Macabros 125: Das Zauber-Pergament
dieser Dimension. Auch
der unsichtbare Geist des toten Doc Shadow weilte zum erstenmal hier
und nahm alles genau und wissensbegierig in sich auf.
»Es sind jedenfalls keine Geschöpfe mit
›Omega-Seelen‹ hier«, sagte eine Stimme unerwartet
über ihnen. Shadow hatte ein Gespür für die
dämonischen Fremden. »Die Luft ist völlig
rein.«
Sie erreichten die Stelle, wo die beiden Statuen – die
männliche und die weibliche Ausgabe des Zwitterwesens Drudan
– gestanden hatten. Von den künstlich geschaffenen
Automaten existierte nur noch mehlfeiner grauer Staub, der sich kaum
von der Farbe des Sandes abhob und von dem ewig
gleichmäßigen Wind dieser Landschaft längst über
den Wüstensand und in alle Himmelsrichtungen verstreut worden
war.
Dann kniete Björn vor der Stelle, an der der etwa
dreißig Zentimeter lange und wie ein Pergament geformte Stein
zerfallen war.
Mit beiden Händen begann Björn damit, den
feinkörnigen Sand an dieser Stelle abzutragen und ein Loch zu
graben.
Vielleicht war der Stein, der sich auflöste, als er Kenntnis
von dessen Inschrift genommen hatte, nur die Spitze eines Eisberges.
Vielleicht waren wichtigere Hinweise in größerer Tiefe zu
finden.
Rani Mahay und Carminia Brado begannen ebenfalls zu graben, jeder
etwa einen Meter von ihm entfernt.
»Tut mir leid, daß ich euch dabei nicht behilflich sein
kann«, vernahmen sie wieder die Stimme des Unsichtbaren.
»Ich seh’ mich einstweilen in der Umgebung um… Wenn
ich etwas Besonderes entdecken sollte, geb’ ich euch
Bescheid.«
Doc Shadow entfernte sich.
Zeit verstrich.
Eine halbe Stunde verging. Schweigend waren sie bei der
Arbeit.
In Gedanken rief Björn mehrere Male nach dem Zauberpriester
Al Nafuur und hoffte, die telepathische Brücke in das
Zwischenreich zu schlagen.
Al Nafuur hatte ihm davor den wertvollen Hinweis zu Drudan, dem
Mysterien-Macher, gegeben. Diese Spur schien eindeutig direkt zu
Rha-Ta-N’my zu führen.
Warum schwieg Al jetzt?
Aus Erfahrung wußte Björn, daß langdauerndes
Schweigen meist nichts Gutes zu bedeuten hatte.
Al Nafuur war dann durch irgendwelche dämonischen
Aktivitäten verhindert, sich mitzuteilen. Die
Dämonengöttin und ihre Schergen kannten Mittel und Wege,
die unsichtbare geistige Verbindung zwischen Hellmark und Al Nafuur
intensiv zu stören.
Manchmal aber hatte langes Schweigen des Geistfreundes auch eine
andere Bedeutung. In diesem Fall war Al Nafuur dann damit
beschäftigt, neue Dinge zu ergründen, die seinem
Schützling Hellmark von Nutzen sein konnten. Da war Al Nafuurs
Geist so weit weg, daß er nicht mehr erreichbar war.
Björn hoffte, daß dies der Fall war und der Freund aus
dem Zwischenreich sich bald mit einer überraschenden Mitteilung
an ihn meldete.
Hellmark atmete tief durch und richtete sich auf.
Inzwischen hatten sie mehrere kleinere Löcher gegraben.
»Es ist müßig und mühselig, was wir hier
tun«, seufzte er.
»Wenn ich mir die Wüste, die uns umgibt, anschaue,
muß ich dir recht geben«, warf Rani Mahay ein und grinste
wie ein großer Junge von einem Ohr zum andern. »Aber was
soll’s… wir haben ja Zeit.«
»Wenn wir wenigstens einen weiteren Anhaltspunkt
hätten«, sinnierte Björn.
»Vielleicht ist deine Überlegung goldrichtig. Vielleicht
liegt hier genau die Stelle, die für uns maßgebend ist.
Nur – das, was du suchst, liegt eben tiefer. Also müssen
wir auch tiefer graben.«
»Wir hätten Whiss mitnehmen sollen«, schaltete der
Inder sich wieder ein. »Der wälzt, ohne auch nur einen
Finger krumm zu machen, mehrere Kubikmeter Sand pro Sekunde
um.«
Whiss war wie Blobb-Blobb ein parapsychisches Talent, das jede Art
von Materie beeinflussen und bearbeiten konnte.
»Wäre er greifbar gewesen, hätte ich ihn auch
mitgenommen«, erwiderte Björn Hellmark und begann an einer
anderen Stelle zu graben. Rings um den Fundort des vergangenen
Steines sah der Wüstenboden aus wie ein durchlöcherter
Käse. »Aber er hält sich offenbar mal wieder in seinem
Para-Feld auf. Möglich, daß uns seine Untersuchungen und
Experimente dort auch mal weiterhelfen können. Geist, dessen
Erinnerung zurückreicht bis an die Uranfänge des
Universums, müßte auch – so sollte man jedenfalls
meinen – etwas enthalten über das Pergament, das eine so
wichtige und weltbewegende Botschaft überliefert.«
»Whiss weiß stets, was er will«, murmelte Carminia
Brado. »Ich halte es für möglich, daß er genau
deshalb das Para-Feld aufgesucht hat. Schon mehr
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