Macabros 104: Höllenspuk
nach vorn gebeugt und berührten mit
ihren schmalen Gesichtern fast die Köpfe der Reittiere, auf
denen sie saßen.
Und diese Tiere waren nicht weniger grotesk und bizarr.
Alles an ihnen war in die Länge gezogen. Sie wirkten
ungeheuer dünn und zerbrechlich, hatten die Form urwelthafter
Drachen, die ausgemergelt waren. Ihre Flügel waren kurz und
stummelig, leicht angewinkelt. Sie bewegten sie rasch und kamen
pfeilschnell näher.
Die Luft pfiff um sie herum, die Wolkenschleier zerrissen.
Im nächsten Moment waren Macabros und Bolonophom von einem
Kreis der Luftreiter umgeben.
Die sehnigen Gestalten mit den schmalen spitzen Gesichtern, den
dichtstehenden Augen, wirkten nicht sehr intelligent. Aber mord- und
kampflüstern. Falls der Eindruck stimmte, dann war die Begegnung
mit ihnen kein Vergnügen.
»Nun tu etwas!« stieß Bolonophom hervor, der sich
durch die Annäherung der Luftreiter sichtlich unwohl
fühlte. »Sie werden keinen Zentimeter Haut auf unseren
Knochen lassen… es gibt die wildesten Gerüchte über
sie. Man erzählt sich, daß sie ihre Feinde bei lebendigem
Leib in siedendes Öl werfen, daß sie ihr Fleisch in
Streifen schneiden und verzehren. Sie sind Kannibalen…!
Laß es nicht so weit kommen… ich möchte selbst noch
manchen Trank, manche Speise genießen…«
»Und manche Loark-Frau dabei vernaschen…«
»Natürlich. Der Nachtisch gehört schließlich
dazu!« Bolonophom sog hörbar die Luft durch die Nase.
»Laß sie nicht näher kommen… schick ihnen Blitze
entgegen und fege sie wie ein Wirbelsturm von den knöchernen
Sätteln der Flugechsen.«
»Das alles werde ich nicht tun, Bolonophom.«
»Aber… aber… warum nicht?« stammelte der
muskulöse Loark-Mann entsetzt. »Du darfst ihnen… keine
Zeit geben… sie kennen keinen… Pardon…«
»Das alles interessiert mich nicht.«
»Du machst… mir Angst… Namenloser…« Seine
Stimme klang farblos, er tastete nach seinem Schwert. »Zwei,
drei oder auch vier… mit denen nehm ich es schon auf. Aber
– zehn? Das ist einfach zuviel.«
»Wer hat den Llonoll hierhergelenkt? Du – oder ich?
Hatte ich den Wunsch, durch Feindesland zu schweben – oder
du?«
»Ich muß dich aufklären, Namenloser…«,
auf Bolonophoms Stirn perlt der Schweiß, in seinen Augen
funkelte ein wildes Licht. »Das ist nicht Feindesland. Die
Luftreiter bewegen sich weit außerhalb der Regionen, in denen
sie normalerweise zu erwarten sind.«
»Bolonophom!«
»Es stimmt, Herr, ich…«
»Sagst du das alles jetzt, weil du Angst hast, deine Haut zu
Markte zu tragen?« Macabros kannte seinen neuen Freund noch zu
wenig, um genau zu wissen, in welcher Situation er wie reagierte, was
er ernst meinte, was im Spaß. Bolonophom war ein
urwüchsiger, vierschrötiger Kerl, eine
Kämpfernatur.
»Ein Loark kennt keine Furcht«, empörte er sich.
»Was ich fürchte ist, daß wir nicht mehr rechtzeitig
zum Lagerplatz der Geretteten kommen, um herauszufinden, was wirklich
geschehen ist… Ich habe kein gutes Gefühl, Namenloser…
eins sollst du wissen: Daß die Luftreiter hier auftauchen, habe
ich nicht gewollt. Irgend jemand scheint sie pünktlich
hierherbestellt zu haben. Es sieht gerade so aus, als hätten sie
uns abgepaßt, als hätten sie gewußt, daß wir hier vorbeikommen würden…«
*
Das klang echt.
Bolonophom war ohne eigenes Verschulden in diese Situation
geraten.
Doch Macabros konnte keine Wunder vollbringen. Darauf aber schien
sich der Loark allerdings zu verlassen. Er war überzeugt davon,
daß eine mythische Gestalt, wie der Mann an seiner Seite es mit
Gewißheit war, mit solchen Lappalien ohne mit der Wimper zu
zucken fertig wurde. Wer das Reich eines als Gott verehrten
mächtigen Götzen im Handstreich nahm, der wurde erst recht
mit zehn Luftreitern fertig. Daß es nicht so einfach war,
darüber redete Macabros Heber nicht.
Was Bolonophom gesagt hatte, machte ihn nachdenklich.
Waren sie wirklich in einen Hinterhalt geraten?
Wer konnte wissen, daß sie hier vorbeikommen
würden?
Nur – Vela!
War ihr Aufkreuzen eine Falle gewesen? .
Das wollte und konnte er nicht glauben.
Wenn Bolonophom jedoch den Verdacht hatte, daß die Begegnung
nicht zufällig zustande kam, dann steckte mit Bestimmtheit etwas
dahinter.
Ein bewußt gesteuerter Angriff.
Die Priester aus dem Dschungeldorf der Traphilen?! Hatten sie
damit zu tun? Waren sie »umgefallen«?
Oder begann der Fluch des Schlafenden, der auch »der
Tschonn« gewesen war – bereits zu
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