MacBest
können, so weit über dem Boden zu sein.«
»Hast du etwas zu trinken mitgebracht?«
»Natürlich. Wie du sagtest.«
»Und?«
»Ich hab’s getrunken«, erwiderte Nanny. »Mitten in der kalten Luft zu warten, in meinem Alter … Unser Jason hätte einen Anfall bekommen.«
Oma Wetterwachs knirschte mit den Zähnen. »Nun, gib mir jetzt neue Magie«, brummte sie. »Meine geht allmählich zur Neige. Erstaunlich, wie …«
Ein Schrei schloß sich an, als Omas Besen ganz plötzlich trudelte und in die Tiefe stürzte.
Der Narr und Magrat saßen auf einem kleinen Felsvorsprung, von dem man über den Wald blicken konnte. Die Lichter von Lancre waren nicht weit entfernt, aber niemand schlug vor, zum Ort zurückzukehren.
Zwischen ihnen knisterten unausgesprochene Gedanken und wilde Vermutungen.
»Bist du schon lange ein Narr?« fragte Magrat höflich. Sie errötete in der Dunkelheit. Angesichts der aktuellen Atmosphäre hörte es sich wie die unhöflichste aller Fragen an.
»Mein ganzes Leben lang«, erwiderte der Hofnarr bitter. »Als ich in der Wiege lag, habe ich mit kleinen Glocken gespielt.«
»Ich nehme an, es ist eine Familientradition«, sagte Magrat. »Man tritt in die Fußstapfen des Vaters, nicht wahr?«
»Meinen Vater bekam ich nur selten zu Gesicht«, antwortete der Narr. »Als ich noch ein kleiner Junge war, ging er fort, um Hofnarr bei den Lords von Quirm zu werden. Er hatte eine Auseinandersetzung mit meinem Großvater. Ab und zu kehrte er zurück, um meine Mutter zu besuchen.«
»Das tut mir leid.«
Es klimperte leise, als der Narr mit den Schultern zuckte. Er erinnerte sich vage an seinen Vater, sah ihn als kleinen freundlichen Mann mit Augen wie Austern. Es war nicht gerade typisch für ihn, sich auf eine Konfrontation mit Großvater einzulassen. Im Gedächtnis des Narren herrschte kein Mangel an unangenehmen Erinnerungen, aber er schauderte innerlich, als er an zwei Glockenkostüme dachte, die voller Zorn läuteten.
»Aber es muß ein glückliches Leben sein«, sagte Magrat. Ihre Stimme war etwas höher als sonst, und ein Vibrato der Ungewißheit erklang in ihr. »Ich meine, du bringst die Leute zum Lachen und so.«
Als sie keine Antwort bekam, sah sie auf und musterte den jungen Mann. Sein Gesicht wirkte steinern. Schließlich sprach er leise und rauh, wie zu sich selbst.
Er erzählte von der Gilde der Narren und Witzbolde in Ankh-Morpork.
Die meisten Besucher verwechselten sie zuerst mit den Büros der Meuchelmördergilde, deren Verwaltungs- und Ausbildungszentrum jedoch im recht hübsch wirkenden und großzügig angelegten Gebäudekomplex nebenan untergebracht war – die Meuchelmörder hatten immer genug Geld. Während die jungen Narren schufteten, um Hunderte von Witzen auswendig zu lernen, während sie in dunklen Zimmern froren, die selbst im Hochsommer kalt blieben, hörten sie manchmal Meuchelmörderschüler, die jenseits der Mauern spielten. Sie beneideten die Studienkollegen der anderen Gilde – obgleich im Verlauf des Semesters immer weniger fröhliche Stimmen ertönten. Der Grund: Meuchelmörder glaubten an den Sinn von Ausleseprüfungen.
Viele Geräusche durchdrangen die hohen fensterlosen Mauern, und durch wißbegierige Befragungen der Bediensteten gewannen die jüngeren Narren eine Vorstellung von der Stadt. Dort draußen gab es Tavernen und Parks. Dort draußen gab es eine aufregende Welt; die Lehrlinge und Studenten der verschiedenen Gilden und Universitäten genossen sie in vollen Zügen, indem sie ihr Streiche spielten, schreiend durch sie liefen oder Teile davon erbrachen. Dort draußen gab es Gelächter, das überhaupt nicht auf die Fünf Kadenzen und zwölf Tonveränderungen achtete. Des Nachts in den Schlafsälen munkelte man sogar von nicht autorisiertem Humor, der keinen Stilbeschränkungen unterlag und dem jeder Bezug zum Buch des unheimliches Spaßes oder zum Rat fehlte.
Dort draußen, jenseits der fleckigen Wände, erzählte man sich Witze, ohne auf die Lords des Unfugs Rücksicht zu nehmen.
Es war ein ernüchternder Gedanke. Nun, nicht unbedingt ernüchternd, denn in der Gilde erlaubte man keinen Alkohol. Aber er hatte die gleiche Wirkung.
Auf der ganzen Scheibenwelt existierte kein ernüchternderer Ort als die Gilde.
Der Narr berichtete verbittert vom großen zornigen Bruder Schelm, von langen Abenden, die er damit verbracht hatte, die Fröhlichen Scherze zu lernen, von ebenso langen Vormittagen in der eiskalten Sporthalle, wo man den Schülern
Weitere Kostenlose Bücher