Macabros 109: Vontox - Der Magier aus Lemuria
Glück
hinausschreien mögen.
Doch er mußte sich zusammenreißen.
Er kam nicht einfach nach Hause zurück. Das durfte er nie
vergessen. Zwanzig Jahre Xantilon, zwanzig Jahre unter Wilden und
Eingeborenen, zwanzig Jahre lang Gefahren und Abenteuer in einer
menschenfeindlichen Umwelt… Das hatte ihn geprägt und einen
anderen Menschen aus ihm gemacht.
Am liebsten wäre er in jeden Schuppen, jeden Stall gerannt.
Aber das ging nicht. Die Hühner, Rinder, Kälber und
Schweine waren andere. Es waren nicht mehr die gleichen von damals.
Nur Pidger lebte noch. Und die alten Pferde… Aber ihr Stall lag
weiter hinten.
Er kam an Pidgers Hütte vorbei.
Der treue gehorsame Hund, der stets auf ihn gehört hatte,
hatte den Kopf aus der Hütte gestreckt und sah ihm fragend
nach.
Pidger hatte den Auftrag, ihm nicht zu folgen.
Er verstand es.
Harry Carson bewegte sich auf Zehenspitzen durch den großen
Innenhof und zwischen den einzelnen Gebäuden. Die Regentonne
stand noch am alten Platz. Die Pumpe, der Brunnen… alles
vertraute Dinge.
Und dann der kleine Schuppen neben dem Wohnhaus. Wie oft war er an
der Regenrinne hochgeklettert, von da aus auf das Dach und dann in
Carlos Zimmer, das er durchqueren mußte, wenn er in seine
Kammer wollte.
Wie oft war dies der Fall gewesen, nachdem er Patsy kennengelernt
hatte!
Patsy…
Wehmut schlich in sein Herz, als er an sie dachte.
Patsy, die schönste aus dem Village. Groß, schlank,
Augen wie Kirschen, langes schwarzes Haar, biegsam wie eine
Gerte… Er mochte sie schon, als sie zur Schule gingen. Aus einer
Kinderfreundschaft war schließlich Liebe geworden. Abend
für Abend war er von der Farm aus ins Dorf geritten, um sich mit
ihr zu treffen. Manchmal auf halbem Weg. Im Sommer waren sie durch
die Ährenfelder und Wiesen geschlendert, hatten oft stundenlang
im hohen Gras oder zwischen dem Korn gelegen und den Mond angestarrt,
sich geküßt und von der Zukunft geträumt und
gesprochen.
Zukunft…
Als er daran dachte, empfand er einen bitteren Geschmack im
Mund.
Gab es so etwas wie Zukunft überhaupt?
Er hatte zur Zeit ein eigenartiges Verhältnis gefunden.
Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft… alles ereignete sich
gleichzeitig. Die Zeit war ein großes und sprödes
Ding.
Patsy…
Wieder stieg ihr Bild vor seinem geistigen Auge auf.
Die schöne, schwarzhaarige Patsy, mit einer Haut wie aus
Milch und Blut. Er wurde immer an Schneewittchen aus Walt
Disney’s gleichnamigem Film erinnert, wenn er mit ihr zusammen
war. Als einziger hatte er sie mit dem Kosenamen
›Snow-White‹ angesprochen…
Ein flüchtiges, von ihm unbemerktes Lächeln spielte um
seine Lippen, als er daran dachte.
Wie gern hätte er ihre Hände gefühlt, war mit
seinen Fingern durch ihr weiches, seidiges Haar gefahren und hatte
ihren Duft geschnuppert…
Wie sehr hatte er sie geliebt – und liebte sie immer
noch!
Es war, als würde eine dicke Eisdecke springen.
Alles war blitzartig wieder da.
»Patsy«, murmelte er unwillkürlich.
Und das entrückte Lächeln um seine Lippen erstarrte.
Da war jener fragwürdige Abend, da alles seinen Anfang und
sein Ende nahm…
Ein Abend wie jeder andere auch.
Seit einem Jahr fuhr Harry Carson seinen Wagen. Oft war er noch
spät unterwegs. Zwischen Farm und dem Dorf.
An jenem Abend kam er von Patsy zurück – und wurde auf
das rätselhafte Leuchten im Wald aufmerksam. Er schaltete Motor
und Scheinwerfer aus, verließ heimlich den Wagen und schlich
zwischen den Stämmen an die Lichtung heran, wo er Zeuge einer
seltsamen Versammlung wurde.
Jene rätselhaften Männer in Schwarz, von denen niemand
etwas Genaues wußte, von denen man jedoch alles Mögliche
erzählte, hatten sich getroffen.
Und sie wurden auf den ungeladenen Gast aufmerksam.
Als Harry Carson erkannte, daß man ihn entdeckt hatte,
versuchte er noch zu fliehen. Doch er kam nicht weit. Es fiel den Men
in Black leicht, seiner habhaft zu werden. Sie entführten ihn in
einem sogenannten UFO, das ebenfalls zu den großen Rätseln
dieser Welt gehörte, um das sich Dichtung und Wahrheit rankte.
Und keiner wußte, was Dichtung, was Wahrheit war…
Er jedenfalls verschwand in dieser Nacht. Am nächsten Morgen
entdeckte man das verlassene Auto, und die Routinearbeit der Polizei
begann. Er konnte sich vorstellen, wie die Untersuchung ausging. Es
gab keinerlei Spuren, keinerlei Hinweise darauf, daß
Gewaltanwendung oder ein Verbrechen vorlag.
Der ›Fall Harry Carson ‹ wurde zu einem jener
rätselhaften
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