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MacBest

Titel: MacBest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Vitoller. »Lieber Junge, die Leute besuchen das Theater keineswegs, um dort zu lachen. Nein, sie kommen, um neue Erfahrungen zu sammeln, um zu lernen und zu staunen …«
    »Um zu lachen«, wiederholte Hwel noch einmal. »Sieh dir dies an!«
    Tomjon hörte das Rascheln von Papier und das Knacken von Flechtwerk, als Vitoller auf einem Wäschekorb Platz nahm.
    »Eine Art Zauberer«, las der Direktor. »Oder: Wie du willst.«
    Hwel streckte die Beine unter den Tisch und schob dadurch Tomjon beiseite. Er zog den Jungen an einem Ohr hervor.
    »Worum geht’s dabei?« fragte Vitoller. »Zauberer? Dämonen? Kobolde? Händler?«
    »Mit der vierten Szene des zweiten Akts bin ich besonders zufrieden«, verkündete Hwel und dirigierte den Knaben auf sich zu. »›Komisches Abwaschen mit zwei Dienern.‹«
    »Irgendwelche Sterbebett-Szenen?« erkundigte sich Vitoller hoffnungsvoll.
    »Nei-ein«, erwiderte Hwel. »Aber ich könnte für dich einen humorvollen Monolog im dritten Akt einfügen.«
    »Einen humorvollen Monolog!«
    »Nun gut, es gibt noch Platz für ein Soliloquium im letzten Akt«, sagte Hwel hastig. »Ich schreibe es heute abend, kein Problem.«
    »Und Dolche«, fügte Vitoller hinzu, als er sich erhob. »Ein hinterhältiger Mord. Das beeindruckt die Zuschauer immer.«
    Er ging fort, um die Vorbereitung der Bühne zu beaufsichtigen.
    Hwel seufzte und griff nach seinem Federkiel. Irgendwo hinter den Sackleinenwänden befand sich der Ort Galgenvogel, der es zugelassen hatte, auf einem Felsvorsprung in der steilen Wand einer Schlucht erbaut zu werden. Es gab jede Menge flachen Boden in den Spitzhornbergen. Das Problem bestand nur darin, daß der größte Teil davon vertikal war.
    Hwel mochte die Spitzhornberge nicht, was seltsam erscheinen mochte: Immerhin wohnten hier viele Zwerge, und er stammte ganz offensichtlich aus diesem Volk. Aber man hatte ihn vor vielen Jahren aus seinem Stamm ausgestoßen, weil er an Klaustrophobie litt und gleichzeitig zum Tagträumen neigte. Der zuständige Zwergenkönig sah darin keine nützlichen Eigenschaften für jemanden, der eine Spitzhacke schwingen soll, ohne zu vergessen, was es zu treffen gilt. Hwel wurde mit einem sehr kleinen Beutel Gold und den besten Wünschen des Stammes verabschiedet.
    Zufälligerweise waren zu jenem Zeitpunkt Vitollers wandernde Schauspieler in der Nähe, und Hwel investierte eine winzige Kupfermünze, um sich Der Drachen aus den Ebenen anzusehen. Er beobachtete die Vorstellung, ohne einen Muskel zu rühren, zog sich anschließend wortlos in seine Unterkunft zurück. Am nächsten Morgen klopfte er bei Vitoller an und reichte ihm die erste Version von Der König unterm Berg. Es handelte sich nicht um ein besonders gutes Stück, aber Vitoller war scharfsinnig genug, um folgendes zu erkennen: In dem haarigen, rundschädligen Kopf steckte genug Phantasie für die ganze Welt. Woraus folgte: Als die wandernden Schauspieler fortwanderten, lief jemand, um mit ihnen Schritt zu halten …
    Partikel aus purer Inspiration rasen die ganze Zeit über durchs Universum. Ab und zu trifft eins von ihnen ein aufnahmefähiges Bewußtsein, das dann die DNA erfindet, Flötensonaten komponiert oder dafür sorgt, daß Glühlampen schon nach der halben Zeit durchbrennen. Doch die meisten von ihnen verfehlen das Ziel. Viele Leute schreiten durch ihr Leben, ohne auch nur ein einziges Kreativitätspartikel zu empfangen.
    Manche Personen sind noch schlimmer dran: Sie werden von allen getroffen.
    Zum Beispiel Hwel. Genug Inspirationen für eine vollständige Geschichte der darstellenden Künste strömten in einen kleinen dicken Schädel, den die Evolution nur dafür vorgesehen hatte, eine bemerkenswerte Widerstandsfähigkeit Axthieben gegenüber aufzuweisen.
    Hwel beleckte den Federkiel und sah sich schüchtern im Lager um. Niemand beobachtete ihn. Vorsichtig schob er das Eine Art Zauberer -Manuskript beiseite, und darunter kam ein anderer Papierstapel zum Vorschein.
    Es war ein weiteres rein kommerzielles Werk. Auf dem Blatt zeigten sich Schweißflecken, und die dahinkriechenden Worte wurden von Tintenklecksen, durchstrichenen Stellen und kleinen gekritzelten Einfügungen begleitet. Hwel starrte einige Sekunden lang darauf hinab, allein in einer Welt, die nur aus ihm selbst, der nächsten leeren Seite und den lauten Stimmen seiner Träume bestand.
    Dann begann er zu schreiben.
    Tomjon fühlte sich von Hwels nie besonders intensiver Aufmerksamkeit befreit, kroch zu einer Kiste,

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