Macabros 052: Aufstand der Knochenmonster
liegen.
Sein Körper fühlte sich schwer und gefühllos an wie
ein Stein.
Er wollte sich erheben, aber er konnte nicht mehr.
In seinem Schädel trat eine eigenartige Leere auf. Er konnte
keinen klaren Gedanken mehr fassen.
Er fühlte sich schwach und ausgelaugt.
Schwach rutschte seine Rechte über den Boden, und erst jetzt
wurde ihm bewußt, daß er sein Schwert gar nicht mehr
besaß, daß es ihm auf dem Weg nach unten abhanden
gekommen war. Ohne daß er es bemerkt hatte, war es ihm aus den
Händen geglitten. Wahrscheinlich vorhin, als er zum ersten Mal
stürzte und den Sturz zum Glück nochmal mitten auf der
Treppe abfangen konnte.
Seine Hand stieß gegen etwas Weiches.
Er zuckte zusammen und wollte den Kopf noch drehen, um sich zu
vergewissern, um was es sich handelte.
Es fühlte sich an wie ein Körper.
Das waren seine letzten Eindrücke und seine letzten
bewußten Überlegungen.
Dann versagte sein strapazierter Körper.
Tiefe Dunkelheit hüllte ihn ein, Gefühllosigkeit…
das Nichts…
*
Er war nicht mal mehr in der Lage gewesen, seine Hand
zurückzuziehen von dem weichen Gegenstand, den sie ertastet
hatte.
Ruhig lag Mahays Hand auf dem Körper.
Der rührte sich nicht.
Verkrümmt und reglos lag er da.
Es war ein – Mensch aus Fleisch und Blut.
Der Leib war noch warm. Er mußte erst vor wenigen Minuten
gestorben sein.
*
Anka Sörgensen konnte nicht fassen, daß dies schon der
zweite Tag war, den sie im Haus Thorwald Belmans verbrachte.
Der Chirurg hatte es geschafft, sie noch in jener fraglichen Nacht
mitzunehmen. In seinem großen Haus lebte der Junggeselle mit
seiner alten Mutter und einem Dienstmädchen, die sich um den
Haushalt kümmerten.
Anka bekam ein Zimmer.
Hier fühlte sie sich wohl. Das Leben kam ihr vor wie ein
Traum.
Thorwald Belman wurde seit jenem Morgen nach seiner Rückkehr
aus der Heilanstalt für psychisch Kranke von einem Kollegen
vertreten. Belman wollte schnellstmöglich Urlaub machen und mit
Anka verreisen, damit sie auf andere Gedanken kam und das
Zurückliegende vergaß.
Er wich nicht von ihrer Seite, wenn sie aus ihrem Zimmer kam. Sie
hatten sich soviel zu erzählen und in diesen beiden Tagen kamen
sie sich nahe, lernten sie sich kennen und lieben.
Thorwald Belman, bisher ein eingefleischter Junggeselle, las
dieser jungen hübschen Frau, die wie ein Ereignis in sein Leben
getreten war, jeden Wunsch von den Augen ab.
Morgens war der Kaffeetisch schon gedeckt, wenn Anka aus ihrem
Zimmer kam.
Die alte Dame des Hauses, aufmerksam, freundlich und seit Ankas
Anwesenheit immer ein wenig verschmitzt lächelnd, schien mit der
Wahl, die ihr Sohn getroffen hatte, sehr zufrieden. Aber von den
wirklichen Hintergründen und den Ereignissen, die Thorwald
Belman dazu brachten, Anka unter seine Fittiche zu nehmen, schien sie
nicht das geringste zu ahnen.
An diesem zweiten Morgen in dem ruhigen, gepflegten Haus der
Belmans lagen ein Frauenmagazin und eine Morgenzeitung an Ankas
Platz.
Die alte Dame fehlte noch.
»Nanu?« wunderte Anka sich. »Ist sie
krank?«
Thorwald Belman schüttelte den Kopf. »Was selten
vorkommt, passiert jedoch von Fall zu Fall mal: sie hat verschlafen.
Das bedeutet, daß sie die Nacht besonders gut geschlafen hat.
Ein gutes Zeichen!« Er lächelte. »Ich habe dir etwas
zu lesen mitgebracht, Anka. Ich werde den heutigen Vormittag nicht im
Hause sein…«
»Oh, Thorwald«, sagte sie enttäuscht.
»Dafür bin ich dann Mittag wieder hier. Sie brauchen
mich im Krankenhaus. Heute morgen noch mal. Dann bin ich frei. –
Alles in Ordnung sonst?«
Sie nickte.
Er musterte Anka. Sie wirkte weder krank noch nervös, noch
gereizt. Dabei mußte sie doch ständig damit rechnen,
daß sich etwas ereignete, was sie von einer Sekunde zur anderen
in tödliche Gefahr brachte. Er bewunderte ihre Ruhe.
Anka blätterte flüchtig in der Zeitung.
Sie wollte sie schon zuklappen, als sie die Tür draußen
im Flur hörte, was darauf schließen ließ, daß
die alte Dame aus dem Badezimmer kam. Da ging ein Ruck durch Anka
Sörgensens Körper.
Thorwald Belman war sofort alarmiert. Jede Veränderung im
Wesen der charmanten Freundin fiel ihm sofort auf.
»Was ist?« fragte er besorgt. Sein Blick ging in die
Runde, blieb an der Tür hängen und am Fenster. Er dachte an
die geheimnisvolle fremde Frau, die wie ein Geist durch die dicksten
Mauern gehen konnte… jene rätselhafte Person, die so
unerwartet auftauchte und in deren Anwesenheit sich so
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