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Macabros 055: Mysterion, der Seelenfänger

Macabros 055: Mysterion, der Seelenfänger

Titel: Macabros 055: Mysterion, der Seelenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Shocker
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die Kuppeldecke. Er hatte den Eindruck, ihre Fläche
wäre kleiner geworden. In gewisser Hinsicht stimmte das
auch.
    Er besann sich nicht lange, sondern holte tief Luft. Jetzt ging es
um alles. Dieser Tauchgang würde darüber entscheiden, ob
Mysterion triumphieren konnte oder Frank Morell noch mal Auge in Auge
gegenüberstehen würde.
    Er warf sich vornüber.
    Mit langgezogenen Schwimmbewegungen näherte er sich wieder
der Grundfläche. Panik wollte in Frank aufsteigen, als er die
Öffnung nicht auf Anhieb wiederfand. Dann sah er sie. Er
richtete sich nach ihr aus und strebte auf sie zu.
    Wieder brachte er sich in die altbewährte Stellung. Mit den
Händen umkrallte er fest die Öffnung, beide Beine hielt er
krampfhaft gegen die Kuppel gestemmt.
    Und er zog.
    Sehnsüchtig wartete er darauf, daß ihn wieder eine
Erschütterung durchfuhr. Für eine Minute hatte er noch
Luft, höchstens zwei. Würde er es schaffen?
    Die Angst um sein Leben verlieh ihm übermenschliche
Kräfte. Ein Splittern und Krachen ging durch den Ausbund. Gleich
darauf zeigten sich die ersten Risse.
    Ein Teil des einströmenden Wassers sickerte bereits durch die
Spalten in den Außenraum. Diese Erkenntnis trieb ihn an.
    Stärker zerrte Morell an der Öffnung. Er setzte darauf,
daß sie so fest mit der Kuppelwandung verbunden war, daß
siebei einer Loslösung ein großes Stück von ihr
mitriß. Und er hatte recht.
    Ein Loch gähnte plötzlich in der Glaskuppel. Für
eine Sekunde war es stabil, vergrößerte sich aber dann
unter dem immensen Druck des Wassers. Plötzlich liefen
Sprünge durch die Kuppel. Sie liefen in alle Richtungen und
verzweigten sich schneller, als Frank beobachten konnte. Einer
Sintflut gleich stürzte sich das Wasser in den Raum, in dessen
Mittelpunkt das Glasgefängnis gestanden hatte…
     
    *
     
    Mysterion war zufrieden mit sich selbst.
    Niemals hätte er gedacht, daß er seinen Widersacher so
schnell in seine Gewalt brachte. Allein die Tatsache, daß
Rha-Ta-N’my persönlich ihm durch einen Boten nahegelegt
hatte, sich des Menschen mit Namen Mirakel anzunehmen, war ihm
Zeichen genug gewesen, in diesem Menschen eine große Gefahr zu
sehen.
    Und nun das! Es war mehr eine Spielerei gewesen, denn ein Kampf
zwischen den Mächten des Guten und des Bösen.
    Aber Mysterion hatte gelernt, vor allem, daß es nicht das
höchste war, der Dämonengöttin zu dienen. Daraus
resultierte sein Entschluß, sich ein eigenes mächtiges
Reich der Finsternis aufzubauen. Seine Diener würde er aus den
Opfern der Seelenfalle rekrutieren.
    Mirakel…
    Eigentlich war er ein sonderbares Geschöpf. Seine Seele
entstammte der Welt der Dykten und sein Fleisch der menschlichen.
Dennoch fühlte und dachte er wie ein Mensch.
    Und zitterte auch so vor Angst…
    Mysterion lächelte boshaft.
    ›Ich habe verhindert‹, dachte er, ›daß Morell
an das Wissen kommt, das seine Ahnen auszeichnete. Er wußte
schon zuviel. Jetzt endlich ist Mirakel in meiner Gewalt. In diesen
Minuten stirbt er einen unwürdigen Tod.‹
    Mysterion sah in die Ferne. Die Stränge des energetischen
Netzes, in dem er mit Vorliebe hing, vermittelten ihm ein Bild der
Geschehnisse, die sich derzeitig an der Oberfläche des Meeres
abspielten.
    Diener…
    Seine Geschöpfe waren auf der Suche nach Dienern…
    ›Ich habe meinen Auftrag erfüllt. Der Bann
Rha-Ta-N’mys ist nicht mehr. Nun liegt es an mir, ein Reich des
Schreckens auf Erden zu errichten, das selbst das der Göttin um
vieles schlägt. Meine Diener werden es sein, die es in ihren
kräftigen Körpern vorbereiten.‹
    Mysterion dachte wieder an Morell.
    Wie kurz doch das Leben eines kümmerlichen Menschen sein
konnte im Vergleich zu seinem langen Sterben. Er lachte.
    Kraft seiner Gedanken betätigte er die Instrumente seiner
unterseeischen Station. Wie von Geisterhand bewegt schalteten die
Hebel und wurden Tasten eingedrückt. Ein Schott öffnete
sich.
    Mysterion hatte einen Entschluß gefaßt. Geduldig
wartete er darauf, daß im Rahmen der Tür die seelenlose
Hülle Estrelles erschien. Den Roboterkörper, in dem dessen
Geist gefangen war, hatte er auf eine Liege gebettet, die in einer
Nische des technisch überladenen Mittelpunktraumes Platz
gefunden hatte. Dort wartete er seine erneute Aktivierung ab.
    Jeder, der unvoreingenommen mit diesem Bild konfrontiert worden
wäre, hätte sich gefragt, wie es dem fleischlichen
Körper Jacques Estrelles möglich war, ohne die Kontrolle
seines Geistes koordinierte Bewegungen vorzunehmen.

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