Macabros 059: Die menschenfressenden Schatten
begreifen, daß er bereits vielzuviel gesagt
hatte.
Für Holesh war dies ein Augenblick des Entsetzens, für
Björn Hellmark eine Erkenntnis. Zum ersten Mal erhielt er von
der »anderen Seite« einen Hinweis darauf, welche Wirkung
die Maske in der Psyche einer solchen Person hatte.
Holesh hatte »das Ende ohne uns« gesehen – beinahe
wörtlich hatte er sich so ausgedrückt! Das Ende – das
war der absolute Tod ohne Hoffnung, ohne Erfüllung.
Die singenden und betenden Menschen auf einer Welt des Chaos
– das war ein Widerspruch. Für einen, der sich in der
Denkweise der Eroberer und Intriganten aus einem dämonischen
Universum auskannte, aber war es keineswegs einer. Rha-Ta-N’my
und alle, die ihr hilfreich zur Seite standen, strebten nach der
Herrschaft über alle Welten des Universums, ob im Makro- oder
Mikrokosmos, ob im dreidimensionalen Raum oder in den
Parallelwelten… Es sollte eine umfassende Herrschaft sein, die
der Entwicklung und freien Entfaltung des Menschengeschlechts
feindlich gesinnt war.
Das Chaos – war die Welt, wie die finsteren Häscher sie
nicht mochten. Menschen, die in Frieden lebten und in Harmonie. Das
Traumbild, der Wunschtraum aller Generationen – wurde er
irgendwann doch mal verwirklicht? Schaffte der Mensch es, die Fesseln
der Unvernunft, des Geizes, der Rücksichtslosigkeit abzustreifen
und das Gesicht der Erde in einer fernen Zeit schließlich doch
zu verändern?
Dies war nicht der Ort, nicht der Zeitpunkt, um Überlegungen
dieser Art anzustellen.
Es gab Näherliegendes. Er mußte Holeshs Unruhe und
Ratlosigkeit ausnutzen. Er fürchtete die Maske, das bedeutete,
daß irgend etwas in ihm war, das sich nicht mehr mit seinem
Menschsein vereinbaren ließ.
»Was ist auf der anderen Seite des Blutsiegels geschehen, von
dem Sie eine Abbildung im Keller jener Farm fanden, in die Sie
schließlich auch Ihre Kollegen unter Vorspiegelung falscher
Tatsachen lockten?«
Björn stellte seine Fragen gezielt. Er hatte schon zuviel
Zeit verloren. Er wußte, er wurde erwartet. Gemeinsam mit Frank
Morell und Oceanus wollte er in die Dimension der Pilze eindringen,
um das verschwundene Volk des Oceanus und Rani Mahay zu suchen. Auch
Dr. Tom Gerland und der Captain der Mordkommission, Charles Brighton,
befanden sich in der Welt der Leichenpilze, über die man viele
Überlegungen angestellt hatte, ohne etwas Genaues zu
wissen…
Holesh druckste herum.
Plötzlich wollte er von seiner Bereitschaft nichts mehr
wissen. Björn öffnete die Hand.
»Lassen Sie! Ich rede!« Seine Stimme klang
kläglich. Hellmark ließ die Hand ein wenig
geöffnet.
Holesh begann stockend und sprach sehr langsam, als wolle er Zeit
gewinnen. Er schilderte die düstere Nebel- und Flammenwelt, in
die er Eingang gefunden hatte, und erwähnte die Stimme, die ihn
ansprach…
»Zuerst wollte ich nicht«, fuhr er leise fort. Er hielt
die Augen geschlossen. »Aber dann siegte die Neugier und die
Vorstellung, wunschlos glücklich zu sein…«
»Wunschlos glücklich?« echote Björn.
»Können materielle Dinge allein – wunschlos
glücklich machen?«
»Ich war der Überzeugung. Wenn man alles besitzt, gibt
es keine Wünsche mehr. Dann wollte ich meinen Triumph auskosten
und anderen Menschen zeigen, welche Dinge ich vermochte. Ich lockte
Patrick und die anderen an den Ort, wo in ihr Unterbewußtsein
jener Befehl eingeimpft wurde, immer dann, wenn es notwendig war,
Molochos zu Diensten zu sein. Mehr vermochte man
›drüben‹ aufgrund der besonderen Konstellation der
Dinge nicht auszurichten. Patrick und den anderen durfte man nichts
anmerken. Sie sollten brauchbare Handwerkszeuge sein, die im
Verborgenen wirkten. Von Stund’ an war keiner meiner Kollegen
mehr Herr seines Willens und seiner Entscheidungen, von Stund’
an war ich der Herr der Gemeinschaft. Meine Gedanken wurden die
ihren… in den Stunden der Entscheidung bildeten wir eine
Einheit. Auf die waren wir in Molochos Reich eingeschworen
worden.«
»Welche Möglichkeiten gibt es, den Bann abzustreifen,
Holesh?«
»Keine.«
»Sie lügen!«
Er schüttelte heftig den Kopf. Björn stand ganz dicht
vor dem jungen Mann und sah, wie es in dessen Gesicht arbeitete.
»Ich will, daß alles so bleibt, und Sie werden mich
nicht daran hindern, den Weg weiterzugehen, den ich begonnen
habe«, preßte er plötzlich hervor. Er öffnete
die Augen. Haß leuchtete in ihnen. »Ich werde nicht
weichen, nie… auch wenn ich Ihnen alles erzahle, was Sie wissen
wollen! Ich habe den
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