Macabros 050: Rha-Ta-N'mys Leichenschlucht
Leben, das
Werden und Vergehen – das irgendwann in dem endlosen Strom von
Raum und Zeit begann und wieder in ihn mündete.
Er begriff: Das Amulett des heiligen Mannes war ein Schlüssel
zu einem großen Geheimnis. Ein Schlüssel, den es zu
bewahren galt!
Dieser Schlüssel erleichterte ihm jetzt, wie er erkannte,
nicht nur das Verständnis zu gewissen Passagen dieses Buches, er
ermöglichte ihm auch den Weg zu dem geheimnisvollen
»Verlorenen Herrscher« und dem Schwarzen Vogel, in dem man
sowohl den Schwarzen Manja als auch Rha-Ta-N’my, die
Dämonengöttin, sehen konnte, deren Lieblingsgestalt der
Vogel war.
Hellmark klappte das Buch der Gesetze zu.
Er mußte geschickt vorgehen. Es galt, das Amulett zu
behalten und gleichzeitig zu verhindern, daß die
Dämonenstimme, die Unheil angekündigt hatte, ihre Drohung
wahrmachen konnte.
Er hatte einen Plan…
*
Das Treffen war in Zimmer Nr. 126 im Regent-Hotel vorgesehen.
Daran wollte er sich halten.
Nach dem Zusammenbruch der Hellmark-Werke durch
Dämonenmanipulation waren ihm nur noch wenige persönliche
Dinge geblieben, die er retten konnte. In der Welt der Wirtschaft und
Politik hatte sich scheinbar alles nach den bestehenden Regeln
abgespielt. Björn Hellmark allein aber wußte, wie es zum
Zusammenbruch der Hellmarkschen Werke gekommen war, welche
Manipulationen dabei eine Rolle spielten.
Offiziell war er seit jener Zeit aus dem Blickpunkt der
Öffentlichkeit verschwunden, hatte den Bungalow am Genfer See
zurückgelassen – und stellte jetzt fest, daß dieser
Reichtum und diese Bequemlichkeit ihm eigentlich nie wirklich etwas
bedeutet hatten. Die finanzielle Unabhängigkeit hatte es ihm
ermöglicht, sich frei den Dingen zu widmen, die ihm unter
anderen Umständen nur äußerst schwierig möglich
gewesen wären.
Er steckte die Plakette ein, verschloß den Behälter,
der das Dämonenschwert trug und nahm aus einem Fach in der
Felswand einen Bündel Dollarnoten, die er als »Lebender im
sichtbaren Reich« einfach brauchte.
Hier auf Marlos war ihm bewußt geworden, wie wenig der
Mensch zum Leben eigentlich wirklich brauchte, um glücklich und
zufrieden zu sein. Das war die höchste Freiheit. Aber das hatten
die Menschen verlernt – auf der einen Seite durch eigenes
Verschulden, auf der anderen Seite durch die Verlockungen, die sehr
oft von gewisser Seite ausgeübt wurden.
Ohne Geld konnte man nicht auskommen. Es war gut, daß er
einen Teil seiner persönlichen Ersparnisse, die doch eine
beachtliche Summe ausmachten, hierher hatte transferieren
können.
So konnte er die Kosten für das Hotel zahlen… eines von
vielen mögliche Dingen, die ihn erwarteten.
Er verabschiedete sich von den Freunden und versprach bald
zurück zu sein, nachdem er in Umrissen erklärt hatte, worum
es ging. Er hoffte, mit neuen Informationen zurückzukommen, die
ihnen allen von Nutzen waren.
Pepe maulte, als er Hellmark reisefertig erblickte.
Er wollte sie das nächste Mal alle mitnehmen, und dann
würden sie einen Stadtbummel durch New York oder San Francisco,
durch Paris, London, Genf oder Berlin machen…
»Und wenn du dann keinen Unfug treibst«, lachte
Björn, Pepe an die Brust drückend, »daß du keine
Rolltreppen stehen und keine Glühbirnen platzen läßt
– dann kriegst du auch eine Gitarre, mein Freund! Die hab ich
dir ja schon lange versprochen.«
Pepe strahlte übers ganze Gesicht. Er wollte Björn
Hellmark umarmen – griff aber in Luft und fiel nach vorn.
Da war niemand mehr! Hellmark hatte sich durch Macabros Hilfe der
Telekinetie nach New York abgesetzt, wo es Abend wurde…
»Na warte«, murmelte Pepe und raffte sich aus dem
weißen Sand auf. »Ich werde mich rächen. Laß
uns nur erst mal in New York, San Francisco, Paris, London, Genf oder
Berlin sein… dann werde ich dir ein paar Kunststücke
vorführen, die sich gewaschen haben. Du wirst deine helle Freude
an mir haben!«
Und er wußte später wirklich nicht mehr zu sagen, ob er
es gewollt hatte oder ob im Hinblick auf seine parapsychischen
Fähigkeiten nur sein Stimmungsbarometer in die Höhe
schnellte.
Zwei faustgroße Steine in der Bucht, unmittelbar in der
Nähe der Geister-Höhle, flogen empor wie Vögel,
tanzten und drehten sich im Kreis und klatschten dann rund
zweihundert Meter vom Standort des dunklen Knaben mit dem Wuschelkopf
in das Meer.
Das Wasser spritzte.
Pepe hatte die Steine geworfen – aber wo andere Menschen ihre
Hände benötigten, bediente sich der parapsychisch
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