MacAllister 6 Die schottische Wildkatze
Wie lange seid Ihr schon mit ihm bekannt?«
»Nicht sonderlich lange. Meine Cousine hat seinen Bruder Ewan geheiratet, jetzt bringt mich Lochlan zurück zu meinem Onkel.«
»Das ist aber nett von ihm.«
»Ja, stimmt.«
Sie gingen mehrere Minuten schweigend weiter; unterdessen zerbrach sich Cat den Kopf, wie sie am unverfänglichsten das Thema anschneiden konnte, das sie am meisten interessierte.
Simon blieb schließlich stehen und schaute sie vielsagend an. »Ihr wisst Mylady, Ihr könnt mich alles fragen.«
»Verzeihung?«
Sein Blick war freundlich und offen. »Ich spüre in Eurem Schweigen den Wunsch, mich über Lochlan und seine Familie auszufragen.«
»Woher wisst Ihr das?«
Er zuckte die Achseln. »Ich habe viel Zeit in der Nähe von Frauen verbracht, die neugierig auf die Männer waren, die ich kennen Ich nehme an, Ihr seid nicht so anders als sie.«
Das stimmte, aber ... »Ich bin mir gar nicht sicher, ob ich nun beleidigt oder geschmeichelt sein sollte.«
Sein Lachen war leise und gespielt hinterlistig. »Ich habe noch nie jemanden offen beleidigt ... Hinter ihrem Rücken, nun, dasist eine andere Sache.«
Sie schüttelte den Kopf über seine Art. »Mir fällt es schwer zu glauben, dass Ihr je etwas so Anrüchiges tun könntet.«
Ein seltsamer Ausdruck huschte über seine Miene, er wurde sofort ernst. »Es gibt viel, zu dem man unter den richtigen Umständen fähig ist.«
Cat erschrak über die Drohung, die in seiner Bemerkung mitschwang. »Ihr gehört auch zur Bruderschaft, nicht wahr?«
Er nickte kaum merklich.
Sie empfand Mitleid. »Das wusste ich nicht, Simon, bitte verzeiht mir.«
»Da gibt es nichts zu verzeihen. Ihr wusstet es nicht, und ich habe es nicht erzählt. Außerdem bin ich ja gar nicht derjenige, der Euch fasziniert. Das ist offensichtlich Lochlan.«
Sie musste sich zwingen, nicht zurückzuzucken. »Ich würde nicht so weit gehen zu sagen, dass Lochlan mich fasziniert.«
»Wenn Ihr das sagt, Mylady.« Aber sein Tonfall verriet Unglauben. »In dem Fall werde ich so tun, als hätte ich nicht bemerkt, wie Eure Stimme weicher wird, wann immer Ihr seinen Namen aussprecht.«
Seine Worte füllten sie mit Entsetzen. »Das stimmt doch gar nicht — oder doch?«
»Doch.«
Sie spürte, wie verlegene Röte ihr in die Wangen stieg. »Er gehört nicht zu der Sorte Mann, die mich interessiert. Ehrlich. Überhaupt nicht.«
»Wenn Ihr das sagt, Mylady.«
»Das tue ich, aber ...«
»Ihr möchtet trotzdem mehr über ihn erfahren.«
Sie nickte, obwohl sie am liebsten alles abgestritten hätte. Doch wozu war das schon gut? Simon durchschaute sie offenbar mühelos.
Er führte sie ein Stück von der Menschenmenge fort zu einer schmalen Bank an einer nur schwer einsehbaren Stelle, wo man sitzen und sich unterhalten konnte, ohne belauscht zu werden. »Ich weiß nicht viel von Lochlan selbst. Das meiste, was ich über ihn und seine Familie weiß, hat sein Bruder erzählt.«
»Und das ist?«
Simon holte tief Luft, ehe er ihr antwortete. »Ich bin sicher, dass Sin für ihn sein Leben geben würde - und es gibt nicht viele Männer, für die Sin das täte.«
Das war gut zu wissen. »Ich habe gehört, dass ihr Vater andere misshandelt hat.«
Simon lachte bitter auf. »Aye, das könnte man so sagen, und es betraf nicht nur Fremde. Er war ein Säufer, der seiner Familie nur selten seine Fäuste erspart hat. Lochlan hat sich große Mühe gegeben, seine Brüder nach Kräften zu beschützen, aber nach dem, was ich gehört habe, war da niemand, der ihn beschützt hätte.«
Ihr Herz zog sich bei diesen Worten zusammen. »Er ist für sie sein ganzes Leben lang verantwortlich, nicht wahr?«
»Ja.«
Das machte sie traurig. Sie hasste es, so etwas von irgendjemandem zu hören. Ihr Vater war sicher kein Vorbild an Herzlichkeit, aber ihre Mutter und ihre Familie hatten sie immer liebevoll behandelt. Sie hatte einen Ort, an den sie vor den schmerzlichen Erfahrungen am Hofe ihres Vaters fliehen konnte. Als ihre Mutter erfuhr, wie es ihr dort ergangen war, hatte sie sofort dafür gesorgt, dass es aufhörte, und Cat beschützt. Wie schön wäre es, wenn alle Kinder dieses Glück hätten!
»Und es hat nie eine Frau gegeben, die sein Herz gewonnen hätte?«, fragte sie leise.
»Nur eine.«
Diese Information überraschte sie. Wenn man Lochlan so reden hörte, hätte man das nicht für möglich gehalten. Er benahm sich, als habe er keine Ahnung von Liebe. »Hat er sie nicht gebeten, ihn zu
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