MacBest
verlieren, Esme. Die Nacht ist fast vorbei.«
»Gebt bloß nicht mir die Schuld, wenn die erhoffte Wirkung ausbleibt. Nun, sehen wir mal …›Pavianshaar und …?‹ Wer hat das Pavianshaar? Oh, danke, Gytha. Sieht eher wie Katzenhaar aus, aber was soll’s. ›Pavianshaar und Alraune …‹ Wenn das eine echte Alraune ist, will ich nicht mehr Oma Wetterwachs heißen. ›Karottensaft und Stiefellatz‹. Nun, ihr dachtet wohl, ein wenig Humor kann nicht schaden, wie?«
»Bitte beeil dich!«
»Ist ja gut, ist ja gut. ›Beim Eulenschrei und des Wurmes Bohren – Koche, und laß es gut und lange schmoren.‹«
»Weißt du, Esme, es schmeckt überraschend gut.«
»Du sollst das Zeug nicht trinken, du blöde Doyenne!«
Tomjon schreckte hoch. Sie waren es wieder: die gleichen Gesichter, die zankenden Stimmen, verzerrt von Raum und Zeit.
Er stand auf und blickte aus dem Fenster, sah frisches Tageslicht, das durch die Stadt strömte. Trotzdem hörte er die murrenden, schimpfenden Stimmen in der Ferne, wie dumpfes Gewittergrollen, das langsam verklang …
»Das mit dem Stiefellatz war bestimmt nur ein Scherz.«
»Von ›klebrig-dick‹ kann noch immer keine Rede sein. Sollen wir etwas Reismehl hineingeben?«
»Spielt keine Rolle. Entweder ist er jetzt hierher unterwegs, oder er ist es nicht …«
Tomjon wankte zum Becken und spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht.
Stille rollte in dichten Schwaden aus Hwels Zimmer. Tomjon zog sich an und öffnete die Tür.
Es sah aus, als habe es in der anderen Kammer geschneit: Große schneeflockenartige Dinge lagen in den Ecken. Hwel hockte am niedrigen Tisch in der Mitte des Raums, benutzte einen Stapel Papier als Kissen und schnarchte hingebungsvoll.
Tomjon schlich auf Zehenspitzen weiter und griff nach einem zusammengeknüllten Blatt. Er glättete es vorsichtig und las:
KÖNIG: Nun, ich setze die Krone jetzt auf diesen Strauch hier, und ihr sagt mir, ob jemand versucht, sie zu nehmen, einverstanden?
GRÜNDLINGE: Ja!
KÖNIG: Wenn ich jetzt nur mein Pferdchen finden könnte …
(Erster Mörder schaut hinter einem Felsen hervor)
PUBLIKUM: Hinter dir!
(Erster Mörder verschwindet)
KÖNIG: Wollt ihr einem alten König Streiche spielen, ihr frechen …
Viele Worte waren durchgestrichen, und hinzu kam ein großer Tintenklecks. Tomjon ließ das Blatt fallen und wählte einen anderen weißen Ball.
KÖNIG: Ist das eine Ente ein Messer Dolch, d i e das was ich hinter neben vorn da vor mir sehe, den Schnabel Griff zum Zuschnappen Greifen nah?
ERSTER MÖRDER: Meiner Treu, ich glaube nicht. Oh, nein, natürlich nicht!
ZWEITER MÖRDER: Wahr ist’s, Herr. O ja, natürlich!
Die Falten im Papier deuteten darauf hin, daß dieses Blatt mit besonderer Wucht an die Wand geschleudert worden war. Tomjon erinnerte sich an Hwels Theorie in Hinsicht auf Inspirationen; alles deutete darauf hin, daß sich in der vergangenen Nacht eine ganze Flut von Einfällen auf ihn ergossen hatte.
Der Einblick in die Vorgänge des Kreativen faszinierte den jungen Mann so sehr, daß er einen dritten fortgeworfenen Versuch aufhob:
KÖNIGIN: O je, draußen klopft jemand an die Tür! Vielleicht mein zurückkehrender Gemahl! Rasch, in den Kleiderschrank, und warte dort, bis du von mir hörst!
MÖRDER: Fürwahr, aber deine Zofe hat noch meine Pantoffeln!
ZOFE (öffnet die Tür): Der Erzbischof, Euer Majestät.
PRIESTER (unterm Bett): Du meine Güte!
(Diverse Alarme)
Irgendwo fügte Hwel den Bühnenanweisungen immer diverse Alarme hinzu, und Tomjon fragte sich, was damit gemeint sein mochte. Vielleicht bedeutete es, daß die Burg der Phantasie brannte und von der Feuerwehr seiner Kreativität gerettet werden mußte.
Er schlich zum Tisch, zog ganz vorsichtig den Papierstapel unter Hwels Kopf hervor und ersetzte ihn durch ein Kissen.
Auf dem obersten Blatt stand:
Veronco Felmet Abend der Geringen Götter Nacht der Messer Dolch e Könige, von Hwel aus Vitollers Gruppe. Eine Komödi e Tragödie in acht sechs fünf drei neun Akten.
Personen: Felmet, ein guter König
Verence, ein böser König
Wetterwaks, eine böse Hexe
Hogg, gleichfalls eine böse Hexe
Magerat, eine Sirene …
Tomjon griff nach dem nächsten Blatt.
Szene: ein Salon Schiff auf hoher See Straße in Pseudopolis sturmumheultes Moor. Drei Hexen treten auf.
Der junge Mann las eine Weile und nahm dann das letzte Blatt.
Leute, laßt uns tanzen und singen und dem König alles Gute wünschen. (Gehen
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