Macabros 123: Die Spuk-Ruine von Maronn
lange unterwegs, und mein
Herz trauert um das, was geschehen ist…«
»Was ist denn geschehen?«
»Sie hat die Gesellschaft verlassen, eine Tafel, an der mehr
als hundertfünfzig Adlige aus dem ganzen Land versammelt waren.
Sie hat sich darüber geärgert, daß einer der
geladenen Gäste schwarzmagische Kunststücke vorgeführt
hat, obwohl in den heiligen Mauern von Dwellyn-Castle solche
Praktiken streng verpönt sind… Ein Gast war Magier und
nutzte schamhaft unsere Gastfreundschaft aus, um die Gäste in
seinen Bann zu ziehen. Sie waren wie verzaubert. Er verhielt sich
plötzlich nicht mehr wie der geladene Gast, der dem Hausherrn
Respekt zollt, sondern wie ein Tyrann, der seine Macht unter allen
Umständen demonstrieren will. Und alle gerieten in den Bann des
Schwarzkünstlers.
Das Interesse an seinen Tricks griff um sich wie eine Seuche. Alle
Anwesenden hatten schon reichlich getrunken und gegessen, befanden
sich in einer aufgekratzten Stimmung und wollten immer mehr von den
Vorführungen des ›Meisters‹ sehen.
Ich sehe ihn noch genau vor mir…
Sein Haar wuchs spitz in die Stirn und berührte fast die
Nasenwurzel, so daß man meinen konnte, er trüge eine
enganliegende Kappe. Seine schwarzen Augen blickten kalt und
funkelten wie Eiskristalle, und um seine schmalen Lippen lag ein
widerliches, abstoßendes Grinsen.
Das Grinsen eines Teufels!
»O ja«, sagte er zu den Versammelten. »Ich kann
euch mehr bieten. Aber es wäre schade, wenn auch nur ein
einziger die Darbietung versäumen würde. Lady Patricia hat
sich aus unserer Mitte entfernt. Sie sollte als Gastgeberin nicht
fehlen. Sie steht der Magie skeptisch, ja geradezu feindselig
gegenüber. Vielleicht kann sich sie überzeugen… Nun,
meine lieben Versammelten, folgt mir! Suchen wir Lady Patricia! Ich
mag nicht, wenn einer sich aus unserem Kreis entfernt…«
Was er sagte, war ungastlich und ungehörig.
Aber er erhielt sogar noch Beifall für seine Worte.
Der Teufel hatte sie alle in seinen Bann gezogen…
Ich kann mir plötzlich vor wie ein Sklave, der tun muß,
was sein Herr von ihm verlangt. Aber der Herr von Dwellyn-Castle
– das war ich! Nur – hörte niemand mehr auf mich.
Sie folgten ihm, als er sie aufforderte, das Schloß nach
Lady Patricia zu durchsuchen.
Alle verließen die Tafel, verteilten sich in den Räumen
und stiegen schließlich auch nach unten in das labyrinthartige
Gewölbe. Ich rief die Geladenen zurück und wandte mich an
die Freunde. Aber nicht mal sie erhörten mich.
Sie lachten mich aus und verhielten sich, als hätten sie eine
Droge genommen.
Ich hörte ihre Stimmen und ihr Lachen, das immer mehr in den
Gewölben von Dwellyn-Castle sich verlor.
Dann kehrte plötzlich Totenstille ein.
Ich war verwundert. Eine Zeitlang wartete ich als einziger im
großen Speisesaal auf die Rückkehr der Aufgebrochenen, und
vor allem auf Patricias Auftauchen, die ich auch nicht in ihrem
Zimmer angetroffen hatte.
Als niemand mehr sich zeigte, wuchs meine Unruhe, und ich ging
ebenfalls in das Kellergewölbe und rief nach denen, die sich
dort noch aufhalten mußten.
Der Schwarzmagier, der seine unheiligen Künste
vorgeführt hatte, stand plötzlich wie aus dem Boden
gewachsen vor mir. Ich fragte ihn nach den anderen, die ihn begleitet
hatten.
Sie seien noch hier unten, ließ er mich wissen. Ich
müsse nur Ausschau halten.
Ich ging die kilometerlangen Gänge und Korridore und
ließ keinen Fluchttunnel und keinen Durchlaß aus.
Aber ich fand weder Patricia noch die anderen hundertfünfzig
Gäste. Der geladene Gast, der sich als Werkzeug des Teufels
erwiesen hatte, schien sie in Luft aufgelöst zu haben.
Ich stürzte auf ihn zu, riß mein Schwert aus der
Scheide und war bereit, ihn auf der Stelle umzubringen.
Er stand nur wenige Schritte von mir entfernt.
Kalt lächelnd schien er meinen Angriff zu erwarten.
»Du bist ein Narr, Jerome!« rief er mir zu.
»Glaubst du wirklich, daß ich dich als einzigen Zeugen
frei laufen lassen werde? Du konntest dich zwar absetzen von der
Gruppe, aber das ist kein Grund, dich ihr nicht noch nachzuschicken.
Du suchst deine geliebte Patricia… ich will dich nicht daran
hindern, sie weiterhin zu suchen. Mach’ dich auf den Weg,
vielleicht wirst du sie eines Tages finden… In ein paar Stunden
oder ein paar Tagen… vielleicht brauchst du auch Wochen, Monate
oder gar Jahre… vielleicht auch fünfhundert oder
tausend… Zeit, Belbrook, spielt für euch alle keine Rolle
mehr…«
Sein hämisches
Weitere Kostenlose Bücher