhutan.
    Nicht ablenken, keine anderen Gedanken, redete er sich ein. Du
darfst dich nur auf den Finger konzentrieren.
    Würde die junge Frau auf die zwingenden Gedanken reagieren?
Oder verpuffte sein Versuch?
    Beugen Sie diesen Finger leicht an… ganz leicht… Sie
werden sich nicht dabei anstrengen… Sie können es, Sie
können es ganz gewiß! Sein Hirn fieberte, und sein Gesicht
zeigte den Ausdruck äußerster Konzentration.
    Jetzt… jetzt, er sah nur diesen einen Finger. Hier in dieser
Zeitfalle hatten die Widersacher nur die Kontrolle über Muskeln
und Sehnen erlangt, nicht aber über den Geist. Und den wollte er
sich zunutze machen.
    Da beugte Marina Sermath den Zeigefinger!
    Langsam, aber gleichmäßig. Sie war der erste Mensch,
der mit Hilfe der Willenskraft eines Dritten den rätselhaften
Bann abstreifte, der vom Zeitnetz der Dämonen ausging.
    Ein kleiner Fortschritt?
    Mahay verdoppelte seine Anstrengungen. Man sah förmlich, wie
es hinter der Stirn des sympathischen, glatzköpfigen Mannes
arbeitet.
    Wenn er Marina Sermath wie ein Medium dazu bringen könnte,
die Hand nach ihm auszustrecken, damit sie ihm die Dämonenmaske
aufsetzte, dann würde möglicherweise hier im Totenmaar
einiges in Bewegung geraten.
    Er konzentrierte sich auf die Hand des jungen Mädchens,
versuchte Eingang in ihren Willen zu bekommen und ihn zu
übernehmen…
     
    *
     
    Eine fremde Stadt?
    Davon hatte Al Nafuur keinen Ton gesagt. Auch Rudi Czernin hatte
nie etwas erwähnt.
    Langsam setzte Björn einen Fuß vor den anderen. Die
breite Straße führte mitten zwischen die zyklopenhaften
Türme, die sich nach oben verjüngten und entfernte
Ähnlichkeit mit Minaretts hatten.
    Der Himmel glomm in einem düsteren Violett, in dem sich
orangefarbene Wolken spiegelten, die fern vom Horizont
heranglitten.
    Dieser seltsam glühende Himmel, die harten Schatten und das
Alter der Häuser und Türme schufen das Bild einer tristen
und vergänglichen Stimmung.
    Das Leben fehlte.
    Dennoch umklammerte Björn mit harter Hand das Schwert des
Toten Gottes und fühlte die Nähe unsichtbarer Wesen.
    Er wurde beobachtet. Aber niemand tat ihm etwas zuleide,

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