MacBest
du?« rief sie. »Was willst du?«
Ihre Stimme hallte zwischen den Felsen wider. Irgendwo in der Ferne grollte das dumpfe Donnern einer Lawine.
An der höchsten Stelle des Moors, wo im Sommer Rebhühner zwischen den Sträuchern und Büschen umherhüpften, stand ein mittelgroßer Monolith. Er ragte ungefähr dort auf, wo sich die Hexenreviere berührten – obwohl man ihre Grenzen nie genau festgelegt hatte.
Der Stein mochte etwa so groß sein wie ein hochgewachsener Mann, und er bestand aus bläulichem Fels. Er galt als äußerst magisch: Zwar gab es keinen anderen, aber bisher hatte ihn niemand zählen können. Wenn ihn jemand nachdenklich ansah, so rückte er unauffällig beiseite und versteckte sich hinter dem Beobachter. Es war der zurückhaltendste aller Monolithen.
Gleichzeitig stellte er einen der Entladungspunkte für die Magie der Spitzhornberge dar. Der Boden in seiner Nähe war schneefrei und dampfte leicht. Jetzt kroch der Stein fort, verharrte hinter einem Baum und maß Oma Wetterwachs mit argwöhnischen Blicken.
Sie wartete zehn Minuten lang, bis Magrat über den Pfad von Verrückter Wiesel kam – die gutmütigen Bewohner jenes Dorfes waren daran gewöhnt, alle Leiden (abgesehen von akuter Enthauptung) mit Ohrmassage und auf Blumen basierenden homöopathischen Heilmitteln zu behandeln. Die junge Hexe keuchte atemlos und trug nur einen Schal über ihrem Nachthemd, das sehr enthüllend gewesen wäre, wenn es bei ihr irgend etwas gegeben hätte, das man enthüllen konnte.
»Du hast es ebenfalls gespürt?« fragte Magrat.
Oma Wetterwachs nickte. »Wo ist Gytha?«
Sie blickten über den Weg, der nach Lancre führte, einer Ansammlung von Lichtern im verschneiten Tal.
Es fand eine Party statt. Licht fiel aus den Fenstern. Dutzende von Personen kamen aus Nanny Oggs Haus oder gingen hinein. Man hörte: gelegentliches schrilles klingendes Lachen, das Klirren von splitterndem Glas und raufende Kinder. Allem Anschein nach erreichte die Intensität des Familienlebens in dem Gebäude gerade ein Maximum.
Die beiden Hexen standen unschlüssig auf der Straße.
»Glaubst du, wir sollten hineingehen?« meinte Magrat zaghaft. »Man hat uns nicht eingeladen, weißt du. Und wir haben keine Flasche mitgebracht.«
»Ich glaube, dort drin gibt’s bereits zu viele Flaschen«, erwiderte Oma Wetterwachs mißbilligend. Ein Mann taumelte durch die Tür, rülpste und stieß gegen sie. »Gutes neues Jahr, gnä’ Frau.« Dann hob er den Kopf, sah ein strenges Gesicht und wurde fast sofort nüchtern.
»Fräulein«, korrigierte Oma eisig.
»Es tut mir schrecklich leid …«, begann der Mann.
Oma Wetterwachs rauschte stolz an ihm vorbei. »Komm, Magrat!«
befahl sie.
Der Lärm im Haus verharrte dicht vor der Schmerzschwelle. Nanny Ogg schlug der Silvester-Tradition ein Schnippchen, indem sie das ganze Dorf zu sich einlud, und die Luft im Zimmer hätte selbst hartgesottenen Meßgeräten für Umweltverschmutzung das Fürchten gelehrt. Oma Wetterwachs bahnte sich einen Weg durch das Gedränge und ließ sich dabei von einer krächzenden Stimme leiten, die der Welt im großen und ganzen erklärte, im Vergleich mit vielen anderen Tieren sei der Igel recht gut dran.
Nanny Ogg saß in einem Sessel am Kamin, in der einen Hand einen großen Krug, in der anderen eine Zigarre. Sie lächelte, als sie Omas Gesicht sah.
»Heda, du altes Suppenhuhn!« kreischte sie aus vollem Hals. »Bist also doch gekommen. Trink einen! Oder auch zwei. Hallo, Magrat! Hol dir ‘n Stuhl und nenn die Katze einen Bastard!«
Greebo – er lag auf der Kamindecke und beobachtete das allgemeine Durcheinander aus einem halb geöffneten gelben Auge – schlug ein- oder zweimal mit dem Schwanz.
Oma Wetterwachs nahm Platz, saß steif und so gerade, als hätte sie einen Besen verschluckt. Ihre Haltung brachte Würde und Anstand zum Ausdruck.
»Wir bleiben nicht lange«, sagte sie und warf Magrat einen finsteren Blick zu, als sie versuchsweise die Hand nach einer Schüssel mit Erdnüssen ausstreckte. »Wie ich sehe, bist du sehr beschäftigt. Wir haben uns nur gefragt, ob du etwas – bemerkt hast. Heute nacht. Vor einer Weile.«
Nanny Ogg runzelte die Stirn.
»Der Älteste unseres Darron mußte sich übergeben«, erwiderte sie nach einer Weile. »Hat vom Bier seines Vaters getrunken.«
»Wenn es ihm nicht extrem schlecht ging, muß es sich um etwas anderes gehandelt haben«, stellte Oma Wetterwachs fest. Sie malte ein verschlungenes okkultes Zeichen
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