Macabros 055: Mysterion, der Seelenfänger
nicht
wagst, dich persönlich im Kampf gegen mich zu beweisen, ist
bezeichnend genug. Aber das…«
Frank wartete keine Antwort ab. Er erhielt auch keine. Morell
konnte nicht wissen, daß Mysterion sich anderen Aufgaben
widmete. Daß er im Begriff war, weitere Opfer in der
Seelenfalle um sich zu scharen.
Frank holte aus und schlug gegen die Kuppelwand. Wider jede
Vernunft ließ er seine Fäuste gegen das Glas hämmern,
immer wieder. Dann wurde ihm die Sinnlosigkeit seines Tuns
bewußt.
Er ließ von der Wand ab und sah an sich herab.
Das Wasser hatte sich inzwischen über die gesamte
Innenfläche der Glaskuppel ausgebreitet. Es stand bereits in
Höhe seiner Knie und kletterte ständig weiter.
Was sollte er tun?
Er mußte sich so schnell wie möglich aus seinem
Gefängnis befreien. Nun war es noch dringender geworden. Je
höher nämlich der Wasserspiegel stieg, desto geringer wurde
sein Körpergewicht. Je geringer aber sein Körpergewicht
war, um so weniger Halt vermochte er zu finden. Es war ein
Teufelskreis, der in seinem Tod gipfeln konnte.
Morell war nervös.
Es kam ihm nicht der rettende Gedanke. Der Anblick des
Mirakel-Sterns, der sich in seiner unmittelbaren Nähe befand,
fast zum Greifen nahe, verstärkte noch seine Qual.
›Der Ort des geringsten Widerstandes‹, ging es ihm durch
den Kopf. ›Wo ist dieser Ort in einer Glaskuppel zu
finden?‹
Frank schritt an der Innenwand des Glaskäfigs entlang. Bei
jedem Schritt schob er eine Flutwelle von Wasser vor sich her.
Es hatte bereits die Höhe seines Unterleibs erreicht. Das
Gehen fiel ihm immer schwerer. Schon mußte er mit seinen Armen
unterstützende Bewegungen in der Luft machen.
Dort, wo das Wasser in die Kuppel strömte, war seine
Chance.
Als er die Stelle erreichte, blieb er stehen. Die Kleidung hatte
sich bereits derart vollgesogen, daß sie schwer an seinem
Körper hing. Frank achtete nicht darauf. Statt dessen holte er
tief Luft und tauchte.
Es kostete ihn Mühe, sich dem Ausbund zu nähern.
Nirgendwo gab es für ihn eine Möglichkeit, sich
festzuhalten. Der Druck war groß und nötigte ihn dazu,
seine Paddelbewegungen zu intensivieren.
Im ersten Tauchgang sah er sich die Öffnung genau an. Sie war
kopfgroß und hatte die Form eines Quaders. Als Morell
probehalber mal hineingriff, spürte er an der Oberseite eine
rauhe Vertiefung.
Er gratulierte sich. Sie würde von Vorteil sein, wenn er
versuchte, sich mit ihrer Hilfe zu befreien.
Er hatte knapp zwei Minuten mit der Untersuchung verbracht, da
tauchte er wieder auf.
Auf Anhieb merkte er, daß der Wasserspiegel weiter gestiegen
war. Hatte er ihm vor dem Tauchen noch bis zur Gürtellinie
gereicht, so fand er ihn nun schon in Höhe des Brustkorbes. Das
war Frank Warnung genug. Er würde sich beeilen müssen.
Kurz blickte er sich um. Er wollte nicht ausschließen,
daß mittlerweile etwas geschehen war. Kaum daß er jedoch
seine Umgebung unverändert vorfand, tauchte er zum zweiten
Mal.
Diesmal wurde es ernst.
Morell hielt sich mit beiden Händen an der Öffnung fest,
um nicht weggedrückt zu werden. Die Füße preßte
er gegen die gläserne Kuppelwandung. Nachdem er noch mal
nachgegriffen hatte und sich so versicherte, daß er nicht
abrutschen würde, begann er zu ziehen.
Es kostete ihn all seine Kraft. Er verfluchte die Tatsache,
daß er nicht im Besitz des Mirakel-Sterns war. Aber ihn wieder
zu erringen und sein eigenes Leben zu bewahren, darum ging es
jetzt.
Er fing schon an, daran zu zweifeln, daß seine
normalsterbliche Muskelkraft in der Lage war, an der Öffnung
etwas auszurichten, als ein Ruck durch seinen Körper ging.
Augenblicklich verstärkte sich der Zustrom des Wassers.
›Du mußt ziehen!‹ machte er sich selbst Mut.
›Sonst hast du dir dein eigenes Grab geschaufelt. Die Kuppel
wird nun noch schneller gefüllt sein, und Mysterion wird
jubilieren!‹
Er spornte sich zu immer größerer Leistung an, bis ein
weiterer Ruck durch seinen Körper ging. Doch diesmal hatte nicht
die Öffnung sich bewegt. Franks Hände hatten nicht mehr die
Kraft gehabt, seinem Willen Folge zu leisten. Er war abgerutscht.
Morell schoß nach hinten. Sekundenlang verlor er die
Orientierung, dann fing er sich wieder. Eilig paddelte er in die
Höhe.
Es schien ihm eine Ewigkeit zu dauern, bis er die
Wasseroberfläche erreichte. Als er endlich frische Luft in die
Lungen bekam, trieb er schon zwei Meter über dem Boden der
Kuppel.
Er mußte unbedingt wieder runter. Nur wenige Meter über
ihm war
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