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MacBest

Titel: MacBest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Steuereintreiber räusperte sich. »Äh, Herr, weißt du. Ich habe die Notwendigkeit erläutert, ein stehendes Heer zu unterhalten ettzehtra, und sie fragten, warum, und daraufhin sagte ich, wegen der Räuber ettzehtra, und dann sagten sie, mit Räubern hätten sie überhaupt keine Probleme.«
    »Und der zivile Kostenfaktor?«
    »Oh. Ja. Nun, ich habe auch darauf hingewiesen, daß es nötig ist, Brücken zu bauen und instandzusetzen ettzehtra.«
    »Und?«
    »Sie meinten, sie benötigen keine Brücken.«
    »Ah«, sagte der Herzog in einem wissenden Tonfall. »Sie können kein fließendes Wasser überqueren.«
    »Da bin ich mir nicht so sicher, Herr. Ich glaube, Hexen überqueren einfach alles, wenn sie wollen.«
    »Haben sie sonst noch etwas verlauten lassen?« fragte Lord Felmet.
    Der Steuereintreiber zupfte nervös am Saum seines Mantels.
    »Nun, Herr. Ich erwähnte, daß Steuern sehr hilfreich sind, um den königlichen Frieden zu bewahren, Herr …«
    »Und?«
    »Sie sagten, der König solle sich selbst um seinen Frieden kümmern, Herr. Und dann starrten sie mich an.«
    »Wie?«
    »Es ist schwer zu beschreiben«, erwiderte der Steuereintreiber. Er versuchte, den Blick des Herzogs zu meiden, gewann dabei den Eindruck, daß der Fliesenboden in alle Richtungen floh und bereits mehrere Morgen zurückgelegt hatte. Lord Felmets Faszination wirkte auf ihn wie eine Nadel auf einen Schmetterling.
    »Versuch es!« bat der Herzog.
    Der Steuereintreiber errötete.
    »Nun«, druckste er. »Es war kein – angenehmes Starren.«
    Was bewies, daß er mit Zahlen wesentlich besser umgehen konnte als mit Worten. Wenn sich Verlegenheit, Furcht, schlechtes Gedächtnis und ein völliger Mangel an Phantasie nicht gegen ihn verschworen hätten, wäre er vermutlich in der Lage gewesen, folgende Antwort zu geben:
    ›Als ich ein kleiner Junge war und bei meiner Tante wohnte, als sie mir verbot, vom Zucker zu naschen ettzehtra, als sie den Krug ins höchste Regal der Speisekammer stellte und ich einen Stuhl nahm, während sie fort war, als sie dann zurückkam, ohne daß ich sie hörte, als ich den Krug nicht richtig zu fassen bekam, als er herunterfiel und auf dem Boden zerplatzte, als meine Tante dann die Tür öffnete und mich ansah – es war genau jene Art von Starren. Und schlimmer noch: Die Hexen wußten, welche Wirkung es auf mich hatte.‹ »Nicht angenehm«, sagte der Herzog. »Nein, Herr.« Lord Felmet trommelte mit den Fingern der linken Hand auf die Armlehne des Throns. Der Steuereintreiber hüstelte. »Du … Du willst mich doch nicht zwingen, noch einmal zu den Hexen zu gehen, oder?« fragte er.
    »Hm?« Der Herzog winkte verärgert. »Nein, nein«, sagte er. »Käme mir nie in den Sinn. Geh auf dem Heimweg beim Folterer vorbei. Stell fest, wann er Zeit für dich hat.«
    Der Steuereintreiber sah den Herzog dankbar an und verneigte sich hastig.
    »Ja, Herr. Sofort, Herr. Vielen Dank, Herr. Du bist sehr …«
    »Ja, ja«, murmelte Lord Felmet geistesabwesend. »Verschwinde!«
    Der Herzog blieb allein im Großen Saal zurück. Es regnete wieder. Ab und zu lösten sich kleine Putzfladen von den Wänden und fielen auf den Boden. In den Mauern knirschte es gelegentlich, als sie sich weiter setzten. Es roch nach alten Kellern.
    Bei den Göttern, wie sehr ich dieses Königreich hasse!
    Es war zu klein, nur vierzig Meilen lang und etwa zehn Meilen breit; der größte Teil davon bestand aus steilen Bergen mit eisgrünen Hängen und messerscharfen Kämmen oder aus dichten Wäldern. Ein solches Königreich sollte keinem Monarchen Schwierigkeiten bereiten.
    Lord Felmet konnte das seltsame Empfinden nicht ergründen, daß sein Reich Tiefe hatte. Es schien mit zuviel Geographie ausgestattet zu sein.
    Er stand auf und wanderte zum Balkon, der einen unvergleichlichen Blick auf den Wald bot. Der Herzog fühlte sich von den vielen Bäumen angestarrt.
    Und er spürte ihren Groll. Lord Felmet fand das seltsam, denn die Menschen erhoben kaum Einwände. Sie protestierten praktisch gegen nichts. Verence war recht beliebt gewesen, auf seine eigene Art und Weise. Hunderte von Bürgern besuchten die Bestattungszeremonie – der Herzog erinnerte sich an die vielen ernsten Gesichter. Sie wirkten nicht dumm. Nein, dumm ganz gewiß nicht. Höchstens besorgt. Als spiele es eigentlich gar keine Rolle, was Könige unternahmen.
    Das ärgerte ihn fast ebensosehr wie die Bäume. Ein ordentlicher Aufstand wäre jetzt weitaus – angemessener gewesen. Dann hätte er

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