Macabros 061: Wenn Shimba Loos Todesruf erschallt
wissen ja selbst, was von solchen Gerüchten zu halten
ist…«
»Und Ambrose Bierce verschwand 1914 spurlos, nachdem er einen
neuen Roman über Spukerscheinungen recherchiert hatte«,
sagte Gerlon. »Ihr Vergleich stimmt zumindest in dieser
Beziehung.«
»Ich meinte den Vergleich auch nur so«, erwiderte der
Lord und erhob sich. »Aber nun möchte ich Sie nicht
länger aufhalten. Bis morgen dann.«
Charles Gerlon begleitete seinen Geschäftspartner noch hinaus
und wartete, bis dieser in ein Taxi gestiegen war. Dann zog er sich
auf sein Hotelzimmer zurück.
Er spürte eine seltsame Benommenheit in sich. Wieder wurde er
von starken Kopfschmerzen gepeinigt. Es war noch schlimmer als am
Morgen.
»Gerald Baskin«, hauchte er fast tonlos.
Die Kopfschmerzen nahmen zu und wurden immer schlimmer. Hart
preßte der Kunsthändler die Hände gegen die Schlafen.
Als das auch nichts half, ließ er sich aufs Bett fallen.
»Baskin«, murmelte er wieder. »Er – ja, er ist
damals wirklich verschwunden…«
Dann meldete sich plötzlich wieder die Stimme in Gerlons
Gehirn. Der unsichtbare Dämon war wieder da. Der Kopf des
Amerikaners schien platzen zu wollen. Er mußte sich
beherrschen, um nicht laut aufzuschreien.
*
Wie gebannt blieb Martin Perts’ Blick an dem unheimlichen
Bild hängen. Seine Träume schienen auf einen Film gebannt
zu sein.
Die Meute der Schlammwesen wirkte jetzt wie eine Traube, die
langsam über den Kraterrand kollerte.
Einzelne Individuen lösten sich von dem Kollektiv und krochen
langsam auf die Spanierin zu. Das Mädchen wich nicht
zurück.
Perts’ Blicke musterten die Abbilder der Morastwesen genau.
Mit Kennerblick versuchte er die Masse dieser Geschöpfe auf die
Norm zu übertragen. Noch im Kopf rechnete er den Maßstab
aus.
So waren diese schlauchförmigen Wesen im Durchmesser rund
achtzig Zentimeter groß. Ihre Bewegungsart erinnerte an
Schlangen, obwohl sie oft regelrecht zu gleiten schienen. Das vordere
Ende des röhrenförmigen Körpers war verdickt.
Ein spitz zulaufender Schädel saß hier. Auf ihm schien
ein Kegel aufgesetzt worden zu sein, der in einem rüsselartigen
Anhang auslief.
Wie bei einem Elefanten saß auch bei diesen Wesen unterhalb
des Rüssels ein, breites Maul.
Die Augen der Morastwesen waren wimpernlos und rund. Zwischen den
Augen und dem Rüssel saßen die Atemlöcher, die durch
eine feine Membran verschlossen werden konnten.
In Sekunden nahm der junge Maler diese Eindrücke in sich auf.
Sie waren nicht neu für ihn. Schon oft war er in seinen
Träumen diesen Wesen begegnet und hatte sie auch schon oft so
gezeichnet.
Ramona Molinero schrie nicht mehr. Leise wimmernd starrte das
Aktmodell auf die Leinwand und bangte um das Schicksal ihres gemalten
Ichs.
Plötzlich schien es zu donnern. Die beiden Menschen im
Atelier fuhren fast gleichzeitig hoch und blickten durch die breiten
Fenster ins Freie.
Es war ein Sonnentag, keine Wolke stand am Himmel. Von einem
möglicherweise aufziehenden Gewitter war nichts zu
entdecken.
War das Geräusch etwa aus dem Bild gekommen?
Perts erkannte sofort, daß er mit seiner Vermutung richtig
lag.
Die Szene auf dem Bild erhielt eine sonderbare Wendung.
Mit donnernden Tritten stapfte eine Riesenechse heran. Sie
überragte die Kraterwände noch um Haupteslänge.
Deutlich waren die spitzen Reißzähne im Maul des Untiers
zu erkennen.
Mit einer Geschwindigkeit, die niemand diesem behäbig
wirkenden Körper zugetraut hätte, stapfte das Monster
heran. Schnell hatte es sich in den Vordergrund des Bildes
geschoben.
Gegen dieses Untier wirkten die Schlammwesen nur noch wie
Spielzeuge. Sie sahen aus wie harmlose Regenwürmer, die einem
Krokodil begegneten.
Plötzlich kam Panik in die quirlende Traube der Morastwesen.
Sie schienen die Flucht ergreifen und sich in den Krater
zurückziehen zu wollen.
Doch die Echse war schneller.
Ehe die ersten Schlamm-Monster in den Sumpf gefallen waren, war
der Riesendrache schon heran und schnappte zu.
Ein Schlammwesen verschluckte die Echse sofort, zwei andere wurden
durch den Schnabelhieb in zwei Hälften zerrissen. Die Echse
richtete ein Blutbad unter den Morastwesen an.
Endlich hatten sich die Riesenwürmer wieder in den Krater
zurückgezogen. Auch die Einzelgänger, die sich der gemalten
Ramona genähert hatten, waren voller Panik in den Krater
zurückgesprungen.
Die Echse bewegte sich zwischen den Kadavern der Morastwesen.
Ramona Molinero schrie wieder. Martin Perts legte eine Hand
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