Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Macabros 102: Die Finsterlinge von Krosh

Macabros 102: Die Finsterlinge von Krosh

Titel: Macabros 102: Die Finsterlinge von Krosh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Shocker
Vom Netzwerk:
in der Riesenstadt solange zu verstecken, bis sie
achtzehn und volljährig war.
    Dann konnte niemand mehr sie dazu zwingen, zu ihrem tyrannischen
Vater zurückzukehren. Eine leibliche Mutter hatte sie nicht
mehr, die war vor sechs Jahren nach schwerer Krankheit gestorben.
Ihre Nachfolgerin, eine ehemalige Krankenschwester aus
Aix-en-Provence, befand sich zu diesem Zeitpunkt schon im Haus. Kaum
war das Trauerjahr vorbei, ehelichte ihr Vater sie. Claudia Sevoir
mochte die »Nachfolgerin« – wie sie sie immer wieder
nannte - nie leiden…
    An dem großen Tor, das mit einem schweren Riegel von innen
verschlossen war, blieb die Ausreißerin kurz stehen und warf
einen Blick zurück auf das schmutzige Wohnhaus, die windschiefen
Ställe und Schuppen.
    Hier war Claudia Sevoir groß geworden. In einer Welt voller
Arbeit. Durch die ewigen Streitereien und Auseinandersetzungen hatte
sie sich nie wohl zu Hause gefühlt. Mit elf Jahren war sie zum
erstenmal davongelaufen. Aber nur bis zu einem Hügel hinter
Cereste. Dort lag das Hotel Fraque.
    Eine alte Freundin ihrer Mutter - Charmaine Fraque – war die
Besitzerin der Absteige in der heute kaum noch jemand Unterkunft
nahm. Zufällig vorbeireisende Touristen, die schon zu lange
unterwegs und zu müde waren, um noch bis zur nächsten
Ortschaft zu fahren, blieben manchmal dort hängen.
    Charmaine Fraque war bekannt dafür, daß sie
Kräuter verwendete, mit denen sich die verschiedensten
Krankheiten behandeln ließen. Das war schon ihr Hobby, als sie
noch jung war.
    In Cereste und Umgebung ging alles zu ihr, wenn es irgendwo
zwickte, man sich nicht wohl fühlte, wenn eine Kuh keine Milch
mehr gab oder Liebesschmerz einen bedrückte.
    Als Kind war Claudia Sevoir oft in dem alten Hotel gewesen, hatte
in der Küche beim Abwasch geholfen und manchen Francs dafür
bekommen. Sie war nicht weniger oft dabei, wenn Madame ihre
Spaziergänge machte und das, was manch einer am Wegrand als
Unkraut zertrat, mit zarter Hand pflückte und mit nach Hause
nahm.
    Seit dem Tod ihres Mannes war es still geworden um Madame. Kaum
mehr jemand besuchte sie. Aber daran war sie selbst schuld. Sie
wollte nicht, daß noch Leute zu ihr kamen. Selbst alte Freunde
hatte sie hinausgeekelt. Was der Grund war? Niemand wußte
es…
    Doch Claudia Sevoir hatte stets ein gutes Verhältnis zu ihr
gehabt. Die Hotelfrau, die selbst nie eigene Kinder hatte, mochte das
dunkelhaarige hübsche Mädchen mit den großen Augen
und dem großen Mund und forderte sie immer wieder auf, sie zu
besuchen, wann sie nur wollte.
    Der letzte Besuch lag vier Jahre zurück.
    Damals schon lebte Charmaine Fraque einsam und war halbblind. Ihr
hohes Alter – sie war über achtzig – machte ihr zu
schaffen, und auch die Kräuter, die sie selbst auch für
sich zubereitet hatte, schienen ihr nun nicht mehr zu helfen.
    Es war still geworden in ihrem Leben.
    Als Claudia daran dachte, was sie vorhatte, tastete sie
unwillkürlich nach dem kleinen Schlüssel, den sie im
Gürtel ihres Rockes stecken hatte. Es war der Schlüssel zum
Hintereingang des Hotels. Seit Jahren besaß sie ihn. Charmaine
Fraque hatte ihn ihr gegeben, um ihr die Möglichkeit zu
verschaffen, jederzeit ins Haus zu können. Damals bewohnte das
Ehepaar Fraque selbst ein ganzes Appartement in dem großen
Haus. Später wurde ein kleines Wohngebäude errichtet, in
das die Fraques umzogen.
    Das Hotel war um diese Jahreszeit bestimmt leer.
    Und selbst wenn dort jemand übernachten sollte, würde
sich ein Mädchen wie Claudia nicht daran stören… Im
Gegenteil! Das gab ihrem Vorhaben noch die rechte Würze.
    Jean-Paul Larusse würde Augen machen, wenn sie ihn in das
größte und schönste Zimmer führte. Dort stand
ein breites Bett, und die Vorhänge waren aus Samt und Seide.
Dort würde sie - wie versprochen – die Nacht mit dem
Bäcker verbringen und im Morgengrauen dann aufbrechen.
    Sie zog den Riegel zurück und öffnete die schwere
Bohlentür nur einen spaltbreit, so daß sie sich gerade
hindurchzwängen konnte. Danach schloß sie die Tür
wieder und rannte in die Nacht hinaus.
    Nirgends im Dorf brannte Licht.
    Claudia begann zu laufen.
    Der unbefestigte Weg führte leicht bergan. Bis zum
verabredeten Treffpunkt am Ortsausgang waren es fünf Gehminuten.
Bei dem Tempo, das sie vorlegte, schaffte sie es in drei.
    Am Straßenrand stand ein dunkelblauer Citroen des neuesten
Baujahres. Selbst in der Dunkelheit schimmerten die Chromteile.
Jean-Paul Larusse war ein Autonarr.
    In der Nähe

Weitere Kostenlose Bücher