Macabros 074: Krypta der Regenbogen-Menschen
bemerkt. Ich bin ganz wild darauf, jene
unbekannten Kannibalen zu entdecken.«
»Sie haben keine Tropenerfahrung, Monique«, mußte
sie sich sagen lassen. »Wir sind Fremde hier,
gewissermaßen Eindringlinge und mit dieser mörderischen
Umwelt kaum vertraut. Außer drei Personen – unter ihnen
unser Leiter, Jack Slaton – hat von uns niemand Tropenerfahrung.
Das ist ein Manko für uns alle. Es bleibt uns also nichts
anderes übrig, als streng jene Anordnungen zu befolgen, die
diejenigen geben, von denen wir annehmen müssen, daß sie
über die Gegend hier mehr wissen…«
»Natürlich, Walt. So habe ich es ja auch nicht gemeint.
Ich wäre die Letzte, die unvorsichtig ist. Ich möchte weder
Ihnen noch mir Ärger bereiten. Aber ich vertrete mir mal die
Füße, und dann muß ich dorthin verschwinden, was
gemeinhin als Toilette bezeichnet wird. Da es keine öffentlichen
Anstalten hier gibt, muß ich wohl den dritten Busch von links
nehmen. Ich bin gleich wieder zurück.«
Der Mann nickte. »In Ordnung! Ich warte hier auf
Sie.«
Mit leichten Schritten und wiegendem Gang verschwand Monique Duval
in der Dunkelheit zwischen den massigen Baumstämmen.
Der zur Zeit für die Wache Verantwortliche ging bis an die
äußerste Grenze des Lagerplatzes, lauschte in die Nacht
und hielt gleichzeitig die Zelte im Auge, die so dicht nebeneinander
standen, daß man sie mit einem Bück übersah.
Von Monique Duval war nichts mehr zu hören. Die
Geräusche der Nacht aus dem Dschungel erfüllten
ständig die Luft und waren zu einer Art Begleitmusik für
alle geworden, an die sie sich bereits gewöhnt hatten.
Monique Duval entfernte sich etwa zehn Schritte vom Lager, als es
plötzlich geschah.
Zwei braune, ölig verschmierte Arme stießen
blitzschnell wie zwei Schlangen aus dem Unterholz und packten zu.
Noch ehe die Französin auch nur einen einzigen Laut von sich
geben konnte, preßte sich schon eine nach Schweiß und
einem scharfen, nicht identifizierbaren Duft riechende Hand auf ihren
Mund.
Die Soziologin wurde auf den Boden gerissen.
Zwei, drei, vier dunkle Gestalten sprangen lautlos aus
Nachtverstecken und warfen sich über sie.
Die Augen der Französin waren weit geöffnet.
Sie sah die grell geschminkten, bizarr und dämonisch
wirkenden Gesichter vor sich, sah das fanatische kalte Glitzern in
den auf sie gerichteten Augen.
Es gab keine Chance für sie, sich zur Wehr zu setzen und
Hilfe herbeizuholen.
Fast lautlos und mit einer Geschwindigkeit, die ihr kaum
bewußt wurde, spielten sich die ungeheuerlichen Dinge ab.
Mit roher Gewalt wurden ihr die Arme nach vom gerissen. Dann
fesselte man ihre Armgelenke aneinander und band ebenfalls die
Füße zusammen. Im nächsten Moment wurde ihr ein
schmutziger Lappen in den Mund geschoben, der sie zum Würgen
brachte.
Dann zog einer der Eingeborenen, die der großgewachsenen
Französin nur bis zur Achselhöhle reichten, eine Stange aus
dem Unterholz; diese wurde zwischen die Hand- und Fußfessel
geschoben. Monique Duval hing daran wie ein Opfertier.
Das Herz der jungen Französin schlug bis zum Hals, kalter
Schweiß perlte von ihrem Gesicht, und mit weitaufgerissenen
Augen versuchte sie, die Dinge in sich aufzunehmen und zu
begreifen.
Das waren sie… Angehörige jenes fremden Stammes, dem sie
auf der Fährte waren, von dem sie jedoch nicht ahnten, daß
sie sich so in der Nähe aufhielten.
Demnach wurden sie also die ganze Zeit schon beobachtet –
genau wie Walt vorhin gesagt hatte.
Und jetzt hatten sie nur einen günstigen Augenblick
abgewartet. Wahrscheinlich wollten sie einen nach dem anderen
entführen. Und mit ihr wurde der Anfang gemacht, weil sich eine
günstigere Situation gar nicht denken ließ.
Wieviel geheimnisvolle Angreifer lauerten im Dunkeln rings um das
Lager?
Monique Duval hätte es gern gewußt und ihr Wissen oder
ihre Warnung hinausgeschrien in die Nacht, um Walt und die anderen
auf die tödliche Gefahr aufmerksam zu machen. Doch genau das war
ihr versagt.
Sie sah die öligglänzenden Körper der Eingeborenen,
erblickte die dunklen, zerfetzten Lendenschurze, die mit grünen
und blauen, seltsam wirkenden Symbolen bemalt waren, die wiederum
Ähnlichkeit hatten mit den Zeichnungen in ihren Gesichtern.
Monique Duval wurde ins Dickicht verschleppt, hinein in die
Dunkelheit, immer weiter fort vom Lager, wo sie bis vor wenigen
Augenblicken Geborgenheit gehabt hatte.
Angst ergriff ihr Herz. Was würde mit ihr geschehen?
Sie mußte an die Gerüchte denken, die
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