Macabros Neu 01 - Der Leichenorden von Itaron
Raum zur Tür. Rani öffnete sie gerade einen Spaltbreit. Auch im Flur davor brannte kein Licht.
Er lauschte. Es war nichts zu hören.
Vorsichtig öffnete er weiter und winkte Danielle, ihm zu folgen. Lautlos huschten die beiden durch den Flur, hin zu einer Treppe, die nach oben führte.
Wie nicht anders zu erwarten gewesen war, befanden sie sich im Keller des Neubaus, der anstelle von Björns Villa errichtet worden war. Schon damals hatte der Spiegel der Kiuna Macgullygosh die Geisterhöhle auf Marlos mit dem Keller der Villa verbunden.
Als Rani den Fuß auf die erste Stufe setzte, knarrte diese erbärmlich. Er verzog das Gesicht. Hoffentlich wurde keiner der Bewohner auf sie aufmerksam …
Denn wie sollte er denen klar machen, auf welchem Weg sie ins Haus gelangt waren und dass sie nichts Böses beabsichtigten? Die Wahrheit klang wie ein Märchen …
Bemüht leise gingen sie weiter.
Oben angekommen standen sie vor einer Tür, die sichtlich ins Freie führte. Ein Schlüsselbund steckte von innen. Offenbar hatte der Hausherr abends abgeschlossen.
Rani drehte den Schlüssel.
Das Klacken schien ihm überlaut.
Leichtfüßig eilten die beiden ins Freie, Danielle drückte die Tür ins Schloss.
Über einen breiten Weg huschten sie durch den geschmackvoll angelegten Vorgarten auf die Grundstücksgrenze zu.
Rani warf einen Blick über die Schulter zurück. Eben ging im Obergeschoss des Hauses ein Licht an.
Der Inder packte Danielle und zog sie an einen Baum heran. Keine Sekunde später tauchte im Fenster ein Gesicht auf und drückte sich an der Scheibe fast die Nase platt.
»Nicht bewegen«, meinte Rani.
»Hab ihn gesehen«, flüsterte Danielle zurück.
Einige Sekunden später zog sich der Beobachter von der Fensterscheibe zurück. Das Licht blieb jedoch an.
»Wahrscheinlich schaut er im Haus nach dem Rechten.« Rani grinste. »Der wird sich wundern, dass er nicht abgeschlossen hat.«
Gemeinsam sprangen sie keine Minute später über die kleine Mauer, die das Grundstück begrenzte. Wie ein verliebtes Paar auf einem Nachtspaziergang durch die herrliche Gegend um den Genfer See schlenderten sie weiter.
»Es ist mitten in der Nacht«, stellte Rani fest. »Wir sollten zusehen, dass wir uns möglichst schnell ein Auto zulegen. Von hier bis zum Schloss dieses Bornier ist es eine ordentliche Strecke, auch wenn du immerhin Recht hattest, dass wir unserem Ziel in Österreich nun wesentlich näher sind als auf Marlos.«
Geld trugen sie in ausreichendem Maß bei sich, um einen Leihwagen zu mieten und nötigenfalls aufzutanken. In den wichtigsten Währungen der Welt lag stets ein ordentliches Sümmchen auf Marlos bereit.
»Fahren wir mit einem Taxi zum Flughafen«, schlug Danielle vor. »Dort wird hoffentlich auch in der Nacht eine Leihwagenfirma geöffnet haben.«
Drei Stunden später rasten sie durch die Nacht ihrem Ziel entgegen. Rani verschränkte die Hände im Schoß und schloss die Augen, während Danielle fuhr. Der Inder genoss die Ruhe und schlief rasch ein.
Michael Bornier fühlte sich schwach. Es war wohl ein momentanes Tief, weil der Dämon ihn verlassen hatte. Ri-la’rh, dieser Versager! Gerade er hätte doch treu zu Rha-Ta-N’my stehen müssen! Gerade er musste doch wissen, dass die Göttin eine Vielzahl von Opfern benötigte, die Bornier durch die Bilder schicken konnte.
Und wer sich dazu nicht eignete, musste eben aus dem Weg geschafft werden. Auch ihr Blut war der Dämonengöttin wohlgefällig, wenn auch auf andere Art. Dass ein Dämon wie Ri-la’rh derartige Skrupel haben konnte, hätte Bornier nie für möglich gehalten. Ja, Skrupel! Nichts anderes konnte es sein, wenn Ri-la’rh es auch hinter billigen Ausreden verbarg wie der, dass sie im Geheimen operieren mussten, damit niemand auf sie aufmerksam wurde.
Wahrscheinlich hätte der Ektoplasma-Dämon ihn am liebsten aus dem Weg geräumt, aber dazu hatte er keine Möglichkeit. Ri-la’rh war auf ihn angewiesen, um in dieser Welt Fuß fassen zu können.
Bornier hustete und fühlte etwas Hartes, Spitzes im Mund. Ein Zahn – nicht der erste, der ihm ausfiel in den letzten Tagen. Er spuckte ihn aus. Vermischt mit Blutspritzern kullerte er über den Boden. Der Maler kümmerte sich nicht darum. Keiner der Gäste würde es sehen – der magische Bann im Schloss verhinderte es. Er gaukelte allen eine angenehme Umgebung vor, in der sie sich wohlfühlen konnten. Woher die Magie genau kam, wusste er nicht – wahrscheinlich von Ri-la’rh. Zumindest
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