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Macabros 041: Tschinandoah - wo die Steine leben

Macabros 041: Tschinandoah - wo die Steine leben

Titel: Macabros 041: Tschinandoah - wo die Steine leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Shocker
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unterbrechen, ohne das Tempo zu verringern, preschten die
Wolfspferde hinein in die Düsternis eines geisterhaften Waldes,
der sich wie ein wildwuchernder Dschungel zu beiden Seiten des Pfades
ausdehnte.
    Genaues vermochte Mahay nicht zu erkennen.
    Dazu war es zu dunkel und standen die Gewächse zu dicht,
dafür war die Fahrt der Kutsche zu schnell.
    Verwaschene Umrisse nahm er wahr. Er registrierte die
Größe und Gewalt der bizarren Gewächse, deren Formen
ineinander verschlungen waren. Ein wildes, labyrinthisches
Dickicht…
    Das war kein prachtvoller, gepflegter Garten, in dem man sich eine
spazierengehende Fürstentochter vorstellen konnte – das war
ein Dickichtlabyrinth, von erschreckenden Gewächsen gebildet,
die Luzifer wie mit teuflischen Sinnen genießen mochte.
    In Windeseile ging es zwischen den bizarren Gewächsen und an
absurdesten Formen vorbei. Der Hauptweg mündete vor dem
Schloß.
    Ein Teil dieses Schlosses paßte überhaupt nicht in
diese Umgebung. Es war von märchenhafter Schönheit und
wirkte auf einem Felsvorsprung wie ein gigantisches
Zuckergebäck. Zahlreiche Türme und Erker, Vorsprünge
und künstlerisch geschmiedete Tore in reinem Silber machten es
zu einer wahren Augenweide.
    Dahinter aber erhob sich massig und wuchtig wie ein ungeschlachter
Koloß eine zweite Burg, die vorn mit dem Schloß verbunden
war. Ihre Mauern verschmolzen mit denen des vorderen Palastes.
Schmale, hängende Brücken, die aus einem Gespinst bleicher
Knochen und wildwuchernder Lianen zu bestehen schienen, spannten sich
wie Hängematten über zerklüftete, steil abfallende
Wege, die keines Menschen Fuß je berühren konnte, weil die
Gefahr, in die Tiefe zu stürzen, zu groß war.
    Wie ein drohender Schatten hockte das gespenstische Schloß
hinter dem weißen Palast, und die gewundenen, in sich
verdrehten Türme, die windschiefen Erker und schräg nach
vorn und zur Seite kippenden Wände, die wie
überdimensionale Fischschuppen aussahen, schienen aus einer
anderen Welt zu stammen. Beim Anblick dieser zwei so
gegensätzlichen, in krassem Widerspruch stehenden Bauwerke
fragte man sich, ob beides nicht doch von einunddemselben Architekt
und Baumeister entworfen wurde, der den Verstand verlor, der
wahnsinnig war.
    Die wie auf Samtpfoten dahinschreitenden Wolfspferde umkreisten
den Palast im Zuckerbäckerstil und gerieten in den
Schlagschatten des bizarren Gemäuers der düsteren Burg, die
alles in diesem wilden Dschungelgarten überragte – und
merkwürdigerweise doch von außerhalb nicht zu sehen
war!
    Unterhalb einer schmalen Brücke, die steil und verschlungen
über eine zerklüftete Schlucht führte, blieben die
Kutschen hintereinander stehen. Mahay wurde mit harter Hand aus dem
Gefährt gerissen. Obwohl er infolge der angelegten Fesseln
unmöglich fliehen konnte, bewachte man ihn mit einer
erschreckenden Aufmerksamkeit. Und immer wieder ließ man ihn
die Spitzen der Speere und Dolche spüren. Sein Hemd wies
zahlreiche Schlitze und Löcher auf, die vom Kontakt mit den
messerscharfen Metallspitzen herrührten. Auch seine Haut an
Brust, Oberarmen und Schultern war an vielen Stellen aufgeritzt. Hier
hatten seine Widersacher zuviel Druck auf ihn ausgeübt, der
nicht nötig gewesen wäre.
    Mit einem kurzen, harten Schlag seiner Waffe kappte einer der
Soldaten die Fesseln zwischen Mahays Beinen, so daß dieser sich
wieder frei bewegen konnte.
    Die Brücke war so schmal, daß jeweils nur zwei Personen
nebeneinander gehen konnten.
    Zwei Bewaffnete gingen Mahay voran, einer flankierte ihn links,
und hinter ihm folgten noch etwa zehn weitere.
    Die anderen standen unten auf dem Pfad und säumten ihn. Es
kam dem Inder vor, als würden sie eine Art Wall bilden, um seine
Flucht in die gräßlichen Wälder zu verhindern.
    Der eigenwillige, dunstige Dschungel erinnerte ihn irgendwie an
das ›alte Tal‹, in das er geraten war. Nur waren dort die
Pflanzen und pflanzenähnlichen Gewächse zu Stein geworden
und verkümmert.
    Über einen Steg führte man den Gefangenen durch ein
häßlich gestaltetes Tor, das entfernte Ähnlichkeit
mit dem Leib einer Schlange hatte.
    Und hier oben angelangt vernahm Mahay auch zum ersten Mal das
Rauschen und Donnern der Brandung, die er unmittelbar hinter dem Tor
auch zu sehen bekam. Ein Teil der bizarren Burg stand auf einem steil
emporragenden, schwarzen Felsen, der in schwindelnder Tiefe von
brausenden Wassermassen umspült wurde, die sich donnernd daran
brachen.
    Wie Gischt spritzte der Schaum in

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