Macabros 050: Rha-Ta-N'mys Leichenschlucht
abenteuerlustiger
Barbar die Weiten eines von Fabelwesen, Bestien, abtrünnigen
Verrätern und Schurken, von Magiern, Hexern und Dämonen
bevölkerten alten Landes mit dem Schwert des Toten Gottes
durchstreift hatte, las er in diesem Buch ohne besondere
Schwierigkeiten.
Angefangen mit der Übersetzung hatte seinerzeit Professor
Bert Merthus, ein Sprachgelehrter und Archäologe, der
eigenwillige Forschungen betrieb und in Amerika wohnte. Anfangs war
Björn mit dem Gesetzestext, der ganz persönliche Prophetien
für ihn enthielt, überhaupt nicht fertig geworden. Nach und
nach aber war seine Erinnerung an die alte Sprache
zurückgekehrt, und sein Bewußtsein, das er einst als
Kaphoon besessen hatte, war voll zum Tragen gekommen.
Er wußte, er hatte schon mal gelebt, und die Erinnerung an
diese Zeit war nach seinem Xantilonaufenthalt verstärkt
wiedergekommen.
Er nahm Platz auf dem steinernen Thron und versank in
angestrengtes Lesen.
Das Buch enthielt keine Symbole und keine Zeichnungen, nur Text.
Und der war oft so schwer verständlich und bildhaft gestaltet,
daß manche Passagen ihm im wahrsten Sinne des Wortes wie ein
Buch mit sieben Siegeln erschienen.
Er überlas einige Passagen und las sich fest an einer Stelle,
in der er plötzlich den Begriff des »Verlorenen
Herrschers« wieder fand.
Björn Hellmark erfuhr von einer tiefgreifenden Spaltung im
Reich der Dämonen, die sich vor undenklichen Zeiten abgespielt
hatte. Danach waren die Dämonen ein eigenständiges Volk
gewesen, das in der Tiefe des Universums existierte und durch weisen
Entschluß in seine Grenzen verbannt worden war. Es kam nicht
ganz heraus, wieso es schließlich doch zur Befreiung und
Expansion der Schrecklichen kam. Rha-Ta-N’my war die
höchste, ihr unterstanden viele Herrscher, auch auf menschlicher
Seite. Andere Herrscher aus dem Dämonenkosmos sahen sich um ihre
Chance gebracht, sahen im Anfang nur das eigene Ziel und wollten
eigene Machtbereiche schaffen. Rha-Ta-N’my konnte viele von
ihnen wieder zurückholen auf ihre Seite oder mit den
mächtigen Dämonengötzen die Abtrünnigen
vernichtend schlagen.
Auf diese Weise waren viele Rassen in allen Teilen des Universums
in die Abhängigkeit der Dämonengöttin geraten.
Einzelne mutige Kämpfer, zu denen einst auch Kaphoons Vater
– dessen Schicksal nie geklärt werden konnte –
gehörte, zu denen selbst auch Kaphoon gehörte, von dem er
ebenfalls noch nicht wußte, unter welchen Umständen er
sein Leben verlor, aber hatte es immer gegeben.
So war im Reich der irdischen Dämonenbeherrscher und
Dämonenbeherrschten in den meisten Fällen ein Punkt zu
finden, von dem aus sich der Kampf gegen die Eindringlinge und Sieger
wieder aufrollen ließ. Es war nur wichtig, diese »schwache
Stelle« ausfindig zu machen und danach sich ihrer zu
bedienen.
War das Amulett eine solch »schwache Stelle«?
Hellmarks Blick wurde hart. Seine Gedanken schweiften kurz ab, und
er merkte, daß er sofort den Zusammenhang verlor. Da
konzentrierte er sich wieder auf den Text und las in der alten
Sprache, die er in seinem ersten Leben als Kaphoon in einem fremden
Land gesprochen hatte.
Die Uneinigkeit der Reiche im Dämonenland wurde angesprochen
und von den Propheten dem Leser dieses Buches ans Herz gelegt.
Rha-Ta-N’my hatte sich aufgemacht, sie alle zu vereinen, und sie
lockte mit den Welten der Menschenrassen, die in diesem Teil des
Kosmos zu Hause waren.
Rha-Ta-N’my konnte große Erfolge auf diesem Weg
nachweisen, und nur so war es erklärbar, daß gewaltige
Angriffe von vielen Seiten gleichzeitig geführt wurden und das
Schlachtfeld sich immer mehr Richtung Erde verlagerte.
Björn Hellmark entdeckte einen Hinweis, der ein »Bild
das wiederkommen« kann, erwähnte. »Erst war der
Herrscher verloren. Er bewachte den Schwarzen Vogel – bis ein
anderer kam, der ihn befreite – und so änderte sich sein
Leben von Grund auf. Wer das ›Bild‹ zum Herrscher bringt,
erhält Einblick in das Leben des Baums des
Schicksals…«
Björn schluckte hart. Der Baum des Schicksals! Jetzt
erinnerte er sich, auch diesen Begriff schon mal in einem anderen
Zusammenhang gehört zu haben. Arson hatte den Baum des
Schicksals erwähnt, als er sich auf die Suche nach seiner
geliebten Gattin und seinem Sohn begab, die von dämonischen
Geschöpfen in das untergehende Xantilon der Vergangenheit
entführt worden waren.
Alles gehörte irgendwie immer zusammen… ein großes
Räderwerk, eine gigantische Maschinerie war das
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