Macabros 125: Das Zauber-Pergament
nichts mehr zu sehen war, lag alles wieder da wie
zuvor.
Alles hätte nur ein Traum, eine Halluzination sein
können, wenn eines nicht gewesen wäre: der weiße
Cadillac und der Erschossene.
Sie waren der Beweis dafür, daß alles wirklich
geschehen war.
*
Der Fahrer des Pontiac fuhr bis zur nächsten
Straßenkreuzung. Dort stand eine Telefonzelle, die er betrat.
Er wählte die Nummer einer Polizeidienststelle und berichtete
mit aufgeregter Stimme, daß er glaubte, in der Nähe des
großen Parkplatzes Zeuge eines Verbrechens geworden zu
sein.
»Ich hatte mein Fahrzeug dort abgestellt und rauchte eine
Zigarette… als ich plötzlich sah, wie zwei Männer in
Streit gerieten. Der eine stieß den anderen zurück und
setzte sich in seinen Wagen. Ein weißer Cadillac, nein, die
Zulassungsnummer habe ich mir leider nicht gemerkt… aber Sie
werden das Auto noch finden, es steht noch an der gleichen Stelle.
Der andere zog seine Pistole und feuerte mehrere Schüsse auf den
Fahrer ab, ehe dieser den Wagen starten konnte… dann ist er
davongebraust. In einem schwarzen Ford… Washingtoner
Kennzeichen… mehr konnte ich leider nicht erkennen. Der Wagen
war nicht beleuchtet… Ich habe mich mucksmäuschenstill
verhalten, einige Minuten verstreichen lassen, ehe ich es wagte, mich
dem Tatort zu nähern… ich glaube, der Tote am Steuer ist
Senator Roger Capsul… meinen Namen? Nein, den möchte ich
nicht nennen. Aus Angst. Ich habe Angst, daß mein Name in etwas
hineingezogen wird, das mich gefährdet. Bitte, haben Sie
dafür Verständnis. Ich habe Ihnen meine Beobachtungen
mitgeteilt, mehr habe ich dazu nicht zu sagen.«
Der CIA-Agent gab auf die schnelle Frage des Sergeant am anderen
Ende der Strippe keine Antwort mehr. Hart legte er auf und
verließ grinsend die Telefonzelle.
Die Saat war ausgelegt, nun mußte sie aufgehen.
Der dunkle Pontiac fuhr auf der breiten Straße Richtung
Innenstadt.
Von dort kamen ihm zwei Streifenwagen der City-Police entgegen.
Rotlicht flackerte auf ihren Dächern, und mit hoher
Geschwindigkeit jagten die Autos dem angegebenen Parkplatz
entgegen.
Den dunkelblauen Pontiac auf der Gegenfahrbahn beachteten sie
nicht.
*
Hinter dem Spiegel begann die Wüste.
Hell breitete sich der weiche Sand vor ihnen aus und wurde
unterbrochen von einzelnen flachen Dünen.
Björn Hellmark, Carminia Brado und Rani Mahay standen
nebeneinander.
»Die Wüste hat sich verändert«, sagte Hellmark
leise. »Als wir das erste Mal hier waren, dehnte sich wie ein
Himmel eine regenbogenfarbene Kuppel über uns. Nun hat der
Himmel die Farbe des Sandes und scheint sein Spiegelbild zu
sein.«
»Als wir das erste Mal hier waren, funktionierte Drudans
Traummaschine noch. Die haben wir auseinandergenommen«, bemerkte
der Inder beiläufig, während sein Blick in die Runde
schweifte.
Sanft und kaum merklich umwehte sie warmer Wind.
Feiner Sand bedeckte im Nu ihre Füße.
Als sie sich wieder in Bewegung setzten, dauerte es nur wenige
Minuten, und die von ihnen hinterlassenen Spuren waren wieder mit
Sand gefüllt.
Eine ruhige, friedliche Welt umgab sie.
Hier lebten keine Menschen. Irgendwann vor unvorstellbar langer
Zeit kamen Außerirdische und hinterließen die Statuen des
Drudan, der von diesem Augenblick an seine Träume träumte
und die gesamte Menschheitsgeschichte beeinflußte.
Was Drudan wollte, erfüllte sich, und so mischten sich
Vorstellung und Wirklichkeit. Auf Drudan ging ein Buch zurück,
das von einem französischen Marquis Wort für Wort in Trance
niedergeschrieben wurde und den Titel »Buch der Träume des
Drudan« trug. Was an Gestalten und Szenen in diesem Buch
aufgezeichnet war, konnte von jedermann jederzeit zum Leben erweckt
werden. In Paris war das Buch zum letzten Mal in Verbindung mit einer
Gestalt aus einem Alptraum aufgetaucht und seitdem verschwunden.
Dieses Buch war das letzte Relikt aus der Zeit Drudans und seiner
Mysterien.
Björn und seine Freunde schritten kraftvoll aus und
entfernten sich immer mehr von dem Fixpunkt, an dem der Spiegel sie
in diese Welt geführt hatte.
Einige Schritte hinter ihnen war so etwas wie eine neblige Wand.
Von hier aus entstand die fremde Dimension hinter dem Spiegel. Auf
der anderen Seite lagen das Wäldchen und vor allem das
laubbedeckte Fundament der Einsiedlerklause, wo sie den Spiegel der
Kiuna Macgullyghosh in Stellung gebracht hatten.
Carminia Brado bewegte sich zwischen den beiden Männern.
Für sie war es der erste Aufenthalt in
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