Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

MacBest

Titel: MacBest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
Stadtrand erreichte, doch auf der anderen Seite floß er nicht mehr, sondern schwitzte. Im Lauf der Jahrhunderte hatte sich soviel Schlick angesammelt, daß das Flußbett an einigen Stellen höher lag als manche Viertel Ankh-Morporks. Die Schneeschmelze führte nun dazu, daß einige Distrikte von Morpork – dort waren die Mieten besonders gering – überflutet wurden. Wobei allerdings fraglich bleibt, ob man wirklich von einer echten Überflutung sprechen kann: Man brauchte keine Eimer, um die Flüssigkeit fortzutragen; Netze genügten. Diese Sache wiederholte sich in jedem Jahr und hätte sicher verheerende Schäden in der Kanalisation angerichtet: Die vorbeugenden Maßnahmen bestanden darin, daß man auf ein ausgeklügeltes System der Abwasserbeseitigung verzichtete. Die Bürger hielten nur einen Stechkahn auf dem Hinterhof bereit, und gelegentlich fügten sie ihren Häusern ein weiteres Stockwerk hinzu.
    Ankh-Morpork galt als sehr gesund. Nur wenige Bazillen überlebten dort.
    Hwel beobachtete eine Art dunstiges Meer, in dem sich Gebäude aneinanderdrängten wie Sandburgen bei Flut. Leuchtfeuer und helle Fenster schufen interessante Muster auf der schillernden Oberfläche, doch die Aufmerksamkeit des Zwerges galt in erster Linie einem Licht, das wesentlich näher war.
    Auf einer höheren Stelle neben dem Fluß – Vitoller hatte enorm viel Geld für das Grundstück ausgegeben – entstand ein neues Gebäude. Eswuchs selbst in der Nacht, wie ein Pilz. Überall im Gerüst brannten Fackeln; Handwerker und sogar einige der Schauspieler lehnten es ab, ihre Arbeit von der Farbe des Himmels beeinflussen zu lassen.
    Neue Gebäude waren recht selten in Morpork, und in diesem Fall handelte es sich sogar um eine neue Art von Gebäude.
    Die Scheibe.
    Vitoller hatte die Idee zuerst abgelehnt, aber Tomjon bestand darauf. Und alle wußten, daß der junge Mann Wasser dazu veranlassen konnte, bergauf zu fließen, wenn er das richtige Gefühl dafür entwickelte.
    »Aber wir sind immer auf Wanderschaft gewesen«, sagte Vitoller im verzweifelten Tonfall eines Mannes, der weiß, daß er letztendlich nachgeben wird. »In meinem Alter kann ich nicht mehr damit anfangen, mich irgendwo niederzulassen.«
    »Sie schaden dir nur«, erwiderte Tomjon fest. »All die frostigen Nächte, meine ich. Und die kalten Vormittage. Immerhin wirst du nicht jünger. Wir sollten irgendwo bleiben und die Leute zu uns kommen lassen. Das Publikum bleibt bestimmt nicht aus. Du weißt ja, wie viele Zuschauer wir jetzt haben. Praktisch jede Vorstellung ist ausverkauft. Hwels Stücke sind berühmt.«
    »Nicht meine Stücke«, meinte der Zwerg. »Die Schauspieler.«
    »Ich kann mir kaum vorstellen, in einem stickigen Zimmer am Kamin zu sitzen und in einem Federbett zu schlafen«, sagte Vitoller. Aber er fügte sich, als er den Gesichtsausdruck seiner Frau sah.
    Und dann das Theater. Es fiel wesentlich leichter, Wasser bergauf fließen zu lassen, als Vitoller Geld aus der Tasche zu locken, aber seit einiger Zeit erzielten sie große Erfolge. Seit Tomjon groß genug war, um eine Halskrause zu tragen und einige Worte zu sprechen, ohne daß seine Stimme sich überschlug.
    Hwel und Vitoller hatten beobachtet, wie die ersten Holzlatten des Gerüsts zusammengenagelt wurden.
    »Es ist gegen die Natur«, klagte der Direktor und stützte sich auf seinen Stock. »Den Geist des Theaters einzufangen und ihn in einen Käfig zu sperren. Bestimmt stirbt er.«
    »Oh, ich weiß nicht«, entgegnete Hwel zurückhaltend. Tomjon hatte sich alles gut überlegt und dem Zwerg einen ganzen Abend gewidmet, bevor er sich an seinen Vater wandte. Jetzt dachte Hwel voller Begeisterung an verschiedene Hintergründe und rasche Szenenwechsel, an Kulissen, Soffitten und herrliche Apparate, die Götter vom Himmel herablassen konnten, an Falltüren, die Dämonen Gelegenheit gaben, aus der Hölle auf die Bühne zu klettern. Er sah sich außerstande, gegen das neue Theater Einwände zu erheben; ebensowenig war ein Affe bereit, gegen eine Bananenplantage zu protestieren.
    »Das verdammte Ding hat noch nicht einmal einen Namen«, brummte Vitoller. »Ich sollte es Meiniges Gold nennen, weil es mich soviel kostet. Wer bezahlt das alles? Und wie?«
    Sie hatten sich bereits viele mögliche Namen einfallen lassen, aber Tomjon fand sie ungeeignet.
    »Es muß ein Name sein, der alles zum Ausdruck bringt«, sagte er. »Weil das Theater alles bedeutet. Die ganze Welt auf der Bühne, verstehst du?«
    Hwels Zunge

Weitere Kostenlose Bücher